aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
September 2013
So vortreflich und sehenswerth hier der Bücher Vorrath ist (Man sehe meine Bibliotheken Geschichte, Seite 49 ec.), eben so herrlich ist auch der Apparat zur Naturgeschichte und den bildenden Künsten. Ausser den Sammlungen von Vögeln, Mineralien, Pflanzen, Kunstwerken, und Gemälden in der Sternwarte, (wovon gleich nachher die Rede seyn wird) ist die Sommerabtey reich an Hülfsmitteln für den Liebhaber dieser Wissenschaften. Diese Zimmer zeigen ganz den guten Geschmack des jetzigen verehrungswürdigen Abts und seinen Hang zur Naturgeschichte. In das Erste derselben kömmt man aus einem grossen, angenehmen Saale, der die Gemälde der Habspurgischen Kaiser in Lebensgrösse enthält. Abt Alexander Strasser ließ ihn im Jahre 1719 erbauen. Die Malerey am Plafond ist von einem Münchner Maler, Steuerl; die Stukkaturarbeit, von Diego Francesco Carlone; die rothmarmorne Täfeley, von Spatz; und die grossen Kaiserportraite von Martin Altomonte. Aus diesem Saale, in dem zur Sommerzeit an einer Tafel, auf deren Mitte das Wasser springt, gespeiset wird, kömmt man in ein Zimmer, darin man eine ansehnliche Sammlung von inländischen Vögeln - Conchylien - sehr vielen Marmorarten, theils aus der Gegend von Cremsmünster, theils aus andern Provinzen - incrustata aus dem Carlsbade - ziemlich viel von einheimischen Schmetterlingen - etwas weniges von Käfern - und sehr künstlich aus Muscheln zusammengesetzte Blumen findet. Diese letztern, so wie die Einrichtung der Vögelsammlung, sind ganz das Werk des Hrn. Prof. Eugen Dobler von Irrsee. An dieses Zimmer stößt ein anderes, in dem die Handbibliothek des Hrn. Abts aufgestellt ist. Hier zeichnen sich vorzüglich die kostbaren botanischen Werke des Herrn Prof. Jacquin aus. Mitten im Zimmer steht auf einem Tische eine ganze Grotte von einer Gattung intophirten Mooses, das Hr. Popowitsch in seinen Untersuchungen vom Meere S 118. 119. beschreibt. Man hat davon in Cremsmünster seit einigen Jahren ganze Lagen von diesem röhrichten intophirten Wesen, in einem Tuffsteinbruche ausgegraben. Im nächsten Kabinete sind in Kästen verschiedene Gebeine, die man in den Steinbrüchen der Gegend der Abtey tief unter der Erde gefunden hat. Auch diese bermerkt Popowitsch im angeführten Orte. Man hält sie aber nicht mehr für Drachenköpfe, wie bey seinen Zeiten, sondern für Gebeine von Seethieren. Aus diesem Zimmer kömmt man in das mit vielem Geschmacke angelegte Kupferkabinet. Hier trift man die Thaten Alexanders des Grossen nach le Brün von Gunst gestochen, fünf grosse Stücke, die ungemein schön sind - ein Marienbild nach Albrecht - viele Stücke nach den Gemälden Raphaels von Urbino - Rubens - van Dyk - Lukas v. Leyden - Albrecht Dürers - Rembrand's - Jordan's - Stella's - Karl Maratti - Blomaert's - Strada's - Tintoret's - Perelli's etc. etc. Hier findet auch der Mineraloge seine Rechnung in einer ansehnlichen Stufensammlung. An das Kupferkabinet stößt eine grössere Gemäldesammlung. Hier sind vorzüglich merkwürdig: der Winter, von Sandrart - ein Schweinskopf, von Hamilton - Schlachtstücke von Altomonte - Viehstücke von Rosa - eine Geisselung, die man für einen Blomaert hält, und verschiedene andere sehr schöne Stücke. In der grossen Gallerie der Sternwarte ist die Kreutzabnehmung von Rottmeier, ein sehr schönes Gemälde.
