Die hiesige Sternwarte

aus dem von P. Ulrich Hartenschneider 1830 verfassten Buch

Historische und topographische Darstellung des Stiftes Kremsmünster in Österreich ob der Enns.



i) Die hiesige Sternwarte.
Diese ist unstreitig die größte Zierde des Stiftes und ein würdiger Gegenstand der Besichtigung zahlreicher, gelehrter und kunsterfahrener Reisenden. Den Grundriß zu selber entwarf der als Schulmann, Gelehrter, und nachmahls auch als Abt bes Stiftes Ennsdorf (in der oberen Pfalz) berühmt gewordene Benediktiner Anselmus Desing; die Ausführung desselben aber erfolgte in den Jahren 1748 bis 58 durch den hiesigen Abt Alexander III. mit sehr bedeutendem Kostenaufwande. Zu dieser gelangt man auf einem zweyfachen Wege, wovon der eine aus dem äußeren Stiftshofe durch die Arcade des unteren Meierhofes und den oberen Theil des sogenannten Hofgartens längs des Wassergrabens um die Ecke des Convent-Gartens auf deren Vorderseite, der andere aber aus dem Convent-Garten durch eine kleine, diesen mit dem Hofgarten verbindende Thür, gerade zu deren Hinterseite führt.
Die Lage dieser Sternwarte am nordöstlichen Ende des Stiftsgebäudes, auf einem von allen Seiten freyen und mit breiten Steinen rings herum gepflasterten Platze, ist sehr angenehm und zweckmäßig, und das von der Haupt-Fronte sich ausbreitende, mit steinernen Statuen, Blumen-Rabatten und hohen Baum-Spallieren bestellte Zier-Parterre erhebt deren Anblick ungemein. — Die äußere Form derselben besteht aus einem mittleren, 8 Stockwerke hohen Thurmgebäude, mit zwey 5 Stockwerken hohen Seitenflügeln, welche sich gleich jenen zu oberst in eine Plattforme enden. Hierdurch erhält die Haupt-Fronte gegen Nord-Ost, so wie ihr entgegengesetzter Hintertheil bis zum 5. Stockwerke eine Reihe von 7 Fenstern, wogegen selbe weiter aufwärts, so wie an den beyden schmäleren Seiten der Flügel, deren nur 3 zählt. Das Ausmaß dieses Gebäudes beträgt nach der breiteren Seite 15, nach der schmäleren 10 Klafter; in seiner Höhe über der Erde 25, von der Grundfeste aus aber über 30 Klafter. Die über 3 Stufen sich erhebenden, mit einem Stein-Portale eingefaßten, an der Vorder- und Hinterseite sich gegenüber stehenden Eingangsthüren sind mit Aufschriften folgenden Inhaltes besetzt:
An der Vorderseite:

Ad gloriam
Altissimi
Bonarumque Disciplinarum Ornamentum
Hanc Speculam posuit
Alexander III
Abbas Cremifanensis
Anno MDCCLVIII
Q D O M B V

An der Hinterseite:

Benedicite Sol et luna Domino
Benedicite Stellae coeli Domino.

Eben so gefällig und für astronomische Operationen, wie für die Aufstellung und Verwahrung der verschiedenen gelehrten Collectionen bequem und zweckmäßig ist die innere Structur dieses Prachtbaues. Den Vordertheil desselben nimmt ein bis zum vierten Stockwerke aufsteigendes, mit breiten Doppelstiegen und geräumigen, von drey Fenstern beleuchteten Vorhäusern bestelltes Stiegenhaus ein, zu dessen beyden Seiten und im Hintertheile die verschiedenen Cabinette und Gemächer ununterbrochen in einander laufen, welche insgesammt geräumig und wohlbeleuchtet sind. Vom vierten Stockwerke aufwärts führt eine, in der Mitte des Gebäubes befindliche, steinerne Schneckenstiege zu den höheren Etagen, und bis zur obersten Plattforme, nebst welcher noch eine vom Fundamente bis zum höchsten Gipfel aufsteigende, rund ausgemauerte Röhre, in einem Durchmesser von beynahe 4 Fuß (der astronomische Brunnen), das Gebäude durchzieht. Beym Eintritte in das Erdgeschoß stehen sich die beyden Eingangsthüren gegenüber, und eben so auch die nächst den beyden Aufgangsstiegen befindlichen Eingänge in die verschiedenen Gemächer. Unter dem Doppelaufgange weiter rückwärts geht eine gleiche Doppelstiege auch zu den unterirdischen Gewölben, deren größte Tiefe 5 Klafter beträgt.
Bey der nun folgenden näheren Beschreibung der einzelnen Abteilungen und ihres Inhaltes gehen wir nach der Ordnung und Aufeinanderfolge der Stockwerke fort, und bemerken daher zuerst

