Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

März 2015



Titulus
Beschreibung der Sternwarte 1827 in Benedikt Pillwein, Traunkreis
Seite 362-364


Die Beschreibung der Sternwarte von Benedikt Pillwein, 1827


Auch Beschreibungen von Autoren, die nicht dem Sternwartepersonal angehören, können eine recht brauchbare Quelle für die Hausgeschichte sein und werden daher auch hier immer gerne wiedergegeben.

[362] Die Sternwarte mit 8 Stockwerken aufwärts, 2 abwärts, frey dastehend, in ihrer Majestät in großer Ferne sichtbar, vom Steinpflaster vor dem Eingange bis zur höchsten Spitze 25 ½, von der Grundfeste aus 30 Klaftern hoch fing Alexander Fixlmillner, um den Bewohnern der Gegend Erwerb zu verschaffen, 1748 nach dem Plane des berühmten Abtes, Anselm Desing, zu bauen an. Eugen Dobler von Irrsee führte die Aufsicht über den 10jährigen Bau. Ein Jahr nach seiner Vollendung starb der hochverdiente Gründer.

Gleich beym Eintritte beginnen die Merkwürdigkeiten: rechts ein römischer, links ein türkischer Leichenstein. Der römische Denkstein muß nach dem Kommentar des Sertorius Ursatus de notis Romanorum so gelesen werden: Diis Ma[363]nibus. Titus Flavius Victorinus ex Decurionibus Alae Tamperg: a) vivus fecit sibi et Flaviae Victorinae filiae obitae anno 23. Et Cosatiae verae conjugi obitae anno 50. Et Cosation Firmo, filio dulcissimo obito anno 15. Die Übersetzung der Inschrift des türkischen Monumentes lautet nach Hammer so:
Verlassend das Haus der Verwesung, betrat ich die Ewigkeit,
Meine Wohnung sey das Paradies; seine Jungfrauen und Knaben meine Gespielen.
Hiernieden schwindet das Höchste wie das Niedrigste.
Empfohlen sey, o Leser, mein Geist dem Erbarmen.

Auf der ersten, zweyten und vierten Treppe der Sternwarte sind die Statuen des Ptolemäus, Tycho de Brahe und Kepler von Franz Xaver Keller aufgestellt, und in 3 Stockwerken die Portraite der vorzüglichsten Schüler der hiesigen Ritterakademie mit ganz besonderer Auswahl der vorhandenen Exemplare, größtentheils von der Mahlerin Gürtler aus Steyr, vertheilt. Der erste Stock ist fast auschlüßlich der Zoologie gewidmet, der zweyte der Mechanik, der dritte der Mineralogie, der vierte zur Bildergalerie bestimmt, der fünfte für die Alterthumskunde, der sechste zur Astronomie. Im siebenten Stocke befinden sich zwei kleine Altanen nach Ost und West, ein Wärmezimmer, ein schöner kleiner Altar zum Messelesen, das merkwürdige Fremdenbuch mit achtungswerthen Namen fast aus allen Gegenden der Erde. Im achten Stockwerke ist die eigentliche Sternwarte mit einer beweglichen Kuppel, und mit Öffnungen zu den Fernröhren für die schönste Aussicht. Hier befindet sich eine Windrose, ein Regenmesser, ein astronomischer Brunnen, der bis in den zweyten Keller hinab reicht, und ein Acimuthalquadrant. Im ersten Stocke wohnt und arbeitet der Maschinist; in der dritten Etage kommt man in die Wohnung des Astronomen, worin man nebst vielen anderen Merkwürdigkeiten die Werke und Portraite der berühmtesten Astronomen antrifft:

[364] Von herrlichen Glasmahlereyen, künstlichen Schnitzwerken aus Holz und Elfenbein, vortrefflichen Gemählden, mechanischen Modellen, physikalischen Instrumenten ec. sind zu viele vorhanden, als daß sie hier einzeln beschrieben werden könnten. Einige der merkwürdigsten von letzteren dürften seyn: die große Elektrisirmaschine mit 2 Glasscheiben, jede von 24 Zoll im Durchmesser, eine doppelte Luftpumpe mit doppeltem Stiefel, und einem großen Apparate zu Versuchen im luftleeren Raume von Brander in Augsburg, ein Wasserbarometer, ein galvanisch-magnetischer Apparat, ein Eudiometer von Fontana, Volta ec., Nicholson’sche und Beaume’sche Areometer, Branders Salzsohlenwage, Atwood’s und Noller’s Fallmaschinen, Davi’s Sicherheitslampe, der hydraulische Stoßheber, ein Dynamometer, Wollastori’s camera lucida, ein Thermometrograph ec. Mehrere dieser Instrumente sind von den Mechanikern in dieser Sternwarte selbst verfertigt worden; eine Sternuhr mit Compensations-Pendel von Illinger, das Dynamometer, Atwood’s Fallmaschine, der galvanisch-magnetische Apparat ec. von Lettmayer, mehrere Sonnenuhren um 1665 von P. Aegidius Everardus, dem Sohne der Salome Alt, wovon wir bey dem Erzbischofe Wolf Dietrich von Raitenau im Salzburger-Kreise mehr sprechen werden.

In der Gemählde=Gallerie sind Bilder von den beyden Brüdern Altomonte, von Sandrart, Salvator Rosa, Rubens, Hamilton, Titian, Breughel, van Dyck, Christoph Schwarz aus Ingolstadt, Albrecht Dürer, L. Cranach, Michael Angelo, Lukas von Leyden. Zwey große, auf Holz gemahlte Blätter von 1450 von Wilhelm Coxey (einem trefflichen Schüler Titians) stellen in Lebensgröße die heilige Familie mit Anna, Elisabeth und vielen Kindern, dann dem heil. Evangelisten Johannes dar. (Primisser).



a) Nach dem geogr. Lexikon des Ferrarius der Thannberg 1 St. von Neumarkt, 5 von Salzburg.


Quellen und Literatur:


PILLWEIN, Benedikt 1828: Geschichte Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogtums Salzburg, Zweyter Theil: Der Traunkreis, Linz

PILLWEIN, Benedikt 1843: Geschichte Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogtums Salzburg, Neue Ausgabe, Zweyter Theil: Der Traunkreis, Linz

PRIMISSER, Alois 1822: Benedictinerstift Kremsmünster in Oberösterreich, in; Hormayrs Archiv, Bd. XIII, Nr. 41, 222-223



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