Historische und topographische Darstellung des Stiftes Kremsmünster in Österreich ob der Enns.
i) Die hiesige Sternwarte.
Diese ist unstreitig die größte Zierde des Stiftes und ein
würdiger Gegenstand der Besichtigung zahlreicher, gelehrter
und kunsterfahrener Reisenden. Den Grundriß zu selber entwarf
der als Schulmann, Gelehrter, und nachmahls auch
als Abt bes Stiftes Ennsdorf (in der oberen Pfalz) berühmt
gewordene Benediktiner Anselmus Desing; die Ausführung
desselben aber erfolgte in den Jahren 1748 bis 58 durch
den hiesigen Abt Alexander III. mit sehr bedeutendem Kostenaufwande.
Zu dieser gelangt man auf einem zweyfachen Wege,
wovon der eine aus dem äußeren Stiftshofe durch die
Arcade des unteren Meierhofes und den oberen Theil des
sogenannten Hofgartens längs des Wassergrabens um die Ecke
des Convent-Gartens auf deren Vorderseite, der andere
aber aus dem Convent-Garten durch eine kleine, diesen mit
dem Hofgarten verbindende Thür, gerade zu deren Hinterseite führt.
Die Lage dieser Sternwarte am nordöstlichen Ende des
Stiftsgebäudes, auf einem von allen Seiten freyen und mit
breiten Steinen rings herum gepflasterten Platze, ist sehr angenehm
und zweckmäßig, und das von der Haupt-Fronte sich
ausbreitende, mit steinernen Statuen, Blumen-Rabatten und
hohen Baum-Spallieren bestellte Zier-Parterre erhebt deren
Anblick ungemein. — Die äußere Form derselben besteht aus
einem mittleren, 8 Stockwerke hohen Thurmgebäude, mit
zwey 5 Stockwerken hohen Seitenflügeln, welche sich gleich
jenen zu oberst in eine Plattforme enden. Hierdurch erhält die
Haupt-Fronte gegen Nord-Ost, so wie ihr entgegengesetzter
Hintertheil bis zum 5. Stockwerke eine Reihe von 7 Fenstern,
wogegen selbe weiter aufwärts, so wie an den beyden
schmäleren Seiten der Flügel, deren nur 3 zählt. Das Ausmaß
dieses Gebäudes beträgt nach der breiteren Seite 15,
nach der schmäleren 10 Klafter; in seiner Höhe über der
Erde 25, von der Grundfeste aus aber über 30 Klafter. Die
über 3 Stufen sich erhebenden, mit einem Stein-Portale eingefaßten,
an der Vorder- und Hinterseite sich gegenüber stehenden
Eingangsthüren sind mit Aufschriften folgenden Inhaltes besetzt:
An der Vorderseite:
Ad gloriam
Altissimi
Bonarumque Disciplinarum Ornamentum
Hanc Speculam posuit
Alexander III
Abbas Cremifanensis
Anno MDCCLVIII
Q D O M B V
Benedicite Sol et luna Domino
Benedicite Stellae coeli Domino.
