aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Juni 2004
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Türkischer Grabstein aus Budapest, 1687 nach Kremsmünster gebracht Maße: 115 x 56 cm, weißer Marmor Foto: P. Amand Kraml |
Der türkische Grabstein in der östlichen Fensternische des Eingangsbereiches der Sternwarte gehört - wie so manches andere Sammelgut im Haus - bereits in die Vorgeschichte der Sternwarte. Schon 62 Jahre vor dem Baubeginn unseres Museums ließ man diesen Grabstein aus Ofen nach Kremsmünster bringen. Für den Transport von Ofen nach Wien wurde der Betrag von 6 Gulden 4 Kreuzer ausgelegt. (vgl. Kammereirechnungen 2408, 1687, N. 306)
Wann genau der Grabstein hier eingemauert wurde ist nicht festzustellen. In der Beschreibung der Sternwarte von P. Laurenz Doberschitz findet er noch keine Erwähnung. In seinen "Beichtvaterreiseln" berichtet er im Abschnitt über seine Vakanzreise von 1776 aber Folgendes:
Mühsamer war der 27[. September], wo ich Abends dem mathematischen Thurne Visite machte, der mich auch ein Paar Stunden auf das allerangenehmste belustigte. Ich besah von oben bis unten alle reichlich eingerichteten Fache, und Gaden. Gleich bei dem Eingange sind zwo, vorhero nicht gesehene große steinerne Tafeln, und denkwürdige Alterthümer, Eines ein Leichstein ex Familia Cosutii, wie es die Grafschrift zeiget, das Andere ist in arabischen Buchstaben einzeichnet zu sehen. Ignoti nulla cupido. Das ist: ein Türk wird es zu lesen wissen. (Doberschitz, 170)
In der Beschreibung der Sternwarte in P. Ulrich Hartenschneiders Buch "Historische und topographische Darstellung des Stiftes Kremsmünster" liefert Hartenschneider die Übersetzung der Inschrift. (Hartenschneider, 388)
Die Inschrift wurde von dem Orientalisten Josef Freiherr v. Hammer-Purgstall, der am 14. Juni 1816 die Sternwarte besuchte, folgendermaßen übersetzt:
"Verlassend das Haus der Verwesung, betrat ich die Ewigkeit,
Mein Haus sei das Pardies; seine Bewohner meine Gespielen!
Hiernieden schwindet das Höchste wie das Niedrigste.
Empfohlen sei, o Leser, mein Geist dem Erbarmen."
(Werner, 114)
Weitere Angaben zum Conclave Turcicum der Sternwarte finden Sie in der Sammlungsgeschichte der Sternwarte.
P. L. D. P. C. [P. Laurenz Doberschitz, Professus Cremifanensis] o. J.: Beichtvaterreiseln, CCn 306, Stiftsbibliothek Kremsmünster
FELLÖCKER, P. Sigmund, Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei
Kremsmünster, Linz 1864
GENDENKBUCH der Sternwarte Bd. 2, Archiv der Sternwarte
HARTENSCHNEIDER, P. Ulrich, Historische und topographische Darstellung des Stiftes Kremsmünster in Österreich ob der Enns. Aus Stiftsquellen gezogen, geordnet, berichtigt, und bis auf das gegenwärtige Jahr fortgesetzt, Wien 1830.
KRAML, P. Amand, Die Sammlungen der Sternwarte Kremsmünster. Sieben Objekte als Spiegel der Sammlungsgeschichte zwischen Kuriositätenkammer und Museum eines Museums, gedruckt in: Assmann, P. & Kraml, P. (Hrsg.), Kubin. Fiktion/non fiction, Linz 1995.
NEUMÜLLER, P. Willibrord (Hrsg.), Archivalische Vorarbeiten zur Österreichischen Kunsttopographie, 2 Bde, Wien 1961
PITSCHMANN, P. Benedikt, Die Erwerbung von Türkenbeute durch das Stift Kremsmünster, in: OÖ. Heimatblätter, 37, Heft 3, 210-219, Linz 1983
WERNER, Konstantin, Das Wahrzeichen von Kremsmünster. Die Sternwarte oder der mathematische Turm, in: Kremsmünster in Wort und Bild. Zum Geleite für seine Besucher, zur Erinnerung für seine Zöglinge, Steyr o. J., 107-119