a) im Erdgeschosse
zunächst des Einganges unter beyden Fenstern eingemauerte Grabsteine, wovon der zur Linken eine neutürkische Grabschrift enthält, welche zu Folge einer Uebersetzung des Herrn Hofrates v. Hammer so lautet:

„Verlassend das Haus der Verwesung betrat ich die Ewigkeit!
„Meine Wohnung sey das Paradies!
„Seine Jungfrauen und Knaben meine Gespielen!
„Hienieden schwindet das Höchste wie das Niedrigste.
„Empfohlen sey, o Leser! mein Geist dem Erbarmen.

An dem zur Rechten ist eine altrömische, nach Jan. Gruterus dergestalt auszufüllende Grabschrift zu lesen:

Diis Manibus
Titus Flavius VICTORINVS Veteranus EX DE (sic)
Curionibus ALAE TAMP *) Vivus Fecit SIBi
Et Flaviae VICTORINE FILiae
Θ (mortuae) ANorum XXIII ET COSVTIAE
VERAE CONIVGi o (mortuae) ANnorum L
ET COSVTIO FIRMO Filio Dulcissimo
Θ (mortuo) ANnorum XV.

Die der rechten Aufgangstreppe zunächst gelegene Thür führt in die erste Abtheilung des zoologischen Cabinettes, in welchem die (vorzüglich inländischen) Säugetiere und Amphibien, wie auch zwey Kästen mit Conchilien und Seetieren, und nebst diesen noch eine Sammlung von Tierschädeln, Gehörnen, Gallen- und Blasensteinen, Mißgeburten und Embryonen (letztere unter Vorhängen) sich, nur mit Ausnahme der größeren, systematisch gereiht, und mit ihren Nahmen bezeichnet, in Glasschränken befinden. Ein großer, brauner Landbär, ansehnliche Exemplare von Wölfen, Bibern, weißen Gebirgshasen, Gemsen, Wildschweinen, Murmelthieren, Hamstern und verschiedenen Arten der Fledermäuse, Hörner von Büffeln, Steinböcken, Edel- und Damhirschen, das Horn vom Rhinozerosse, Zähne vom Nilpferde, Waffen des Einhorn und Sägefisches, Bardten vom Wallfische ec. ec. sind hier insbesondere sehenswerth. Vornehmlich ist hier auch eine durch die Güte des k.k. Cabinetts-Custos Hrn. Partsch uns zu Theil gewordene Sammlung österreichischer Amphibien zu bemerken. Die entgegengesetzte Thür nächst der linken Stiege führt zu einem kleinen Laboratorio, an welchem ein zu heitzendes Arbeitszimmer und eine Drechsler-Werkstätte liegen. Letzterer gegenüber zur Rechten besteht noch eine Geräthschafts-Kammer, und neben dieser das zur besonderen Bequemlichkeit bis zum dritten Stockwerke beybehaltene geheime Gemach. Beym ersten Absatze der beyden Aufgangstreppen in das erste Stockwerk ist in einer Mauer-Nische die über Lebensgröße erhabene, hölzerne Statue des berühmten ägyptischen Astronoms Claud. Ptolomäus aufgestellt, und von da kommt man in

