aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Jänner 2014
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Erste Abtheilung
Reise bis Salzburg
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Der gute und gelehrte Sander, an den diese Briefe gerichtet sind, und dessen eigene Reisebeschreibungen von den Lesern meiner Sammlung so gut aufgenommen wurden, lebt leider nicht mehr; auch kann ich keine Hofnung zu seinen hinterlassenen itinerarischen Tagebüchern geben: ein Bruchstück von der Fortsetzung seiner Reise nach St. Blasien ist mir zwar mitgetheilt worden, aber für jeden andern Herausgeber als den Verfasser selbst, ganz unbrauchbar. Andere noch ungedruckte, aber wahrscheinlich schon ins Reine gebrachte Aufsätze dieser Art, werden in der Sammlung seiner Reisen, welche die Jacobäersche Buchhandlung in Leipzig veranstaltet, erscheinen, und ich muß daher Verzicht auf selbige thun. Dagegen tritt hier ein würdiger Freund des sel. Sanders auf, und ich freue mich nicht wenig, daß ich durch die dritte Hand dieser, wie mir versichert wird, wirklich an Sander geschriebenen Briefe habe können habhaft werden. Dem so geübten und kenntnißreichen Sander selbst, würden sie, wenn Er der Verfasser derselben wäre, Ehre gebracht haben, und über ihren fruchtbaren Inhalt hat man sich um so mehr zu wundern, wenn man erfährt, daß der edle – von Geburt und Seele edle Verfasser noch nicht das 24ste Jahr erreicht hat. Von einem so viel versprechenden jungen Cavalier wird man gerne noch mehr wissen wollen – ich setze ohne Bedenken hierher was der werthe Freund, durch den ich diesen Aufsatz er-
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halten habe, mir von ihm schreibt: - „Der junge Ritter von Moll ist erst 1760 geboren. – Sein Hr. Vater ist Salzburgischer Geheimder-Rath und Mitglied der Münchner Akademie. Einer seiner Oheime ist KK. Geheimde-Rath, und der andere KK. General-Feldmarschal-Lieutenant: sie heißen Christani und Freyherren von Rall und Herrnau. Durch die Gnade der Höchstsel. Kaiserin erhielt der junge Hr. von Moll ein Stipendium an der Akademie zu Kremsmünster; hier vollbrachte er seine Studienjahre und der berühmte Fixlmillner war sein vorzüglicher Gönner. Seine Lieblingsbeschäftigung in Erholungsstunden war Naturgeschichte, und darunter Entomologie. Durch unermüdete Arbeit sammelte er sich blos aus Büchern, ohne alle Anleitung, viele Kenntnisse darinn. Er verließ Kremsmünster, machte die kleine Reise, die Sie beschrieben erhalten – und kehrte dann an die hohe Schule zu Salzburg zurück. Hier war er bis 1783, genoß Schelle’s, Beck’s, Kleinsorg’s Umgang, fieng an seine entomologischen Kentnisse durch Briefwechsel mit Poda, Schrank, Füeßli, seinem Vetter, von Leicharting, und Panzern zu vermehren, wechselte literarische Briefe mit Meusel und anderen und erwarb sich mehrere gelehrte Freunde: einen Schinz zu Zürich, einen Ziegler zu Wintherthur u. a. m. Jetzt ist er zu Zell im Zillerthal, einem Thale im Salzburgischen, an der Tyrolischen Gränze. Da ist sein Berufsgeschäft,
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gerichtliche Praxis – die ihm nicht sonderlich behagen mag. Gedruckt finden Sie von ihm in Füeßlins
Magazin IV, St. den Anfang eines Verzeichnisses Salzburgischer Insekten, und Anmerkungen zu der
Panzerschen Ausgabe des Voetschen Käferwerks. In Salzburg ist von ihm gedruckt: eine Abhandlung
über die Schädlichkeit der Insekten, aus den Amoenit. acad. Linn. mit Professor Biwalds Zusätzen,
aus dem Lateinischen mit Anmerkungen übersetzt, gr. 8. 1783. davon wird das zweyte Bändgen, das
seine Zusätze und Salbergs Mittel gegen die Wanzen enthält, auch bald die Presse verlassen.
