aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
August 1999
Bereits von Anfang an hat P. Anselm Desing bei seinen Plänen zum Bau der Sternwarte einen Schacht vorgesehen, der als zylindrischer Hohlraum vom tiefsten Punkt des Kellers bis an die Spitze des Gebäudes reichen sollte. Er verwendete dafür die Bezeichnung "laterna". Er schreibt in seinem Bericht über den Sternwartebau 1759, er hätte die Anregung zu dieser Laterna von dem französischen Architekten Claude Perrault (1613-1688) übernommen, der eine solche in der königlichen Sternwarte zu Paris ausgeführt haben wollte. Bemerkenswert ist, dass Desing es dem Urteil der Fachleute überlassen wollte, "ob dieser unser Schacht noch einem besseren Zweck dienen wird". (DESING, 28r; Übersetzung, RABENALT, 117)
P. Laurenz Doberschitz geht in seiner Beschreibung der Sternwarte von 1764 näher auf diesen Schacht ein: In einem anderen Hüttlein ist eine von der innersten Grundveste an durchaus holl aufgeführte Lucke, oder Laterne zu oberst in der Höhe mit einem eisernen Gitter umfangen, in dero Tiefe man von dem Eingange des Thurnes 38 Stuffen abwärts zählet. Wenn man
Ob der Schacht jemals als astronomischer Brunnen genutzt wurde, ist fraglich. Jedenfalls ist in diesem Zusammenhang nachzuprüfen, ob P. Thaddäus Derflinger wirklich Simon Stampfer die Verfügbarkeit dieser Einrichtung angeboten hat, wie Strasser dies behauptet. ("Eine vorzügliche Beobachtung von Gestirnen im Zenit bei Tageslicht ermöglichte außerdem der 'astronomische Brunnen', der die ganze Höhe der Sternwarte bis in das zweite Kellergeschoß durchzieht." S. 41)
Foto: P. Amand Kraml
Bis zur Installation der TAWES (=Teilautomatische Wetterstation) im Jahr 1987 blieb dieses Pendel an seinem Stahldraht hängend erhalten. Es wurde einige Jahre darauf wieder (leider an einem Drahtseil) aufgehängt. 1995 wurde von mir ins alte Bleipendel ein Laserpointer in die Mitte unten eingebaut, um die Bewegung des Pendels am Boden besser verfolgen zu können.
Foto: P. Amand Kraml
Jetzt verfügt dieses Pendel über die Möglichkeit der Videoregistrierung vom "Seismokeller" aus. An Hand einer am Boden liegenden sternförmigen Skala kann der Fortgang der Änderung der Schwingungsebene recht genau verfolgt werden. Ein Skalenschritt ist 11,2°, also der Betrag um den sich die Schwingungsebene des Pendels in einer Stunde auf unserem Breitengrad (48° 3' N) verändert.
Seit März 2015 hängt das Pendel an einer neuen, auf einer Kugel lagernden Aufhängung. Diese Konstruktion wurde von mir erstellt und in der eigenen Sternwartewerkstatt ausgeführt. Die damit gewonnene Verlängerung der Pendeldauer ist ganz unerwartet hoch. Die vorherige Aufhängung an einer einfachen Schrauböse beeinflusste zudem natürlich die Gleichmäßigkeit der Schwingung.
ANGERER, P. Leonhard 1922: Können die Sterne durch einen tiefen Schacht am hellen Tage mit freiem Auge gesehen werden?, in:
Unsere Welt. Illustrierte Monatschr. für Naturwissenschaft u. Weltanschauung, Jg. 14, Godeberg, 234
DESING, P. Anselm 1759: Bericht an Propst Franciscus Töpsl in Polling, München, Bayerische Staatsbibliothek, Cod. lat. 11486, fol. 17-29
DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Februar 1999)
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Die Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz
FOUCAULT, L. 1851: Démonstration physique du movement de rotation de la terre au moyen du pendule, in:
Comptes rendus hebdomadaires des séances de l'acadeémie des siensces, XXXII, Paris - vgl.: XIV.
Physikalischer Beweis von der Axendrehung der Erde mittels des Pendels; von Hrn. L. Foucault, in: Annalen der
Physik und Chemie, 82. [158.] Bd., Leipzig, S. 458-462
FOUCAULT, L. 1852: Sur un nouvelle Démonstration expér. du movement de rotation de la terre ..., in:
Comptes rendus hebdomadaires des séances de l'acadeémie des siensces, XXXV, Paris
GIOVANNANGELI, Françoise 1996: Spinning Foucault's Pendulum at the Panthéon, in: Paris Kiosque - November 1996 -
Volume 3, Number 11
HULLMANN, K. 1873: Der Foucault'sche Pendelversuch. Eine kritische Untersuchung
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PISKO, F. J. 1853: Foucault's Beweis für die Axendrehung der Erde, Brünn
RABENALT, Ansgar 1990: Anselm Desing an H. Probst Franciscus in Polling mit Beschreibung und Plan des Observatoriums zu
Kremsmünster worin die Geschichte desselben angegeben, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des
Benediktiner-Ordens und seiner Zweige, Jg. 1990, Bd. 101, St. Ottilien, 103-120
RESLHUBER, P. Augustin 1846..53: Tagebuch der Sternwarte vom 1. Nov. 1846 bis 31. Dez. 1853, Manuskript im Archiv der Sternwarte Kremsmüster
STRASSER, Christian o. J.: Simon Stampfer in Salzburg (1790-1825) in: Peter Schuster & Christian Strasser,
Simon Stampfer 1790-1864. Von der Zauberscheibe zum Film - Salzburger Portraits: Schriftenreihe des
Landespressebüros Nr. 142, Salzburg