b) das erste Stockwerk.
Hier ist das Vorhaus mit Porträten aller ehemahls an der hiesigen Akademie bestandenen adeligen Zöglinge behangen, welche durch alle Zimmer und Vorhäuser dieses und der beyden folgenden Stockwerke bis zum Aufgange in das vierte in einer Zahl von 240 fortlaufen, auch nach der Zeit ihres Eintrittes numerirt und in den vorfindigen Catalogen verzeichnet sind. - Dem Aufgange zur Rechten ist die Offizin und das Wohnzimmer des Mechanikers, zur Linken aber die zweyte Abtheilung der zoologischen Collection. Im nächsten, mit Fensterbalken verwahrten Cabinette hängt an den Wänden, in einer Doppelreihe von 80 Glastafeln, die über 3500 Species (vornehmlich inländischer Insecten) enthaltende, entomologische Sammlung. An dieser ist in einer die ganze Länge des Gebäudes einnehmenden Gallerie eine ziemlich vollständige Collection der österreichischen Vögel, so wie ihrer Nester und Eyer, nebst einer artigen natürlichen Holz-Bibliothek, zwey schön gefaßten menschlichen Skeletten und einem nach Dr. Gall's Systeme bezeichneten Menschenschädel zu sehen. Darunter sind der große Bart- oder Lämmergeyer, der braune Stein- und weißschwänzige Fischadler, der Cobetz, der weiße Edelfalke, der Purpurreiger, der Cormoran, die Polar-Aente, die Löffelgans, die schwarze Seeschwalbe, die canadische Gans, der weiße Pfau, der Trappe, das Riemen- oder Langbein, der Kampfhahn, der Amazonen-Papagey, der Colibri ec. ec. die ausgezeichnetsten Stücke. Auch diese stehen, größten Theils systematisch geordnet, in sich längs den Wänden hinziehenden Glasschränken.

c) Im zweyten Stockwerke,
auf dessen Stiegenabsatze sich die Statue des Tycho Brahe mit seinem Planeten-Systeme darstellt, führt die Thür zur Rechten in ein kleines, ganz mit Gemählden ausspalliertes und mit drey großen Hohlspiegeln, einer camera obscura und einem sogenannten Guckkasten bestelltes Cabinett. Die Zahl der hier befindlichen Gemählde beläuft sich auf 152 Stück, von welchen sich insbesondere ein sehr schöner Calvarien-Berg (vorgeblich) von Johann Quinten, ein Amor nach Correggio, ein Frucht- und Blumenstück von Tamm, zwey Landschaften von Schinnagl, eine reiche Skizze der heiligen Elisabeth von Daniel Gran, mehrere Thierstücke von Hamilton, die Porträte Albrecht Dürer’s, de Neve’s, Brandel’s und Martin Schmids und viele kleinere Stücke von Altomonte, Tallinger, Auhuber ec. ausnehmen. Diesen zunächst erstreckt sich das physikalische Cabinett in einer dreyfachen Abtheilung bis zur linken Eingangsthür hinüber. Dieses enthält, theils in schönen Glaskästen, theils auf langen Tafeln aufgestellt, fast alle wichtigen und merkwürdigen älteren und neueren Maschinen, Modelle und Werkzeuge, welche zu den mannigfaltigen Lehrzweigen der Physik, als zur Mechanik, Hydro- und Aerostatik, Optik, Chemie, Elektricität, zum Galvanismus und Magnetismus ec. gehören. Um ihre Herbeyschaffung haben sich insbesondere die Stifts-Professen Martin Mödelhammer, Erenbert Richter, Benno Waller, Bonifacius Schwarzenbrunner und Marian Koller verdient gemacht. Vorzüglich beachtungswerth aber ist hier ein 32 Fuß hoher Wasser-Barometer, eine sehr beträchtliche Elektrisir-Maschine und die neuesten elektro-dynamischen Experimental-Apparate.