Beynahe ausgearbeitet liegt von ihm ein Versuch einer Schulen- und Gelehrten-Geschichte der
Benediktiner-Abtey Kremsmünster.
Was läßt sich nicht von einem so hoffnungsvollen und gelehrten jungen Edelmann erwarten, wie
viel wird er nicht zur Aufklärung seines Vaterlandes beytragen, wenn seine Gaben und Kenntnisse
in dem ihnen angemessenen Wirkungskreis, benutzt werden.
B.[ernoulli]
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Des Ritters Karl Ehrenberts v. Moll Briefe an Hrn. Prof. Heinrich Sander, über eine Reise von Kremsmünster nach Moßheim im Salzburgischen. 1780. Erste Abtheilung.
Erster Brief.
Salzburg, den 1. Jul. 1782.
Sie erlauben mir, Ihnen die wenigen Bemerkungen mitzutheilen, die ich auf einer Reise von Kremsmünster nach Moßheim im Herbste des Jahres 1780 gemacht habe. Mit lebhaftem Vergnügen unterzieh ich mich dieser Arbeit. – Hier sind sie – dafür mögen Sie’s aber auch auf Ihre eigene Rechnung setzen, wenn Sie zuweilen lange Weile dabey anwandelt. – Putz müssen Sie ja nicht erwarten. Gerade so, wie mirs beyfällt, setz’ ichs her – Nur will ich auch Bemerkungen, die ich erst während meines Aufenthalts hier gemacht habe, mit einflechten. Es sind freylich nur Fragmente, -- aber sind
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nicht alle Reisebeschreibungen Fragmente, die zur Länder- und Völkerkunde ein Gemische von Materialien enthalten, aus dem sich der Geographe – Statistiker – Litterator – herausnehmen möge, was sie für ihre specielle Betrachtungen behaglich finden? Ich müßte mich sehr irren, wenn nicht Beyträge von dieser Art mehr zu Verbreitung gemeinnützlicher Kenntnisse taugten, als alle die Riesenbände über Schulfragen, aus denen man am Ende nicht ein Haar klüger geworden ist, als mans beym ersten Kapitel war – mehr als etliche hundert Romane, mit allen dem Gewirre von Abentheuern, Liebesgeschichten, und Possen – mit deutsch oder lateinischen Lettern gedruckt – oder wohl gar mit bezaubernden Vignetten von Chodowiecki ausstaffiret. Nun zur Reise –
Der 3te September wars, an dem ich Kremsmünster, das mir unvergeßliche Kremsmünster verließ. All mein Gefühl von Dankbarkeit regt sich bey den Namen Fixlmillner, Pasterwitz, Mödlhammer, Langhaider: Wie viele glückliche Tage flossen mir an der Seite dieser würdigen Männer unter meinen akade-
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mischen Beschäftigungen dahin! – Ich will Ihnen bis zur ersten Station ein klein Gemälde von
dem Kloster machen.
Kremsmünster (Cremifanum, Cremiphanum) ist ein Marktflecken mit einer Benediktiner-Abtey in
Ober-Österreichs Traunviertel. Stellen Sie sich ein Thal vor, das sich von Süden gegen Norden
richtet: das angenehmste fruchtbarste Tal, das man sehen kann: daran schließen sich von beyden
Seiten eben so fruchtbare grünende Hügel (es sind nichts mehr als etwas ansehnliche Hügel,
wiewohl man sie da gemeiniglich Berge nennt) – durch die Mitte lassen sie zwischen reichen
Saatfeldern und Obstgärten in sanfter Bewegung einen kleinen Strom schleichen, - und Sie haben
die Gegend um Kremsmünster. Der Marktflecken liegt an dem Fuße eines Hügels: er zählt zwar
ziemlich viele Häuser: sie sind aber meist niedrig, unansehnlich, und liegen etwas zerstreut.
Das ansehnlichste Gebäude ist eine Tuchfabrik, die aber jetzt fast nicht mehr betrieben wird.