Eben so gefällig und für astronomische Operationen, wie
für die Aufstellung und Verwahrung der verschiedenen gelehrten
Collectionen bequem und zweckmäßig ist die innere Structur
dieses Prachtbaues. Den Vordertheil desselben nimmt ein
bis zum vierten Stockwerke aufsteigendes, mit breiten Doppelstiegen
und geräumigen, von drey Fenstern beleuchteten Vorhäusern
bestelltes Stiegenhaus ein, zu dessen beyden Seiten
und im Hintertheile die verschiedenen Cabinette und Gemächer
ununterbrochen in einander laufen, welche insgesammt geräumig
und wohlbeleuchtet sind. Vom vierten Stockwerke aufwärts
führt eine, in der Mitte des Gebäubes befindliche, steinerne
Schneckenstiege zu den höheren Etagen, und bis zur obersten
Plattforme, nebst welcher noch eine vom Fundamente bis zum
höchsten Gipfel aufsteigende, rund ausgemauerte Röhre, in
einem Durchmesser von beynahe 4 Fuß (der astronomische
Brunnen), das Gebäude durchzieht. Beym Eintritte in das
Erdgeschoß stehen sich die beyden Eingangsthüren gegenüber,
und eben so auch die nächst den beyden Aufgangsstiegen befindlichen
Eingänge in die verschiedenen Gemächer. Unter dem
Doppelaufgange weiter rückwärts geht eine gleiche Doppelstiege
auch zu den unterirdischen Gewölben, deren größte Tiefe
5 Klafter beträgt.
Bey der nun folgenden näheren Beschreibung der einzelnen
Abteilungen und ihres Inhaltes gehen wir nach der Ordnung
und Aufeinanderfolge der Stockwerke fort, und bemerken
daher zuerst
a) im Erdgeschosse
zunächst des Einganges unter beyden Fenstern eingemauerte
Grabsteine, wovon der zur Linken eine neutürkische Grabschrift
enthält, welche zu Folge einer Uebersetzung des Herrn
Hofrates v. Hammer so lautet:
„Verlassend das Haus der Verwesung betrat ich die Ewigkeit!
„Meine Wohnung sey das Paradies!
„Seine Jungfrauen und Knaben meine Gespielen!
„Hienieden schwindet das Höchste wie das Niedrigste.
„Empfohlen sey, o Leser! mein Geist dem Erbarmen.
An dem zur Rechten ist eine altrömische, nach Jan. Gruterus dergestalt auszufüllende Grabschrift zu lesen:
Diis Manibus
Titus Flavius VICTORINVS Veteranus EX DE (sic)
Curionibus ALAE TAMP *) Vivus Fecit SIBi
Et Flaviae VICTORINE FILiae
Θ (mortuae) ANorum XXIII ET COSVTIAE
VERAE CONIVGi o (mortuae) ANnorum L
ET COSVTIO FIRMO Filio Dulcissimo
Θ (mortuo) ANnorum XV.
Die der rechten Aufgangstreppe zunächst gelegene Thür führt in die erste Abtheilung des zoologischen Cabinettes, in welchem die (vorzüglich inländischen) Säugetiere und Amphibien, wie auch zwey Kästen mit Conchilien und Seetieren, und nebst diesen noch eine Sammlung von Tierschädeln, Gehörnen, Gallen- und Blasensteinen, Mißgeburten und Embryonen (letztere unter Vorhängen) sich, nur mit Ausnahme der größeren, systematisch gereiht, und mit ihren Nahmen bezeichnet, in Glasschränken befinden. Ein großer, brauner Landbär, ansehnliche Exemplare von Wölfen, Bibern, weißen Gebirgshasen, Gemsen, Wildschweinen, Murmelthieren, Hamstern und verschiedenen Arten der Fledermäuse, Hörner von Büffeln, Steinböcken, Edel- und Damhirschen, das Horn vom Rhinozerosse, Zähne vom Nilpferde, Waffen des Einhorn und Sägefisches, Bardten vom Wallfische ec. ec. sind hier insbesondere sehenswerth. Vornehmlich ist hier auch eine durch die Güte des k.k. Cabinetts-Custos Hrn. Partsch uns zu Theil gewordene Sammlung österreichischer Amphibien zu bemerken. Die entgegengesetzte Thür nächst der linken Stiege führt zu einem kleinen Laboratorio, an welchem ein zu heitzendes Arbeitszimmer und eine Drechsler-Werkstätte liegen. Letzterer gegenüber zur Rechten besteht noch eine Geräthschafts-Kammer, und neben dieser das zur besonderen Bequemlichkeit bis zum dritten Stockwerke beybehaltene geheime Gemach. Beym ersten Absatze der beyden Aufgangstreppen in das erste Stockwerk ist in einer Mauer-Nische die über Lebensgröße erhabene, hölzerne Statue des berühmten ägyptischen Astronoms Claud. Ptolomäus aufgestellt, und von da kommt man in
b) das erste Stockwerk.