Noch zeigt man hier vortrefliche Zeichnungen eines Wieners, Ildephons Schnepf, der 1722 als Benedictiner in dieser Abtey starb. Zwey Stücke von ihm sieht man in der Sommerabtey, davon eins den Bethlehemitischen Kindermord, nach Rubens, das andere die Tochter Herodias mit dem Haupte Johannes, nach Jordaens, vorstellt. Ausser diesen sind von ihm fünf schöne Stücke in der Sternwarte, als: ein Crucifix - die unbefleckte Empfängniß - Kaiser Leopold - seine Gemalin Margareth - und Abt Erenbert I. von Cremsmünster.
Die Aufsicht über die Gemählde und Kupferkabinete hat der Hr. Prof. Langhaider, nach dessen Plane beyde angelegt sind. Über die Naturaliensammlungen hat sie Erenbert Richter, ein noch junger Benedictiner in der Abtey, der aber viel naturhistorisches Genie hat. Noch besitzt der würdige Abt eine starke Münzsammlung; sie steht aber jetzt noch nicht öffentlich. Der Cremsmünsterische Annalist Marian Pachmair, arbeitet eben daran, sie zum öffentlichen Gebrauche zu ordnen. Doch! - genug von den Sammlungen des verehrungswürdigen Abts.
Das Kloster hat, wie schon oben gemeldet worden, eine vortrefliche Sternwarte, die gewiß zu den ansehnlichsten in Teutschland gehört, wodurch es den Astronomen vorzüglich bekannt ist. Der vorige Abt Alexander Fixlmillner, ein Onkel des jetzigen berühmten Vorstehers der Sternwarte, hatte zwar selbst keine Muse gehabt, sich viel mit den mathematischen Wissenschaften zu beschäftigen, allein er schäzte dieselben ungemein hoch, und dies verleitete ihn, zum Gebrauch einiger seiner untergebenen Ordensgeistlichen, eine prächtige Sternwarte anzulegen, um so mehr da die Materialien dazu aus den beträchtlichen liegenden Gründen des Kloster konnten herbeygeschaft werden, und der Abt für eine Menge armer Arbeiter, die ohne Brod waren, grosses Mitleiden hatte. Der verstorbene Pater Anselmus Desing (Benedictinermönch von Ensdorf in der Oberpfalz und nachmahliger Abt seines Klosters) verfertigte den Entwurf und Grundriß zu dieser Sternwarte. Der Bau wurde im Jahr 1747 angefangen und im Jahr 1758 vollendet, auch so gleich die Aufsicht und Direction der Sternwarte dem verdienstvollen P. Eugenius Dobler, einem Benedictiner von Irrsee, der damals Professer der Mathematic bey der Cremsmünster Academie war, übergeben. Dieser versah dieselbe mit einem beweglichen Quadranten von 3 Fuß im Halbmesser; einer astronomischen Penduluhr von Augsburg; einer andern von Paris und mit einer Machina parallatica. Nebst dem schafte er auch verschiedene physikalische Instrumente an. Der Abt Bertholdus Vogl, Alexanders Nachfolger hatte für die Astronomie so viel Achtung, daß er sich sehr angelegen seyn ließ, diese Wissenschaft ernstlich zu betreiben, und die kostbare Sternwarte nicht unbenutzt zu lassen. In der Absicht ernannte er im September 1761 den Pater Placidus Fixlmillner zum Astronom und Aufseher derselben, und trug ihm auf, die noch nothwendigen Instrumente anzuschaffen. Doch ereigneten sich Hindernisse, welche machten, daß der neue Astronom eher nicht, als gegen das Ende 1762 mit Nachdruck Hand anlegen konnte. Zum Glück aber bekam er einen Arbeiter, dessen Genie und Geschicklichkeit ihn wie alle in Verwunderung setzten, und ihm sehr behilflich waren. Dieser Mann, Namens Illinger war zwar von Profession nur ein Zimmermann, hatte sich aber geübt, zierlich in Messing zu arbeiten und es durch Eifer und natürliche Anlage so weit gebracht, daß er die wichtigsten astronomischen Instrumente mit aller erforderlichen Genauigkeit ausführen konnte, wofern man ihm nur von der Zurichtung des Instruments eine deutliche Vorschrift gab. Mit einem solchen geschickten Gehülfen war der Pater Fixlmillner im Stande, nach und nach so wohl die grössern aus mittelmäsigern Instrumente auszuführen, und in der Sternwarte aufzustellen, nur einige wenige ausgenommen. (Zu Gehülfen an der Sternwarte hat P. Fixlmillner den Prof. Thaddäus Derflinger und Benno Waller, einen Salzburger, dessen seltene Talente bis jetzt sehr viel versprechen.)