Durch die Obstgärten und Saatfelder der Bürger fließt die Kremse hin, ein kleiner Fluß, von
dem das
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schöne Kremsthal, der Markt, das Kloster und das gegenüberstehende Schloß Kremseck ihren
Namen haben.
Mitten an dem Hügel über den Marktflecken erhebt sich die Abtey: sie liegt hoh genug, um
ausser der malerischen Landschaft umher noch einen guten Theil der Gegenden um Enns und
Steier zu übersehen. Das Klostergebäude ist mehr einfach, und männlich, als mit Pracht gebaut;
es ist aber von einem ungemein großen Umfange. Die Einfahrt ist von der Abendseite; nur etliche
Schritte davon läuft die Poststraße von Wels nach Steier vorüber. Durch ein ansehnliches Thor
kommt man in einen geräumigen, viereckigen Platz, an dem sich zween Flügel der beyden großen
Meyerhöfe anschliessen. Aus diesem Platze führt eine steinerne Brücke über den Teich, der an
beyden Seiten nach der Länge der Wirtschaftsgebäude hinliegt, in den innern Klosterhof.
Diesen schließen von einer Seite die Zimmer der Winter-Abtey, von der anderen die Schulen
und Kanzleyen, von der dritten die Flügel für die Gastzimmer, von der vierten die Akademie
und das
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Theater. An der Ostseite erhebt sich die prächtige Sternwarte, und südwärts liegen die
Sommerabteyen, der große Saal, und die Zimmer der Konventualen. Die herrliche Aussicht,
die diese genießen, ist von einer Seite durch die Berge Steyermarks, von der anderen
durch die kaum erreichbaren Böhmischen Gebirge begränzt.
Dies Kloster ward im Jahre 777 vom Bayrischen Herzog Thassilo gestiftet: und zählt jetzt
wirklich 111 Benediktiner. Der jetzige Abt heißt
Erenbert III., und ist aus dem Hause
der Meier von Lautenbach; ein Mann von ansehnlicher Statur, und einer offenen,
einnehmenden Gesichtsbildung. Von mehr als 90 Köpfen ward er einstimmig zum Abte
erwählt. Mit großen Kenntnissen, besonders aus der Oekonomie und Naturgeschichte,
verbindet er den angenehmsten gesellschaftlichen Umgang.
Hr. de Luca *) giebt zur Summe der Besitzungen des Klosters an Geld und Geldeswerth
6 Millionen an. In Oberösterreich besitzt es die ansehnlichen Herrschaften Pernstein,
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*) Beyträge zur Topographie des Landes ob der Ens in dem VI. Bande der Bernoullischen Sammlung p. 164.
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Scharnstein, Weissenberg, Biberbach, Eggenberg, Leobach, Kremseck, Weier, und Neubau; in
Niederösterreich, große Weingüter in den Gegenden Nußdorf, Gumboldskirchen, und Kloster
Neuburg; in Ungarn Weingüter um Ofen, in denen auch vorzüglich guter weißer Wein wächst;
endlich ansehnliche Häuser in Wien, Ofen, Linz, Wels, Kirchdorf etc.
Die Vorzüge, die diese Abtey über alle andere Klöster dieser Provinz erheben, sind die
adelige Ritterschule und die herrliche Sternwarte. Schon im Jahre 1549 ward da ein
Gymnasium errichtet, und der Grund zu dem sogenannten Musäum gelegt. Dies zählt nun
mehr als 400 Knaben, die theils für ein sehr mäßig Kostgeld, theils auch unentgeltlich
von der Abtey verpflegt werden. Die letztern heißen Gratianer, haben Kost, Wohnung,
Kleidung, und vorzüglichen Unterricht in der Tonkunst: dafür müssen sie Dienste in
der Kirchenmusik leisten.