Hier ist das Vorhaus mit Porträten aller ehemahls an der
hiesigen Akademie bestandenen adeligen Zöglinge behangen, welche
durch alle Zimmer und Vorhäuser dieses und der beyden
folgenden Stockwerke bis zum Aufgange in das vierte in einer
Zahl von 240 fortlaufen, auch nach der Zeit ihres Eintrittes
numerirt und in den vorfindigen Catalogen verzeichnet
sind. - Dem Aufgange zur Rechten ist die Offizin und
das Wohnzimmer des Mechanikers, zur Linken aber die zweyte
Abtheilung der zoologischen Collection. Im nächsten, mit Fensterbalken
verwahrten Cabinette hängt an den Wänden, in einer
Doppelreihe von 80 Glastafeln, die über 3500 Species (vornehmlich
inländischer Insecten) enthaltende, entomologische
Sammlung. An dieser ist in einer die ganze Länge des Gebäudes
einnehmenden Gallerie eine ziemlich vollständige Collection
der österreichischen Vögel, so wie ihrer Nester und Eyer,
nebst einer artigen natürlichen Holz-Bibliothek, zwey schön
gefaßten menschlichen Skeletten und einem nach Dr. Gall's
Systeme bezeichneten Menschenschädel zu sehen. Darunter
sind der große Bart- oder Lämmergeyer, der braune Stein- und
weißschwänzige Fischadler, der Cobetz, der weiße Edelfalke,
der Purpurreiger, der Cormoran, die Polar-Aente, die
Löffelgans, die schwarze Seeschwalbe, die canadische Gans,
der weiße Pfau, der Trappe, das Riemen- oder Langbein,
der Kampfhahn, der Amazonen-Papagey, der Colibri ec. ec.
die ausgezeichnetsten Stücke. Auch diese stehen, größten Theils
systematisch geordnet, in sich längs den Wänden hinziehenden
Glasschränken.
c) Im zweyten Stockwerke,
auf dessen Stiegenabsatze sich die Statue des Tycho Brahe
mit seinem Planeten-Systeme darstellt, führt die Thür zur
Rechten in ein kleines, ganz mit Gemählden ausspalliertes
und mit drey großen Hohlspiegeln, einer camera obscura
und einem sogenannten Guckkasten bestelltes Cabinett. Die
Zahl der hier befindlichen Gemählde beläuft sich auf 152
Stück, von welchen sich insbesondere ein sehr schöner Calvarien-Berg
(vorgeblich) von Johann Quinten, ein Amor nach
Correggio, ein Frucht- und Blumenstück von Tamm, zwey
Landschaften von Schinnagl, eine reiche Skizze der heiligen
Elisabeth von Daniel Gran, mehrere Thierstücke von Hamilton,
die Porträte Albrecht Dürer’s, de Neve’s,
Brandel’s und Martin Schmids und viele kleinere Stücke
von Altomonte, Tallinger, Auhuber ec. ausnehmen. Diesen
zunächst erstreckt sich das physikalische Cabinett in einer
dreyfachen Abtheilung bis zur linken Eingangsthür hinüber.
Dieses enthält, theils in schönen Glaskästen, theils auf langen
Tafeln aufgestellt, fast alle wichtigen und merkwürdigen
älteren und neueren Maschinen, Modelle und Werkzeuge,
welche zu den mannigfaltigen Lehrzweigen der Physik, als
zur Mechanik, Hydro- und Aerostatik, Optik, Chemie,
Elektricität, zum Galvanismus und Magnetismus ec. gehören.
Um ihre Herbeyschaffung haben sich insbesondere die
Stifts-Professen Martin Mödelhammer,
Erenbert Richter,
Benno Waller,
Bonifacius Schwarzenbrunner
und Marian Koller verdient gemacht. Vorzüglich beachtungswerth aber ist
hier ein 32 Fuß hoher Wasser-Barometer, eine sehr beträchtliche
Elektrisir-Maschine und die neuesten elektro-dynamischen
Experimental-Apparate.
