aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
August 2001
1833 erlangt Simon Stampfer auf seine Erfindung, die im Verlag Trentsensky und Vieweg, Wien und Leipzig aufgelegt wird, das
Privileg mit Nr. 1920:
1920. S. Stampfer, Professor am k. k. polytechnischen Institute in Wien. (Wieden , Nro. 64), und Mathias Trentsensky; auf die
Erfindung, Figuren und farbige Formen, überhaupt Bilder jeder Art, nach mathematischen und physischen Gesetzen so zu zeichnen,
dass, wenn dieselben mit gehöriger Schnelligkeit durch irgend einen Mechanismus vor dem Auge vorbeigeführt werden,
während der Lichtstrahl beständig unterbrochen wird, die mannigfaltigsten optischen Täuschungen in zusammenhängenden
Bewegungen und Handlungen dem Auge sich darstellen, und wobei diese Bilder am einfachsten auf Scheiben von Pappe oder irgend
einem andern zweckmässigcn Materiale gezeichnet werden, an deren Peripherie Löcher zum Durchsehen angebracht sind.
Wenn diese Scheiben, einem Spiegel gegenüber, schnell um ihre Achsen gedreht werden, so zeigen sich dem Auge beim Durchsehen
durch die Löcher die belebten Bilder im Spiegel, und es können auf diese Weise nicht nur Maschinen-Bewegungen jeder Art,
z. B. Räder und Hammerwerke, fortrollende Wägen und
steigende Ballons, sondern auch die verschiedenartigsten Handlungen und Bewegungen von Menschen und Thieren überraschend
dargestellt werden. Auch lassen sich nach demselben Prinzipe durch andere mechanische Vorrichtungen selbst zusammengesetztere
Handlungen, z. B. theatralische Szenen, in Thätigkeit begriffene Werkstätten etc., sowohl durch transparente als auch
nach gewöhnlicher Art gezeichnete Bilder darstellen. Auf zwei Jahre; vom 7. Mai. (Jb. Polytechn. Inst. Bd. 19, 406f.)
"Als ein Unbekannter" mit einer besonderen Vorliebe zur Mathematik stellte sich Simon Stampfer
(1790 - 1864) in seinem ersten Brief vom
1817-01-16 an P. Thaddäus
Derflinger vor. Als er im Jahre 1833 das Privilegium der österreichischen Monarchie für seine
stroboscopischen Scheiben erhält, ist er bereits ein sehr guter Freund unseres Hauses.
P. Sigmund Fellöcker schreibt im Todesjahr Stampfers 1864:
"der Mann hat eine so grosse Bedeutung für die ganze nachfolgende Geschichte unserer Sternwarte,
und diese Briefe sind so interessant für die Geschichte seiner eigenen wissenschaftlichen Entwicklung
und so vorbildlich (möchte ich sagen) für das freundschaftliche Verhältniss, das er noch
durch vier nachfolgende Decennien mit unserem Hause unterhielt..."
Im Ganzen sind 57 Briefe von Simon Stampfer in unserem Archiv erhalten.
Ein kurzer aber interessanter
Hinweis auf die stroboskopischen Scheiben findet sich in Stampfers Brief vom 1835-12-08 (Brief Nr. 14) an
seinen "hochgeehrten Freund" P. Marian Koller: "ich muss mich fast
schämen, daß ich selbst diese nicht als freundschaftliche Gabe überlassen kann; ich habe
nicht nur das Unglück, von dem ganzen Geschäfte nur pekuniären Schaden zu leiden, sondern
habe auch vom Verleger [Mathias Trentsensky, Anm.] keine Exemplare erhalten können, um sie an Bekannte
und Freunde als Andenken zu vertheilen." [so das Original, im Gegensatz zu anderen Publikationen]
P. Sigmund Fellöcker schreibt in seinem Katalog des Physikalischen Kabinetts: "Haben wir in beiden
Auflagen (2te Auflage 1835, vide meine Geschichte der Sternwarte S. 260); ich habe sie vereinigt und mit
rothen römischen Numern bezeichnet. ... Zum bequemen Drehen und Ansehen der Figuren findet sich eine
eigene Vorrichtung im optischen Kasten [Bild links]; es ist damit auch ein Spiegelträger
verbunden. Läßt man aber den Spiegel durch jemanden eigens halten, so kann man durch freie
Handgriffe, deren mehrere vorhanden, auch den Zweck erreichen."
Dabei bleibt aber unklar, welche Scheiben zur ersten Auflage gehören und welche zur zweiten. Aus
Stampfers Beschreibung, die zur zweiten Auflage ausgeliefert wurde und die er dann auch im 18. Band der
Jahrbücher des kaiserl. königl. polytechnischen Instituts veröffentlicht hat, können
die 8 Scheiben der zweiten Auflage rekonstruiert werden. (Sie sind in der Tabelle blau unterlegt.)