In dem berühmten Benediktiner-Stift Ettal in Bayern bestand eine adelige Ritterschule,
die
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auch von Österreich einen großen Zufluß junger Edelleute hatte, aber durch einen
fürchterlichen Brand, der diese Abtey ganz in die Asche legte, war die Ritterschule
eingegangen. Dies gab dem berühmten Kremsmünsterschen
Abte Alexander Fixlmillner,
einem Oheim des gelehrten Prof. Fixlmillner, der sowohl seiner Gelehrsamkeit, als
sonderbaren Charakters wegen merkwürdig war, Gelegenheit an die Errichtung einer
neuen Ritterschule zu denken, die den Verlust der Ettalschen ersetzte. Er suchte
dazu die Erlaubniß bey der großen Kaiserin Theresia, und erhielt sie wirklich
im Jahre 1744 durch das Diplom, das dem 4ten Bande des Codic. Austriac. p. 152.
und dem ersten Bande der Zieglbauerschen histor. litterar. Ord. S. Bened. p. 278.
ganz eingerückt ist.
In Linz bestand eine landschaftliche Akademie, die den Jesuiten anvertraut war.
Im Jahre 1752 übernahm sie Abt Alexander von den Landständen, mit denen er einen
ordentlichen Vertrag darüber errichtete. Diese Stiftung war für 8 Adeliche aus
den Landfamilien, und eben so viele nicht-Adeliche, meist aus den
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landesfürstlichen Städten, gemacht. Diese letztern erhielten ihren Platz im Musäum,
die erstern wurden mit der Akademie vereinigt. Steht nun ein Platz durch den
Abtritt eines Pensionairs offen, so schlagen die Stände zu dessen Erfüllung dem
Wiener Hofe drey junge Edelleute vor, aus denen der Hof einen erwählt. Nun
sollen freylich die Pensionaire nur aus Oesterreichischen Landfamilien seyn:
man hat aber seit geraumer Zeit sich an diese Verbindung nicht gehalten, und
die Landstände haben dem Hof dagegen immer Vorstellungen ohne Wirkung gemacht.
In diesem Jahre zählt die vereinigte Ritterschule 21 Pensionäre, und andere
Edelleute.
Die Gelegenheit, bey der man dem Abt Alexander die Übernahme der landschaftlichen
Stiftung vorschlug, war, wie man mir sagte, diese: die Jesuiten fanden die
Kapitalien, die zur Unterhaltung der Akademie dienen sollten, unzulänglich,
um 16 junge Leute daraus zu verpflegen, und ihren Unterricht in den
Wissenschaften zu geben. Sie machten darüber den Ständen Vorstellungen,
und suchten Geldbey-
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träge nach; die Stände waren gerade dazu am wenigsten geneigt, und entschlossen
sich, dem Abte die Vereinigung dieser Stiftung mit seiner Ritterschule
vorzuschlagen. Alle Bemühungen der Väter dies zu verhindern, waren nun
vergebens, der Abt nahm den Antrag an, und der Vertrag darüber ward errichtet.
Zur Geschichte der Akademie gehört vorzüglich die Veranlassung der im Jahre
1779 erfolgten Bestätigung derselben. Bis 1778 war Kremsmünster im ruhigen
Besitze seiner Akademie; in diesem Jahr fieng man, vorzüglich in Linz an,
Plane zur Verlegung der Ritterschule nach dieser Stadt, die vermuthlich
schon lange gedacht waren, öffentlich an Tag zu legen. Gegründete üble
Meynungen von den Vorlesungen isolierter Klostergeistlichen, wie sich Hr.
de Luca ausdrückt – widrige Begriffe von Klosterstudien überhaupt – schiefe
Eindrücke von Vorurtheilen – Privathaß – oder ein Gemische aus allem
diesen – was immer der Beweggrund gewesen seyn mag, solche Plane zu
entwerfen – genug, man arbeitete mit vereinigten Kräften, der Abtey ihre
Ritterschule
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zu entreißen. Man gieng so weit, daß man sogar das Recht der Abtey öffentliche Schulen zu halten bestritte. In einem landeshauptmannschaftlichen Dekrete an den Prälaten hieß es: „Kremsmünster sey ad studia publica nicht „berechtigt.“ Es ist wahrhaftig wunderbar, daß man eine Aesserung machen mochte, die durch das durch den Druck bekannte Diplom der Abtey offenbar widerlegt wurde: denn da steht ausdrücklich, „Setzen und wollen - - „daß in selber als öffentliche Schulen die Professors ihre Studia und Lectiones tradiren und geben.“ Bey allen denen Angriffen konnte ganz natürlich der Abt nicht gleichgültig seyn; man machte der großen Kaiserin darüber Vorstellung, deren Wirkung und das Ende des Streites das Hof-Rescript war, das ich hier unten *) als wichtiges Stück zur Geschichte der Akademie ganz einrücke.