d) Im dritten Stockwerke
befinden sich, dem Aufgange zur Rechten, das Studier-, Bibliothek- und
Schlafzimmer des Astronoms, welche insgesammt
hell, bequem und mit dem nöthigen gelehrten Hausrathe
reichlich versehen sind. Hier sind an den Wänden Bode's
Sternbilder und Himmelskarten unter Glastafeln aufgehangen,
mehrere Uhren und Instrumente aufgestellt, und in
einem geräumigen Bücherschranke die vorzüglichsten astronomischen,
nebst mehreren physischen und mathematischen Werken,
Journalen und Zeitschriften aufbewahrt. Merkwürdig
sind auch die hier in Oehlgemählden bestehenden Porträte des
um die hiesige Sternwarte hochverdienten Astronoms Placidus
Fixlmüller und seines, von ihm aus einem gemeinen Zimmermanne
zum kunstfertigen Mechaniker gebildeten Gehülfen Johann
Illinger. Zur Linken gegen über besteht in einem Saale
vereinigt das Mineralien- und Kunst-Cabinett. Ersteres nahm
seinen Ursprung mit der vom Abte Erenbert III. angekauften
Collection eines Freyherrn v. Rutterhausen, und wurde durch
gelegentliche Beyschaffung und den Fleiß mehrerer Privaten bedeutend
vermehrt. Reich an schönen Petrefacten, Steinen, Erdarten,
Metallen, Inflammabilien und Salzen, verdankt dasselbe
dem Salz-Oberamtmanne Herrn v. Riethaller in Gmunden,
und dem Cassiere zu Idria, Herrn Kahl, sehr bedeutende
Beyträge, welche insgesammt in Kasten von Acacien-Holz,
theils als Schule in den untern Schulfächern systemastisch
eingereiht, theils als Schaustücke unter Gläsern aufgestellt
sind. Die in zwey Kästen aufbewahrten, zum Theil
aber auch an den Wänden hängenden Kunstsachen bestehen in
verschiedenen Arbeiten und Schnitzwerken aus Wachs, Metall,
Glas, Stein, Elfenbein, Holz ec., welche im Verlaufe
der Zeit angekauft, gesammelt, und hier aufgestellt worden
sind. Hiervon sind ein großer Altar von Ebenholz mit Elfenbein-Figuren,
ein schöner silberner Trinkbecher von getriebener
Arbeit, den Propst Georg von St. Florian unserem
Abte Johann Spindler vertragsmäßig als Legat vermachte,
und ein schöner Blumenstrauß aus Wachs, von dem Künstler
Meisel in Aigen (nächst dem Stifte Schlägel) vorzüglich zu
beachten. Bey dem Aufgange von hier zu dem nächsten
Stockwerke nimmt die Doppelstiege ein Ende, und nun fängt
die Wendeltreppe an, welcher gegenüber die Statue des berühmten
Mathematikers und einstmahligen obderennsischen
Landschafts-Mathematikers Johann Keppler ihre Stelle gefunden hat.
e) Das vierte Stockwerk,
zu welchem man durch die in dessen Fußboden befindliche, mit
einem Holzgeländer umgebene Oeffnung der hier aufsteigenden
Schneckenstiege gelangt, enthält die den ganzen inneren
Raum des Gebäudes einnehmende Bilder-Gallerie. Ein großer,
von allen Seiten durch 20 Fenster beleuchteter, 3 Klafter
hoher Saal, dessen Mitte durch 4 dicke Mauerpfeiler (in
deren einem, dem Aufgange zur Rechten, der astronomische
Brunnen, in dem zur Linken aber die Fortsetzung der Wendeltreppe
enthalten ist) von den Seitengängen abgeschieden
wird, an welchen sich, wie an allen übrigen Seitenwänden,
432 größere und kleinere Gemählde in hölzernen Spallieren-Einfassungen
zur Schau stellen, und dessen Plafond mit feiner
Stuccatur-Arbeit künstlich verziert ist. Von den hier befindlichen,
vorzüglicheren, ihren Urhebern nach leider zu wenig
verbürgten Gemählden führen wir folgende als die vorzüglichsten
an. Unter den größeren: eine Kreuztragung (vorgeblich)
von Rubens, eine Grablegung von Van Eyck,
eine Familie Christi mit der Aufschrift: Mich. Coxkye M. el.
1540, ein gleich großes Stück der Auffahrt Maria, aus
der Niederländer Schule, zwey Skizzen (der Raub der Proserpina
und die Entführung der Helena) von Solimene,
der heilige Papst Alexander von Rempp, eine heilige Magdalena
aus der Florentiner-Schule, eine Landschaft von Rosa
de Tivoli, ein schönes Perspectiv-Gemählde eines gothischen
Domes, und ein mit zahlreichen Figuren besetztes Carneval-Stück.