Normalerweise wird angegeben, dass die erste Auflage nur 6 Scheiben umfasst hätte, eine Rechnung
des Jahres 1833 in Kammereirechnungen des Stiftsarchivs (717 322) belegt aber den Kauf von 7
Stampfer-Scheiben zum Preis von 4 fl. Die restlichen Scheiben wurden wohl aus dem laufenden Etat des
Physikalischen Kabinetts bezahlt, sodass dem Rentamt des Stiftes dafür keine Rechnungen vorliegen.
Zu welcher Reihe die Scheiben mit den Original-Nummern XVII - XXII gehören (in der Tabelle rot
unterlegt), ist auch noch nicht geklärt.
Hier eine Zusammenstellung der Stampfer-Scheiben der Sternwarte Kremsmünster mit den Nummern und der Beschreibung von P. Sigmund Fellöcker sowie der Original-Nummerierung
Eine CD-ROM mit animierten Darstellungen all unserer Stampfer-Scheiben können Sie selbstverständlich bei uns bekommen.
ALLMER, Franz 1996: Simon Stampfer : 1790 - 1864 . ein Lebensbild, in: Mitteilungen der geodätischen Institute der Technischen
Universität Graz, Nr. 82, Graz
ANONYM 1837: Verzeichnis der in der österreichischen Monarchie in den Jahren 1833, 1834 und 1835 auf Erfindungen,
Entdeckungen und Verbesserungen ertheilten Privilegien oder Patente, in: Jahrbücher des kaiserl. königl.
polytechnischen Instituts in Wien, Bd. 19, Wien, 304-507
FELLÖCKER, P. Sigmund o. J.: Physikal. Cabinet. Instrumente und Experimente, Archiv der Sternwarte, S. 35-36
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Die Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz
FÜSSLIN, Georg 1993: Optisches Spielzeug oder wie die Bilder laufen lernten, Stuttgart
GETHMANN, Daniel 2006: Zauberscheiben und Schwingungsverhältnisse. Simon Stampfer, Félix Savart und die
Erfindung der stroboskopischen Methode, in: D. Gethmann & Chr. B. Schulz (Hrsg.), Apparaturen bewegter Bilder - Kultur und
Technik, Bd. 02, Münster, 51-77
HERR, J. 1865: Simon Stampfer. Eine Lebensskizze. Wien
KOLLER, P. Marian o. J.: Stroboscopische Scheiben von Prof. Stampfer und Plateau's Phantasmaskop, MS, Archiv der Sternwarte
Kremsmünster
KOLLER, P. Marian 1840: Verzeichnis der Apparate des physikalischen Cabinetes zu Kremsmünster, zusammengestellt von
P. Marian Koller vom Sept. 1839 bis Mai 1840, Nr. 178
KRAML, P. Amand 2008: 250 Jahre Sternwarte Kremsmünster, in: Öffentliches Stiftsgymnasium
Kremsmünster 151. Jahresbericht, 33-83, Thalheim
PLATEAU, Joseph Antoine 1832: Sur un nouveau genre d'illusion, d'optique, Correspondece mathematique et physique de l'observatoire
Bruxelles, 7. Jg. 365-368
POGGENDORFF, J. C. 1834: LVIII. Stroboskopische Scheiben, Phänakistikop, Phantasmaskop, in: Annalen der Physik und Chemie,
Bd. 32, Leipzig, 636-661
RENOLDNER, Thomas 2010: Animation in Österreich - 1832 bis heute, in: Die Kunst des Einzelbilds. Animation in Österreich - 1832
bis heute, hrsg. Dewald, Christian, Groschup, Sabine, Mattuschka, Mara & Renoldner, Thomas, Wien, 41-153
SCHUSTER, Peter & STRASSER, Christian o. J.: Simon Stampfer 1790 - 1864. von der Zauberscheibe zum Film, Schriftenreihe des
Landespressebüros, Serie Sonderpublikationen Nr. 142, Salzburg
STAMPFER, S. 1833: Die Stroboscopischen Scheiben oder optischen Zauberscheiben. Deren Theorie und wissenschaftliche
Anwendung, erklärt von dem Erfinder, Wien
STAMPFER, Simon 1834: Über die optischen Täuschungs-Phänomene, welche durch die stroboskopischen Scheiben
(optischen Zauberscheiben) hervorgebracht werden, in: Jahrbücher des kaiserl. königl. polytechnischen Instituts
in Wien, Bd. 18, Wien, 237-258
WACHELDER, Joseph 2006: Bewegte Bilder? Bewegte Scheiben! Die Wunderscheiben Joseph Plateaus und Simon Stampfers und ihre
Rezeption, in: Gethmann & Chr. B. Schulz (Hrsg.), Apparaturen bewegter Bilder - Kultur und Technik, Bd. 02, Münster, 96-122