---
*) Von der Römischen Kaiserin zu Hungarn und Böheim Königl. Apostol. Majest. Erzherzogin zu Österreich, unser allergnädigsten Frauen wegen, dem würdigen Herrn Erenbert Abten des Gotteshauses Kremsmünster auf desselben in Angelegenheit der bey desselben Stift bestehenden Aka-
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Um sich dieser Bestätigung würdig zu machen, führte der Hr. Abt 1781 die Vorle-
---
demie allerhöchsten Orts allerdemüthigst eingereichten Vorstellung hiemit in Gnaden anzufügen: was massen allerhöchst gedacht Ihrer Maj. die nutzbare Verwendung des demselben unterstehenden Stifts zum Besten des Staats, und die gute Verfassung der Akademie zur besondern gnädigsten Zufriedenheit gereiche. Gleich wie bishero, also auch für das künftige in voller Maaß angedeihen zu lassen, gnädigst nicht abgeneigt seye, also hätten Allerhöchst Dieselben zu dessen Bestätigung allergnädigst zu resolviren geruhet, daß sothane durch so viele Jahre mit Ruhm bestehende Akademie daselbst in ihrer dermaligen Verfassung ungeändert gelassen, bey dem 1744 über die Studien und öffentlichen Schulen ertheilten höchsten Bestätigungs-Diplomare erhalten, und geschützet, auch die daselbst befindlichen ständischen Alumni nach Inhalt des im Jahre 1751 mit den Ständen errichteten feyerlichen Contrakts allda für beständig und unwiderruflich gelassen, die dermalige in dem Lehramt ergraute und durch herausgegebene gelehrte Werke sich um das Publikum verdient gemachte Professors von aller Prüfung enthoben, dahin die neu anzustellen kommende Lehrer vorher jedesmal, aber nicht in Linz, sondern allhier in Wien unausbleiblich geprüfet werden sollen. Welche so geschöpfte
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sungen über Kirchengeschichte, und 1782 über das peinliche Recht ein. –
Ich bin in der Geschichte der Akademie etwas lange geworden: Nun von ihrer
Verfassung.
Die Lehrgegenstände können Sie am füglichsten aus folgendem Lektionskataloge
nehmen, nach dem auch der Aufsatz in des Hrn. Ekkards literarischen Handbuche
II. Theile S. 182. berichtigt werden kann.
---
Allerhöchste Resolution solchemnach ihme Herrn Abte hiemit zur Wissenschaft, auch guter Versicher- und Nachachtung mit dem bedeutet wird, daß hiernach unter einem das erforderliche an die Landeshauptmannschaft ob der Enns zur Benachrichtigung dasiger Herren Stände ergehe. Und es verbleiben Ihro Maj. mit Kaiserl. Königl. auch Erzherzogl. Gnaden demselben wohlgewogen. Decretum per sacram Caesareo regiam Majestatem in Consilio concellariae Bohemico Austriaco auiicae. Viennae die 21. Aug. 1779. Heinrich G. von Blünegen. Leopold G. von Clari und Aldringen. Johann von Strerenitz.
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Placidus Fixlmillner, von Achleiten in Österreich,
geboren 1721; der adelichen Ritterschule Regent, Dekan der höhern Klassen.
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Theodorich Tuaillon, aus Burgund, geboren 1719. Lieset über die Moraltheologie nach
Antoine, Montag, Mitwoch und Freytag von 2 bis 3 U. Nm. Sonnab. von 8 bis 9 U.
früh und Pastoral-Theologie nach Pitrof. Ist zugleich Subregent bey der adelichen
Ritterschule.