Unter den mittleren: Christus im Grabe aus der römischen
Schule, die Geburt Christi und die Bildnisse Jesu
und Maria aus der altdeutschen Schule, eine Christus-Familie
von Lucas von Leyden, Landschaftsstücke nach Claudius
Loraine, Schlachtstücke von Rugendas, Thierstücke von Hamilton,
ein Hexentanz, ein Bauernkrieg und ein schönes,
die vier Elemente vorstellendes Naturgemählde, von den
drey Künstlern Breugel, und das Porträt von einer alten
Frau von Hanns Holbein. Unter den kleineren: Sechs Köpfe
von Cordova, ein gekreuzigter Heiland von Christoph Schwarz,
ein heiliger Anton von Frank, ein reicher Prasser (vorgeblich)
von Bartholm. van der Helft, eine Maus von Röselig,
ein Paar Blumenstücke von Johann Dav. de Heem, nebst
vielen Copien nach Rubens, Paul Veronese, Salvator Rosa ec.
Die Sammlung ward von dem kunstsinnigen Abte Erenbert II.
durch verschiedene Ankäufe begründet, und von den folgenden
Aebten zahlreich, doch nicht immer mit gleich gutem
Geschmacke fortgesetzt. Abt Berthold III. versetzte dieselbe im
Jabre 1761 in das gegenwärtige Locale; die gefällige symmetrische
Aufstellung aber rührt von dem kunstverständigen
Stifts-Professen Sylvester Langhayder her. Von hier führt
die Wendeltreppe in
f) Das fünfte Stockwerk.
Dieses besteht aus einem zweyfachen, durch einen großen
Bogen und ein unter demselben befindliches hölzernes Gitterwerk
abgeschiedenen Gewölbe, und den diesen zu beyden Seiten
anliegenden Dachböden der hier in einer Plattforme endenden
Flügelgebäude. Im vorderen, zur elliptischen Beugung
der Schallwellen geeigneten Sprachgewölbe sieht man
mehrere alte Gemählde an den Wänden aufgehangen, und
in den, dem Hofgarten zugekehrten Fenstern einige, jedoch
minder bedeutende Glasmahlereyen eingesetzt. Diesen zur
Rechten ist ein vor Kurzem ganz neu erbautes, kleines Cabinettchen,
worin das durch die Güte unseres Landesfürsten im
Jahr 1827 hierher geschenkte astronomische Instrument -
der Meridian-Kreis - aufgestellt ward, zu dessen Seite die uns
von dem k. k. General Fallon letztwillig zugesprochene,
von dem dänischen Künstl er Urb. Jürgensen verfertigte astronomische
Uhr steht. Zur Linken ist im Dachboden die zur Herbeyschaffung
des benöthigten Bau-Materiales nöthige Aufzugswinde
angebracht. Im hinteren Gewölbe, welches, gleich dem
vorigen, etwas über 2 Klafter hoch, aber bedeutend länger ist,
befinden sich theils an den Wänden, theils in Kästen und auf
Tafeln, verschiedene Antiquitäten von Gefäßen, Kleidern, Waffen
und mannigfaltigen Werkzeugen, wovon ehemals eine
bedeutende Menge, vorzüglich aus dem Mittelalter, hier vorhanden
war, im Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts
aber zur Bestellung des neu angelegten Ritterschlosses in
Lachsenburg ein beträchtlicher Theil abgegeben wurde. Unter
den noch vorhandenen bemerken wir nur eine alte Rota luminaria
mit symbolischen Figuren und Aufschriften, eine solche
Monstranze, einen sehr alten Rosenkranz, einen Sessel aus
den Knochen eines Elephanten, nebst vielen aus der Beute der
bey Wien geschlagenen Türken im Jahre 1683 hierher überbrachten
Waffen- und Kleidungsstücken.