d) Im dritten Stockwerke
befinden sich, dem Aufgange zur Rechten, das Studier-, Bibliothek- und Schlafzimmer des Astronoms, welche insgesammt hell, bequem und mit dem nöthigen gelehrten Hausrathe reichlich versehen sind. Hier sind an den Wänden Bode's Sternbilder und Himmelskarten unter Glastafeln aufgehangen, mehrere Uhren und Instrumente aufgestellt, und in einem geräumigen Bücherschranke die vorzüglichsten astronomischen, nebst mehreren physischen und mathematischen Werken, Journalen und Zeitschriften aufbewahrt. Merkwürdig sind auch die hier in Oehlgemählden bestehenden Porträte des um die hiesige Sternwarte hochverdienten Astronoms Placidus Fixlmüller und seines, von ihm aus einem gemeinen Zimmermanne zum kunstfertigen Mechaniker gebildeten Gehülfen Johann Illinger. Zur Linken gegen über besteht in einem Saale vereinigt das Mineralien- und Kunst-Cabinett. Ersteres nahm seinen Ursprung mit der vom Abte Erenbert III. angekauften Collection eines Freyherrn v. Rutterhausen, und wurde durch gelegentliche Beyschaffung und den Fleiß mehrerer Privaten bedeutend vermehrt. Reich an schönen Petrefacten, Steinen, Erdarten, Metallen, Inflammabilien und Salzen, verdankt dasselbe dem Salz-Oberamtmanne Herrn v. Riethaller in Gmunden, und dem Cassiere zu Idria, Herrn Kahl, sehr bedeutende Beyträge, welche insgesammt in Kasten von Acacien-Holz, theils als Schule in den untern Schulfächern systemastisch eingereiht, theils als Schaustücke unter Gläsern aufgestellt sind. Die in zwey Kästen aufbewahrten, zum Theil aber auch an den Wänden hängenden Kunstsachen bestehen in verschiedenen Arbeiten und Schnitzwerken aus Wachs, Metall, Glas, Stein, Elfenbein, Holz ec., welche im Verlaufe der Zeit angekauft, gesammelt, und hier aufgestellt worden sind. Hiervon sind ein großer Altar von Ebenholz mit Elfenbein-Figuren, ein schöner silberner Trinkbecher von getriebener Arbeit, den Propst Georg von St. Florian unserem Abte Johann Spindler vertragsmäßig als Legat vermachte, und ein schöner Blumenstrauß aus Wachs, von dem Künstler Meisel in Aigen (nächst dem Stifte Schlägel) vorzüglich zu beachten. Bey dem Aufgange von hier zu dem nächsten Stockwerke nimmt die Doppelstiege ein Ende, und nun fängt die Wendeltreppe an, welcher gegenüber die Statue des berühmten Mathematikers und einstmahligen obderennsischen Landschafts-Mathematikers Johann Keppler ihre Stelle gefunden hat.

e) Das vierte Stockwerk,
zu welchem man durch die in dessen Fußboden befindliche, mit einem Holzgeländer umgebene Oeffnung der hier aufsteigenden Schneckenstiege gelangt, enthält die den ganzen inneren Raum des Gebäudes einnehmende Bilder-Gallerie. Ein großer, von allen Seiten durch 20 Fenster beleuchteter, 3 Klafter hoher Saal, dessen Mitte durch 4 dicke Mauerpfeiler (in deren einem, dem Aufgange zur Rechten, der astronomische Brunnen, in dem zur Linken aber die Fortsetzung der Wendeltreppe enthalten ist) von den Seitengängen abgeschieden wird, an welchen sich, wie an allen übrigen Seitenwänden, 432 größere und kleinere Gemählde in hölzernen Spallieren-Einfassungen zur Schau stellen, und dessen Plafond mit feiner Stuccatur-Arbeit künstlich verziert ist. Von den hier befindlichen, vorzüglicheren, ihren Urhebern nach leider zu wenig verbürgten Gemählden führen wir folgende als die vorzüglichsten an. Unter den größeren: eine Kreuztragung (vorgeblich) von Rubens, eine Grablegung von Van Eyck, eine Familie Christi mit der Aufschrift: Mich. Coxkye M. el. 1540, ein gleich großes Stück der Auffahrt Maria, aus der Niederländer Schule, zwey Skizzen (der Raub der Proserpina und die Entführung der Helena) von Solimene, der heilige Papst Alexander von Rempp, eine heilige Magdalena aus der Florentiner-Schule, eine Landschaft von Rosa de Tivoli, ein schönes Perspectiv-Gemählde eines gothischen Domes, und ein mit zahlreichen Figuren besetztes Carneval-Stück. Unter den mittleren: Christus im Grabe aus der römischen Schule, die Geburt Christi und die Bildnisse Jesu und Maria aus der altdeutschen Schule, eine Christus-Familie von Lucas von Leyden, Landschaftsstücke nach Claudius Loraine, Schlachtstücke von Rugendas, Thierstücke von Hamilton, ein Hexentanz, ein Bauernkrieg und ein schönes, die vier Elemente vorstellendes Naturgemählde, von den drey Künstlern Breugel, und das Porträt von einer alten Frau von Hanns Holbein. Unter den kleineren: Sechs Köpfe von Cordova, ein gekreuzigter Heiland von Christoph Schwarz, ein heiliger Anton von Frank, ein reicher Prasser (vorgeblich) von Bartholm. van der Helft, eine Maus von Röselig, ein Paar Blumenstücke von Johann Dav. de Heem, nebst vielen Copien nach Rubens, Paul Veronese, Salvator Rosa ec. Die Sammlung ward von dem kunstsinnigen Abte Erenbert II. durch verschiedene Ankäufe begründet, und von den folgenden Aebten zahlreich, doch nicht immer mit gleich gutem Geschmacke fortgesetzt. Abt Berthold III. versetzte dieselbe im Jabre 1761 in das gegenwärtige Locale; die gefällige symmetrische Aufstellung aber rührt von dem kunstverständigen Stifts-Professen Sylvester Langhayder her. Von hier führt die Wendeltreppe in