Urban Teufel, von Scheibs in Österreich, geb. 1745. Lieset über die Hermeneutik
des alten Testaments nach Frida, des neuen nach Haid, Montag und Freytag von
3 bis 4 Uhr. Mitwoch von 9 bis 10 U. früh. Sein Kurs dauert 2 Jahre; im ersten
lieset er über das alte, im 2ten über das neue Testament. Ist zugleich zweyter
Klosterbibliothekar.
Beda Plank, von Weier in Österreich, geb. 1741. Lieset über die geistliche Beredsamkeit
nach Wurz, Freytag von 3 bis 4 U. Nm. Ist zugleich zweyter Präfekt der niedern Schulen
und des Musäums.
Zuerst
[301]
hat sein Kurs 2 Jahre gedauert, hinführo nur eins.
Silvester Langhaider, von Berkheim in Österreich, geb. 1717.
Lieset über das deutsche
Staats- und Lehensrecht, beydes nach Maskov, Montag, Mitwoch, Freytag und Sonnab. von
8 bis 9 U. früh. Ist zugleich Archivar, erster Bibliothekar, und hat die Aufsicht über
die Gemälde- und Kupferkabinete.
Wolfgang Leuthner, von Scharnstein in Österreich, geb. 1744.
Lieset über die Pandekten
nach Heineccius, Montag, Mitwoch und Freytag von 9 bis 10 U. früh; von 3 bis 4 U. Nm.;
nach vollendeten Pandekten über das peinliche Recht nach Hupka.
Ulrich von Oettl, von Achleiten in Österreich, geb. 1731. Lieset über die Institutionen
und Geschichte des römischen Rechts nach Martini und Heineccius, Montag, Mitwoch und
Freytag von 8 bis 9 U. früh. Ist zugleich Subregent und Bibliothekar an der
adelichen Ritterschule.
Jakob Copisi, von Welß in Österreich, geb. 1742. Lieset über Natur- und
allgemeines Staats-
[302]
und Völkerrecht nach Martini, Montag, Dienstag, Mitwoch, Donnerstag und
Freytag von 9 bis 10 Uhr, Sonnab. von 10 bis 11 U. früh.
Aemilian Braunschmiedt, von Welß in Österreich, geb. 1750. Repetirt über
die geistlichen Rechte Dienstag, und Donnerstag von 3 bis 4 Uhr, Sonnab.
von 2 bis 3 U. Nm.
[303]
Johann Graf zu Lodron, von Salzburg geb. 1740. Lieset über die Logik,
Metaphysik und Ethik nach Baumeister, Montag, Freytag und Sonnab. von 8 bis 9 Uhr
früh. Ist zugleich Subregent der adelichen Ritterschule.
Bonifaz Schweigert, von Landau in Bayern, geb. 1734. Lieset über die Elementarmathesis
nach Wolf, mit praktischen Übungen, Montag, Mitwoch, Freytag und Sonnab. von
2 bis 3 Nm. Ist zugleich Präfekt der niedern Schulen und Direktor der deutschen
Hauptschule.
Alle diese Lehrer sind Benediktiner aus dem hiesigen Stifte.
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und seinen Übungen. In der italiänischen nach eignem Handbuche, täglich von 4 bis 6 U. Nm.
Joh. Blasius Frank, lehrt die Ingenieur-Wissenschaften, Rechen- Feldmeß-
bürgerliche und Kriegsbaukunst theoretisch und praktisch, täglich von 10 bis
11 Uhr früh mit Excursionen; privatissime Zeichenkunst.
Jos. Leutner, Vater und Sohn geben Unterricht im Reiten, Dienstag und
Donnerstag von 1 bis 4 Uhr Nachmittag.
Linder, im Tanzen, Dienstag, Donnerstag und Sonnabend; im Fechten Montag,
Mitwoch und Freytag von 1 bis 2 Uhr Nm.
