Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

September 2000



Venusdurchgang
Titel des Manusskripes von P. Plazidus Fixlmillner über den Venusdurchgang von 1769
Archiv der Sternwarte


P. Plazidus Fixlmillners Arbeiten zum Venusdurchgang vom 3. Juni 1769

Venusvorübergänge vor der Sonne sind sehr seltene Ereignisse. Sie ereignen sich alle 8, 105.5, 8, 121.5, 8, 105.5, 8 usw. Jahre. Im 18. Jahrhundert waren 2 solche Naturphänomene zu beobachten, nämlich am 6. Juni 1761 und am 3. Juni 1769. Im Jahr 1761 gelangen die Beobachtungen an vielen Orten gar nicht, an anderen nur dürftig. Um so eifriger bereitete man sich 1769 vor. Regierende Fürsten scheuten keine Kosten, die Astronomen keine Beschwerden, um auf den entlegensten aber günstig gelegenen Punkten (Sibirien, Hudsonbai, Californien, Tahiti ...) für diesen speziellen Zweck Sternwarten zu improvisieren. An acht Orten wurden Ein- und Austritt des Venustransits weltweit beobachtet. In Kremsmünster verhindete die schon tief stehende Sonne die direkte Beobachtung.
Mehrere Astronomen haben die Beobachtungsdaten dieses Ereignisses verwendet, um die Sonnenparallaxe zu berechnen. P. Plazidus Fixlmillner zweifelte, ob die Rechnungen schon mit aller möglichen Genauigkeit gemacht wurden, und entwickelte dafür eine neue Berechnungsmethode, die das bemerkenswerte Ergebnis von 8",54 erbrachte.

Über die Beobachtung des Venustransits von 1761 berichtet P. Laurenz Doberschitz in seiner Sammlungsbeschreibung von 1764:

OBSERVATIONES ASTRONOMICAE HABITAE IN OBSERVATORIO CREMIFANENSI
§1.
Weder ein Observatorium, noch ein astronomisches Instrument hätte man nöthig, soferne man nicht auch astronomische Obseruationen unternehmete. Diese sind die Absichten eines mathematischen Thurnes, die Seelen der Astronomie, und endlich die Früchten und Wirkungen aller astronomischer Bücher und Instrumenten, als welche letztere besonders zum Gebrauch bestimmet sind dem Lauf der Gestirne auszuforschen, und nicht so viel wie andere mathematische Curiositäten und Seltenheiten das Aug eines Neugierigen mit bloßen Anschauen, und betasten zu ergötzen.
§2.
Man ließe eben dieselbe in ihrem Saale nicht lange müßig stehen, sobald man sich im Stande sahe, etwas dergleichen zu unternehmen. Es sind zu den Obseruationen fünf schöne Altonen oder Observatoria gewidmet, nämlich zwey auf beyden Seiten von dem astronomischen Saale (Astronom. §2.) zwey von jenem astronomischen Zimmer etwas höher daroben (Astronom. Instrument am Ende § 3.) und endlich jene am obersten des Thurnes (§ 7). Herr P. Eugenius, als unter deßen Aufsicht der Thurn vollendet war, machte deren die Ersten, doch sind nicht alle, die er zu Cremsmünster auf Papier astronomisch gezeichnet, in ihrem Thurne bey seiner Abreise zurücke gelassen worden, wie dan ich selber mit Augen jenes schöne, und seltsame Phaenomenon, so sich den 25. May
[hier irrt Doberschitz] in dem Jahre 1761 ereignete, nämlich der Transitum Veneris per discum Solis, und von ihme zu Cremsmünster unter Beyseyn und Beystand Seiner Excellenz des Gnädigen Herrn Prelatens Bertholdi, und anderer mehreren Geistlichen, so in dieser Kunst nicht gänzlich fremde waren, auf das sorgfältigste observiret, und astronomice entworfen wurde, zu Irrsee in seiner Zelle hangen sahe. Jene, die von Ihme hinterlassen worden, sind 3 in der Zahle nämlich Proiection Ortographique De l'Eclipse de Soleil, Qui est arrivée le 12 Juin de l'Année 1760, que l'on a observée à l'observatoire de l'Abbaye de Cremsmünster. Die übrigen zwo sind Mondesfinsternißen, die zwar auf dem Papier astronomice entworfen sind, jedoch ohne schriftlicher Erklärung, wan,und wie sie sind observiret worden.
(Doberschitz, 365-367)

Ebenfalls zum Venusdurchgang von 1761 gibt P. Anselm Desing in seinem Brief vom 20. 4. 1761 an P. Eugen Dobler recht ausführliche Anweisungen zur Beobachtung: "Je ne manquerois pas des endroits pour l'observation de la Venus sous le Soleil. Votre compagnie me seroit la plus agreable, si vous aussiez ecrit un seul mot de la grande Méridienne à dresser au travers du jardin car c'etoit la condition à la quelle j'ai allié mon arrivé. En vous retirant dans la tour Azimuthale vous serz fort bien. Il faudra seulement prendere en compangnie ou le Père Alexander, si je ne me trompe, ou quel'un autre, avec un toisieme, et un valet." (MUB, Cod. ms. 704, fol. 278r)

Als Anhang können wir hier noch zwei Bilder von den letzten beiden Venustransiten zeigen.

Venusdurchgang 2012-06-06 Venustransit 2012-06-06, 05:15 MESZ
Foto: P. Amand Kraml


Quellen und Literatur:


EICHHORN, Johann Ägidius 1761: Die Erscheinung der Venus in der Sonnenscheibe, als eine sehr seltene und weil die Welt stehet nur einmal bemerkte Himmelsbegebenheit; welche zum andernmal den 6. Juni dieses Jahres Vormit. erscheinen wird, Beschrieben und nach verschiedenen Tabellen berechnet, Nürnberg

ENCKE, J. F. 1824: Der Venusdurchgang von 1769 als Fortsetzung der Abhandlung über die Entfernung der Sonne von der Erde. Gotha

FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz

FIXLMILLNER, P. Placidus o.J.: De Venere in Sole apparitura die 3. Junii 1769. Dilucidatio astronomica [Manusskript], Archiv der Sternwarte

DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Februar 1999)

HELL, P. Maximilian 1772: De parallaxi, solis ex observationibus transitus veneris Anni 1769. Wien

KRAML, P. Amand 2008: 250 Jahre Sternwarte Kremsmünster, in: Öffentliches Stiftsgymnasium Kremsmünster 151. Jahresbericht, 33-83, Thalheim


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