f) Das fünfte Stockwerk.
Dieses besteht aus einem zweyfachen, durch einen großen Bogen und ein unter demselben befindliches hölzernes Gitterwerk abgeschiedenen Gewölbe, und den diesen zu beyden Seiten anliegenden Dachböden der hier in einer Plattforme endenden Flügelgebäude. Im vorderen, zur elliptischen Beugung der Schallwellen geeigneten Sprachgewölbe sieht man mehrere alte Gemählde an den Wänden aufgehangen, und in den, dem Hofgarten zugekehrten Fenstern einige, jedoch minder bedeutende Glasmahlereyen eingesetzt. Diesen zur Rechten ist ein vor Kurzem ganz neu erbautes, kleines Cabinettchen, worin das durch die Güte unseres Landesfürsten im Jahr 1827 hierher geschenkte astronomische Instrument - der Meridian-Kreis - aufgestellt ward, zu dessen Seite die uns von dem k. k. General Fallon letztwillig zugesprochene, von dem dänischen Künstl er Urb. Jürgensen verfertigte astronomische Uhr steht. Zur Linken ist im Dachboden die zur Herbeyschaffung des benöthigten Bau-Materiales nöthige Aufzugswinde angebracht. Im hinteren Gewölbe, welches, gleich dem vorigen, etwas über 2 Klafter hoch, aber bedeutend länger ist, befinden sich theils an den Wänden, theils in Kästen und auf Tafeln, verschiedene Antiquitäten von Gefäßen, Kleidern, Waffen und mannigfaltigen Werkzeugen, wovon ehemals eine bedeutende Menge, vorzüglich aus dem Mittelalter, hier vorhanden war, im Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts aber zur Bestellung des neu angelegten Ritterschlosses in Lachsenburg ein beträchtlicher Theil abgegeben wurde. Unter den noch vorhandenen bemerken wir nur eine alte Rota luminaria mit symbolischen Figuren und Aufschriften, eine solche Monstranze, einen sehr alten Rosenkranz, einen Sessel aus den Knochen eines Elephanten, nebst vielen aus der Beute der bey Wien geschlagenen Türken im Jahre 1683 hierher überbrachten Waffen- und Kleidungsstücken. Auch sind hier unter mehreren alten Bildern und Schnitzwerken ein schön bemahlter Flügelaltar und fünf ungemein fein geschnitzte Holzbilder zu beyden Seiten des Mittelfensters einer besonderen Aufmerksamkeit werth. Im weiteren Verfolge der oft bemeldeten Schneckenstiege kommt man nun zu dem eigentlichen, -