Das Gebäude steht ganz frey an dem Hintergrunde eines Ziergartens, hat viele Stockwerke und ist sehr massiv vortreflich gebaut. Die 2 ersten Stockwerke sind zur Wohnung und den Arbeiten der Künstler und Handwerksleute bestimmt. In dem 3ten Stock werden ausser einer Naturaliensammlung, (deren Aufseher Georg von Pasterwiz, Professor der Polizey- Finanz und Handlungswissenschaft ist,) verschiedene physikalische, mechanische, hydrostatische, hydraulische ec. Instrumente und Maschinen verwahret. Der 4te Stock enthält die zur Optick, Dioptrik, Catoptrik und Perspectiv gehörende Instrumente; ferner eine Büchersammlung von mathematischen, besonders astronomischen Werken; allerhand Sonnenuhren; einige neue Maschinen und Erfindungen, welche dienen, die Beweise der sphärischen Trigonometrie zu erleichtern; endlich auch ein Zimmer zur Wohnung des Astronoms. Im 5ten Stock ist ein grosser Saal, der mit einer Menge Gemälde und Portraite meublirt ist. Ober diesem ist ein niedriges gewölbtes Zimmer, welches dem Beobachtungszimmer, vermittelst des Gewölbes zu einer festen Grundlage dienet. - Auf diesem folgt der eigentliche astronomische Saal, wo der Vorrath der hauptsächlichsten Instrumente befindlich ist. - Einen Aufriß des ganzen astronomischen Gebäudes findet man in Bernoulli's Sammlung kurzer Reisebeschreibungen vierter Band auf der ersten Tafel und in der Vignette auf dem Titelblatte des Fixlmillnerschen Decennii Astronomici Cremifanensis. Den Observationssaal kann man im Durchschnitte auf der zwoten Kupfertafel der erst gedachten Bernoullischen Sammlung und die obersten kleinen Zimmer nebst der Gallerie auf der dritten Tafel sehen. - Von der innern Einrichtung der Sternwarte oder vielmehr von den Instrumenten hat Hr. Prof. Fixlmillner in einem französischen Aufsatze, den Herr Bernoulli in seinen Lettres su differens sujets, Tom. I. pag. 56-59 eingerückt hat, eine Beschreibung gegeben.
Da diese ansehnliche Benedictiner Abtey sich so vortheilhaft von vielen andern wegen
ihrer prächtigen Sternwarte - den Bibliotheken - und anderer merkwürdigen Sammlungen
ausgezeichnet und ohngeachtet ihrer herrlichen Hülfsmittel, sich da nützliche Kenntnisse
zu erwerben, noch nicht allen reisenden Gelehrten so bekannt ist, als sie wohl zu seyn
verdiente, so bin ich hier etwas weitläufiger geworden. (Hirsching, 88-96)
HIRSCHING, Friedrich Karl Gottlob, 1787: Nachrichten von sehenswürdigen Gemälde- und Kupferstichsammlungen,
Münz- Gemmen- Kunst und Naturalienkabineten, Sammlungen von Modellen, Maschinen, physikalischen und
mathematischen Instrumenten, anatomischen Präparaten und botanischen Gärten in Teutschland nach alphabetischer
Ordnung, 2. Bd. Erlangen
MOLL, Karl Ehrenbert von 1783: Briefe an den Herrn Professor Heinrich Sander in Karlsruhe über eine Reise von
Kremsmünster nach Moßheim im Salzburgischen. Im Herbste 1780, Erste Abteilung. Reise bis Salzburg, in: Bernoulli,
Johann, Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntnis
dienender Nachrichten, Jg. 1783, 11. Bd. Berlin, 283-358