Auch sind hier unter mehreren alten Bildern und Schnitzwerken ein schön bemahlter
Flügelaltar und fünf ungemein fein geschnitzte Holzbilder
zu beyden Seiten des Mittelfensters einer besonderen Aufmerksamkeit
werth. Im weiteren Verfolge der oft bemeldeten
Schneckenstiege kommt man nun zu dem eigentlichen, -
g) im sechsten Stockwerke
bestehenden, astronomischen Observatorium. Ein großer, zwey
Stockwerke hoher, unten mit hohen, zu oberst mit ovalen
Fenstern bestellter und mit Marmor gepflasterter Saal, zu
dessen beyden Seiten die Plattforme der oft erwähnten Flügelgebäude,
zwey sehr geräumige, an ihren Ecken mit Stein-Figuren
gezierte Altanen bildet, und dessen Hintertheil mit einer
hölzernen Gallerie umgeben ist. Hier werden die vorzüglichsten
astronomischen Beobachtungen angestellt, zu welchem
Ende auch hier die nöthigsten Instrumente, Uhren und Sehröhre
zum Gebrauche aufbewahrt werden. Von diesen sind
zwey große Mauer-Quadranten, nebst der zwischen beyden im
Pflaster des Fußbodens bemerkten Mittagslinie, mehrere Sextanten,
worunter auch ein hadleyischer ist, ein reichenbachischer
Vollkreis, ein Theodolit, ein newtonianisches Telescop,
ein fraunhofer'scher Achromat, ein Cometensucher, mehrere
Chronometers von Paris, Wien und Linz (unter welchen sich
eine astronomische Uhr von Fertbauer auszeichnet), zwey besonders
große Globen und verschiedenes anderes wissenschaftliches
Geräthe von vorzüglicher Wichtigkeit. Der Anfang zu den
astronomischen Observationen ward hier am 12. Juny 1760
von dem hier durch 15 Jahre als Lehrer der Mathematik bestandenen
Benediktiner von Irsee, Eugenius Dobler, mit
Beobachtung einer Sonnenfinsterniß gemacht, welcher am 25.
May des folgenden Jahres die Beobachtung des Durchganges
der Venus durch die Sonne folgte. Als Eugen Dobler bald
hierauf in sein Mutterstift zurückkehrte, übertrug Abt Alexander
III. im Jahre 1762 die Stelle eines Astronoms und
Directors der hiesigen Sternwarte seinem hierzu durch eigene
Ausbildung qualificirten Neffen Placidus Fixlmüller, welcher
diese auch bis zum Jahre 1791 mit unermüdetem Fleiße bekleidete.
Seine sorgfältige Beobachtung der am 1. April 1764
erfolgten großen Sonnenfinsterniß, setzte ihn in den Stand,
den Meridian des hiesigen Observatoriums genauer zu bestimmen,
worüber auch im nächsten Jahre ein besonderes Werk,
Meridianus Speculae astronomicae Cremifanensis,
Styrae 1765 in 4. — im Drucke erschien. Die von da ununterbrochenen
Observationen traten hierauf im Jahre 1776
als das erste Decennium astronomicum, Styrae, in 4. an
das Licht. Ein zweytes Decennium lag im Jahre 1785 zum
Abdrucke bereit, ward aber der ungünstigen Verhältnisse wegen,
in welchen sich damahls das Stift befand, zurückbehalten.
Diese Arbeit erschien jedoch mit den indeß fleißig
(insbesondere über den Uranus) fortgesetzten Beobachtungen
im Jahre 1791, und zwar mit dessen allerhöchster Bewilligung
dem Kaiser Leopold II. dedicirt, in zwey Abtheilungen,
unter dem Titel: Acta astronomica Cremifanensia,
Styrae, in 4. - Der Beyfall, womit alle diese
Werke aufgenommen wurden, erhöhte den Ruhm der hiesigen
Sternwarte und ihres Vorstehers ungemein, indem
nicht nur die hierüber in den verschiedenen, mit Wien,
Prag, Gotha, Berlin, und selbst mit Paris geführten
Correspondenzen
demselben zahlreich ertheilten Lobsprüche dieses
bestätigen, sondern vornehmlich die unparteyischen und fachverständigen
Zeugnisse des de la Lande in dem Journal de
Savans für das Jahr 1777, Bernoulli in seinen Ephemeriden
für das Jahr 1779, Bode in seinem astronomischen
Jahrbuche für das Jahr 1789, vor allen aber das im
Schlichtegroll's Necrologe unserm Placidus von dem sachsengotha'schen
Astronom auf der Sternwarte zu Seeberg,
Franz von Zach, gesetzte Ehrendenkmahl (zum Jahre 1797)
dieses hinreichend beweisen. Sein Zögling und Nachfolger,
Thaddäus Derflinger, setzte die Beobachtungen vom Jahre
1791 bis 1824 mit nicht geringem Fleiße, aber seiner früheren
Gesichtsschwächung wegen mit minder glänzendem Erfolge
fort. Indeß legte auch er die Beweise seiner Kenntnisse
und Thätigkeit durch häufige Beyträge und Aufsätze
in verschiedenen astronomischen Zeitschriften des In- und Auslandes
ab, und erhielt während der für so manche deutsche
Sternwarte verderblich gewordenen Zeitverhältnisse die hiesige
doch immer aufrecht; (siehe Ueberlieferungen zur Geschichte
unserer Zeit, Jahrg. 1820, März-Heft, Seite 121.) Ihm
folgte im Jahre 1824 der gegenwärtige Astronom Bonifacius
Schwarzenbrunner, dessen Kenntnisse und Fleiß, verbunden
mit männlicher Kraft und einer glücklichen Unterstützung
von Seite hoher Mäcenaten, zu großen Hoffnungen berechtigen.