g) im sechsten Stockwerke
bestehenden, astronomischen Observatorium. Ein großer, zwey Stockwerke hoher, unten mit hohen, zu oberst mit ovalen Fenstern bestellter und mit Marmor gepflasterter Saal, zu dessen beyden Seiten die Plattforme der oft erwähnten Flügelgebäude, zwey sehr geräumige, an ihren Ecken mit Stein-Figuren gezierte Altanen bildet, und dessen Hintertheil mit einer hölzernen Gallerie umgeben ist. Hier werden die vorzüglichsten astronomischen Beobachtungen angestellt, zu welchem Ende auch hier die nöthigsten Instrumente, Uhren und Sehröhre zum Gebrauche aufbewahrt werden. Von diesen sind zwey große Mauer-Quadranten, nebst der zwischen beyden im Pflaster des Fußbodens bemerkten Mittagslinie, mehrere Sextanten, worunter auch ein hadleyischer ist, ein reichenbachischer Vollkreis, ein Theodolit, ein newtonianisches Telescop, ein fraunhofer'scher Achromat, ein Cometensucher, mehrere Chronometers von Paris, Wien und Linz (unter welchen sich eine astronomische Uhr von Fertbauer auszeichnet), zwey besonders große Globen und verschiedenes anderes wissenschaftliches Geräthe von vorzüglicher Wichtigkeit. Der Anfang zu den astronomischen Observationen ward hier am 12. Juny 1760 von dem hier durch 15 Jahre als Lehrer der Mathematik bestandenen Benediktiner von Irsee, Eugenius Dobler, mit Beobachtung einer Sonnenfinsterniß gemacht, welcher am 25. May des folgenden Jahres die Beobachtung des Durchganges der Venus durch die Sonne folgte. Als Eugen Dobler bald hierauf in sein Mutterstift zurückkehrte, übertrug Abt Alexander III. im Jahre 1762 die Stelle eines Astronoms und Directors der hiesigen Sternwarte seinem hierzu durch eigene Ausbildung qualificirten Neffen Placidus Fixlmüller, welcher diese auch bis zum Jahre 1791 mit unermüdetem Fleiße bekleidete. Seine sorgfältige Beobachtung der am 1. April 1764 erfolgten großen Sonnenfinsterniß, setzte ihn in den Stand, den Meridian des hiesigen Observatoriums genauer zu bestimmen, worüber auch im nächsten Jahre ein besonderes Werk, Meridianus Speculae astronomicae Cremifanensis, Styrae 1765 in 4. — im Drucke erschien. Die von da ununterbrochenen Observationen traten hierauf im Jahre 1776 als das erste Decennium astronomicum, Styrae, in 4. an das Licht. Ein zweytes Decennium lag im Jahre 1785 zum Abdrucke bereit, ward aber der ungünstigen Verhältnisse wegen, in welchen sich damahls das Stift befand, zurückbehalten. Diese Arbeit erschien jedoch mit den indeß fleißig (insbesondere über den Uranus) fortgesetzten Beobachtungen im Jahre 1791, und zwar mit dessen allerhöchster Bewilligung dem Kaiser Leopold II. dedicirt, in zwey Abtheilungen, unter dem Titel: Acta astronomica Cremifanensia, Styrae, in 4. - Der Beyfall, womit alle diese Werke aufgenommen wurden, erhöhte den Ruhm der hiesigen Sternwarte und ihres Vorstehers ungemein, indem nicht nur die hierüber in den verschiedenen, mit Wien, Prag, Gotha, Berlin, und selbst mit Paris geführten Correspondenzen demselben zahlreich ertheilten Lobsprüche dieses bestätigen, sondern vornehmlich die unparteyischen und fachverständigen Zeugnisse des de la Lande in dem Journal de Savans für das Jahr 1777, Bernoulli in seinen Ephemeriden für das Jahr 1779, Bode in seinem astronomischen Jahrbuche für das Jahr 1789, vor allen aber das im Schlichtegroll's Necrologe unserm Placidus von dem sachsengotha'schen Astronom auf der Sternwarte zu Seeberg, Franz von Zach, gesetzte Ehrendenkmahl (zum Jahre 1797) dieses hinreichend beweisen. Sein Zögling und Nachfolger, Thaddäus Derflinger, setzte die Beobachtungen vom Jahre 1791 bis 1824 mit nicht geringem Fleiße, aber seiner früheren Gesichtsschwächung wegen mit minder glänzendem Erfolge fort. Indeß legte auch er die Beweise seiner Kenntnisse und Thätigkeit durch häufige Beyträge und Aufsätze in verschiedenen astronomischen Zeitschriften des In- und Auslandes ab, und erhielt während der für so manche deutsche Sternwarte verderblich gewordenen Zeitverhältnisse die hiesige doch immer aufrecht; (siehe Ueberlieferungen zur Geschichte unserer Zeit, Jahrg. 1820, März-Heft, Seite 121.) Ihm folgte im Jahre 1824 der gegenwärtige Astronom Bonifacius Schwarzenbrunner, dessen Kenntnisse und Fleiß, verbunden mit männlicher Kraft und einer glücklichen Unterstützung von Seite hoher Mäcenaten, zu großen Hoffnungen berechtigen. Ober bemeldetem Observatorio zieht sich

