Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Jänner 2016



Spiegelsextant
Spiegelsextant
Messing, Glas, Holz
Radius: 18 cm (7 Zoll), Kassette: 23 x 23 x 9 cm
Inv. Nr. 16080103
Foto: P. Amand Kraml


Hadley’scher Sextant von Troughton in London 1802


Die europäische Vernetzung, in der die Sternwarte Kremsmünster bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stand, wird für den Beginn des 19. Jh. durch diesen Sextanten verdeutlicht. P. Thaddäus Derflinger kaufte denselben über Vermittlung des Prager Astronomenen Alois Martin David (1757-1836). Zwischen dem Prämonstratenser David aus dem Kloster Tepl und unserer Sternwarte ergab sich ein reger Briefwechsel. In Fellöckers Geschichte der Sternwarte sind dieses schöne Gerät und seine Geschichte ausführlich geschildert:


Spiegelsextant
Kassette
Foto: P. Amand Kraml
Spiegelsextant
Kassette eingeräumt, untere Lage
Foto: P. Amand Kraml
Spiegelsextant
Kassette eingeräumt, obere Lage
Foto: P. Amand Kraml
a) Ein siebenzölliger Hadley’scher Sextant 1) von Troughton in London 1802 (Figur Q). — Astronom David in Prag besass einen solchen schon 1798 und benützte ihn bei seiner Bestimmung der geographischen Lage von Linz in demselben Jahre; er berichtete Derfflinger, mit welcher Leichtigkeit ein geübter Beobachter mit Hilfe dieses Instrumentes z. B. Distanzen des Mondes von der Sonne messen könne (Br. 18). Sogleich bestellte dieser durch David’s und Zach’s Vermittlung ein ähnliches; durch allerlei Zwischenfälle war aber die Bestellung im Mai 1802 noch nicht effectuirt (eine ganze Partie fertiger Sextanten hatte z. B. im Jahre 1801 die englische Expedition nach Neuholland in Anspruch genommen, darunter auch den für Kremsmünster bestimmten), so dass David schon völlig ungeduldig ausrief: „Anne Austria superior Sextante spoliata relinquenda? conabor ut et illi, quae me tantis cumulavit beneficiis, Sextans obtingat et locum sibi in Geographia vindicet“ (Br. 37), woraus man zugleich ersieht, welche Wichtigkeit damals dem Instrumente beigelegt wurde. Im November 1802 kam es endlich doch an und kostete 194 fl. 13 kr. „Ratio tanti pretii est, quia pro 100 fl. bonae monetae solvi debent 125—28 fl. pecuniae nostrae chartaceae.“ (Br. 39.) David hatte drei solche Instrumente aus London zugleich erhalten und wählte das beste für Kremsmünster aus; er sagt darüber: „Divisio limbi est excellens, microscopium pro divisione distinguenda magnopere augens, tubulus achromaticus praeclarus et augmenti satis magni; errorem collimationis determinavi et in scheda annotavi.“ (Br. 39.) Er theilt dann auch seine Rathschläge mit über einen künstlichen Horizont aus Oel oder Quecksilber oder aber aus Glas (tabula vitrea plana). (Br. 40 u. 41.)

Der Sextant und der gläserne Horizont sind noch vorhanden, und wurden damit viele Beobachtungen und Messungen ausgeführt, namentlich bei der oberösterreichischen Triangulirung. Bei dieser Gelegenheit spendet z. B. Catinelli, Oberlieutenant im General-Quartiermeisterstab, im Jahre 1805 dem Instrumente folgendes Lob: „Der Sextant, den der Herr Prälat und Euer Hochwürden auf die Bitte des Herrn Obersten von Prohaska mir gaben, hat schon wesentliche Dienste uns erwiesen. Ich habe einen Theil des Traunthales bis Linz damit triangulirt und Resultate gefunden, die meine Erwartung bei weitem übertrafen. Auf Entfernungen, wo das terrestrische Fernrohr noch dient, auf drei bis viertausend Klafter ist man sicher, den Winkel bis auf zehn Secunden richtig zu erhalten, theils dadurch, dass man den Winkel öfters beobachet und das Mittlere nimmt, theils durch Schätzung, wenn der Nonius mit keinem Striche des Randes genau eintrifft. Nie hätte ich dieses von einem siebenzölligen Instrumente hoffen können. Die Abweichung der drei Winkel in einem Dreiecke von 180° ist gewöhnlich von 12 bis 22 Secunden, in einem Kreise, wenn die Gegenstände horizontal oder fast horizontal sind, 30 Secunden bis 1 1/2 Minuten.“ — 1810 hätte David den Sextanten gerne um den Ankaufspreis von Derfflinger zurückgekauft, dieser aber antwortete: „Sextans meus tantum abest ut mihi venalis sit, ut Tibi potius iteratas pro procuratione ejusdem gratias de novo referam.“


1) Das Princip des Instrumentes wurde schon von J. Newton gefunden; seinen Namen bekam es aber nach John Hadley, Instrumentenmacher „am Strand“ in London, der viel mit dem Astronomen Edmund Halley verkehrte.
(Fellöcker, 109)


Quellen und Literatur:


FELLÖCKER, P. Sigmund, Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz 1864




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(c) P. Amand Kraml 2016-12-12
Letzte Änderung: 2021-09-16