Ober bemeldetem Observatorio zieht sich
h) im siebenten Stockwerke
das Thurmgebäude in ein geräumiges mit, zwey kleinen Aerkern
und zwey mit einem Eisengitter umfangenen Altanen
bestelltes Zimmer zusammen. In besagten Aerkern bestehen
eine kleine Meß-Capelle und Sacristey; wovon jedoch vom
Astronome nur selten Gebrauch gemacht wird. Von den beyden
Altanen aus genießt man auf der Vorder- und Hinterseite
der Sternwarte einer ungemein lieblichen Aussicht über
die ganze mahlerische Umgegend, auch werden in diesem Zimmer
die Gedächtniß-Bücher zur Nahmensverewigung der hiesigen
Gäste sorgfältig aufbewahrt. Von hier erhebt man sich
mit der vom vierten Stockwerke bis hierher fortgeführten,
174 Stufen hohen Wendeltreppe zur obersten unbedeckten
Fläche oder Plattforme des Gebäudes, welche auf den
vier Ecken mit kleinen Aerkerthürmchen, auf der Rückseite
auch noch mit einem Rundgebäude besetzt ist. In letzteren ist
ein feststehender Azimuthal-Quadrant mit einer Uhr, und über
dieser ein mittelst Triebwerkes bewegliches Runddach. Im Aerker
zur Rechten ist die mit einem Eisengitter umfangene Oeffnung
des von hier in einer gemauerten 2 gegen vier Fuß breiten
Röhre sich 30 Klafter tief senkenden, astronomischen Brunnens,
in den übrigen drey Aerkern aber befindet sich das Regenmaß,
verschiedenes nöthiges Geräthe, und das Stiegenhaus
der oft bemeldeten Wendeltreppe. - Noch bleibt uns die
Beschreibung des unterirdischen Theiles oder des Kellers
übrig, welcher in zwey Abtheilungen besteht. Die erste, wozu
man auf einer dem Aufgange im Erdgeschosse etwas weiter
zurück gelegenen Doppelstiege gelangt, zieht sich längs den
vier Hauptmauern des Gebäudes auf allen Seiten herum,
wird von den untersten Fenstern des Erdgeschosses beleuchtet,
und dient sowohl zur Aufbewahrung verschiedener, Kühle und
Dunkelheit erforderlicher Gegenstände, als: zur Holzlage und
Geräthekammer. Zur zweyten, im untersten Boden des Fundamentes
bestehenden, in der Mitte des Gebäudes befindlichen
Abtheilung (dem astronomischen Brunnen) führt eine 28
Stufen tiefe Stiege hinab, und von hier erblickt man bey
Eröffnung des Aerkerdächelchens auch die Sterne bey Tage. Die
gesammte Stufenzahl dieses Gebäudes beträgt 339, die der
Fenster 126, die der Thüren aber 45.
HARTENSCHNEIDER, P. Ulrich 1830: Historische und topographische Darstellung des Stiftes Kremsmünster in Österreich ob der Enns. Aus Stiftsquellen gezogen, geordnet, berichtigt, und bis auf das gegenwärtige Jahr fortgesetzt, Wien