h) im siebenten Stockwerke
das Thurmgebäude in ein geräumiges mit, zwey kleinen Aerkern und zwey mit einem Eisengitter umfangenen Altanen bestelltes Zimmer zusammen. In besagten Aerkern bestehen eine kleine Meß-Capelle und Sacristey; wovon jedoch vom Astronome nur selten Gebrauch gemacht wird. Von den beyden Altanen aus genießt man auf der Vorder- und Hinterseite der Sternwarte einer ungemein lieblichen Aussicht über die ganze mahlerische Umgegend, auch werden in diesem Zimmer die Gedächtniß-Bücher zur Nahmensverewigung der hiesigen Gäste sorgfältig aufbewahrt. Von hier erhebt man sich mit der vom vierten Stockwerke bis hierher fortgeführten, 174 Stufen hohen Wendeltreppe zur obersten unbedeckten Fläche oder Plattforme des Gebäudes, welche auf den vier Ecken mit kleinen Aerkerthürmchen, auf der Rückseite auch noch mit einem Rundgebäude besetzt ist. In letzteren ist ein feststehender Azimuthal-Quadrant mit einer Uhr, und über dieser ein mittelst Triebwerkes bewegliches Runddach. Im Aerker zur Rechten ist die mit einem Eisengitter umfangene Oeffnung des von hier in einer gemauerten 2 gegen vier Fuß breiten Röhre sich 30 Klafter tief senkenden, astronomischen Brunnens, in den übrigen drey Aerkern aber befindet sich das Regenmaß, verschiedenes nöthiges Geräthe, und das Stiegenhaus der oft bemeldeten Wendeltreppe. - Noch bleibt uns die Beschreibung des unterirdischen Theiles oder des Kellers übrig, welcher in zwey Abtheilungen besteht. Die erste, wozu man auf einer dem Aufgange im Erdgeschosse etwas weiter zurück gelegenen Doppelstiege gelangt, zieht sich längs den vier Hauptmauern des Gebäudes auf allen Seiten herum, wird von den untersten Fenstern des Erdgeschosses beleuchtet, und dient sowohl zur Aufbewahrung verschiedener, Kühle und Dunkelheit erforderlicher Gegenstände, als: zur Holzlage und Geräthekammer. Zur zweyten, im untersten Boden des Fundamentes bestehenden, in der Mitte des Gebäudes befindlichen Abtheilung (dem astronomischen Brunnen) führt eine 28 Stufen tiefe Stiege hinab, und von hier erblickt man bey Eröffnung des Aerkerdächelchens auch die Sterne bey Tage. Die gesammte Stufenzahl dieses Gebäudes beträgt 339, die der Fenster 126, die der Thüren aber 45.


Quellen und Literatur:


HARTENSCHNEIDER, P. Ulrich 1830: Historische und topographische Darstellung des Stiftes Kremsmünster in Österreich ob der Enns. Aus Stiftsquellen gezogen, geordnet, berichtigt, und bis auf das gegenwärtige Jahr fortgesetzt, Wien



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(c) P. Amand Kraml 2021-09-22
Letzte Änderung: 2021-09-25