Die Schriften dieser verdienstvollen Männer findet man in Meusels gelehrten
Deutschlande, und de Luca’s gelehrten Österreich. Von dem großen Fixlmillner
werde ich Ihnen bey Gelegenheit der Sternwarte, und von Pasterwizen bey dem
Theater mehr sagen. Vorzüglich empfehlen sich diese beyden Gelehrten durch
einen sanften, fließenden, und deutlichen Vortrag. Der Hr. Prof. Mödlhamer
verdient sowohl von Seite seiner tiefen Gelehrsamkeit, unermüdeten Fleißes,
als seines menschenfreundlichen Charakters alle Achtung. Der
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Hr. Prof. Copisi hat vom Hofe den Auftrag, eine Vaterlandsgeschichte zum Gebrauche der Schulen zu schreiben. – Noch muß ich hier über den vortreflichen Hrn. Ingenieur Frank eine Bemerkung machen. Er ist ein geborner Franke, von etwas kleiner Statur, und einer Gesichtsbildung, die gleich beym ersten Anblicke seinen feurigen Charakter verräth. Zu bewundern ist die Betriebsamkeit, die dieser Mann bey seinem ziemlich hohen Alter noch hat. Er verbindet tiefe Kenntnisse aus allen Theilen der Ingenieurwissenschaft, sonderlich im praktischen, mit eben so ausgebreiteten in der Ökonomie, Chemie, Naturgeschichte, sonderlich der Botanik, und Mineralogie. Mit lebhaftem Eifer sucht er seine Schüler zu nützlichen Bürgern zu bilden, und macht mit ihnen ausser seinem Amte noch sehr nützliche ökonomische und naturhistorische Spatziergänge. Nur spricht er zuweilen sehr viel von hermetischer Philosophie – begeisterten Braminen – heiliger Magie, und kömmt in seinen ganzen Enthusiasmus, wenn er auf Theophraste – Bernharde von Treviso – Sendyvoge – und ähnliche Schwärmer geleitet wird.
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Erlauben Sie mir auch noch eine Bemerkung über die Stelle der de Lucaischen Beyträge (S. 135): wo er sagt, daß „in Kremsmünster alles ähnliche gelehrt werde, was in Linz gelehrt wird, das peinliche Gericht ausgenommen.“ Der Satz ist gerade so wie er da liegt, richtig, aber er leidet nicht die geringste Verkehrung: denn im Liceum zu Linz (nicht Universität, wie es bei Ekkard im II. Bande des litt. Handb. S. 186 heißt) wird nicht alles gelehrt, was in Kremsmünster gelehrt wird. Im theologischen Fache waren in Linz vorhero vier Lehrer, nun sind nur drey: davon einer über das Kirchenrecht, das sie auch zur Theologie und Kirchengeschichte rechnen: der zweyte über Hermeneutik und orientalische Sprachen, und der dritte über Dogmatik liest. Da der Professor der Moraltheologie fehlt, so müssen die drey übrigen diese Lücke ausfüllen. Im juristischen Fache ist ein einziger Lehrer, der über das Natur- und Völkerrecht, Geschichte des römischen Rechts und Institutionen liest: von einer Vorlesung aus den Pandekten, dem Staats- und Lehenrecht weiß ich nicht eine Sylbe. Es ist auch in dem ersten Bande des
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Ekkardschen litterarischen Handbuchs nicht mehr angezeigt. In die Stelle des verstorbenen Prof. Heyrenbach ist, als Lehrer der Rechte der Hr. Prof. Foelsch eingetreten. Nur im philosophischen Fache sind die Vorlesungen gleich. Dieß hab ich aus sichern Briefen von dasiger Gegend. Dieß von dem Zustande der höhern Klassen: ausser denen besteht in Kremsmünster ein Gymnasium, das mit folgenden Lehrern besetzt ist.
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Korbinian Schweigert, von Landau in Bayern, geb 1753. Lieset in der
ersten grammatischen Klasse.
Auch diese Lehrer sind Benediktiner von Kremsmünster; sie lesen alle,
17 Stunden die Woche. Sowohl in den höheren Schulen, als am Gymnasium
sind jährlich zweymal öffentliche Prüfungen, denen sich alle Schüler
ohne Ausnahme unterziehen müssen. Die Vorlesungen werden im ersten am
Feste Mariä Geburt, am letzten am Matthäitage geschlossen, und fangen
mit dem November wieder an.
Überdieß hat Kremsmünster seit dem Jahre 1776 eine deutsche Hauptschule,
die aus folgenden Lehrern besteht:
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Veit Pacher, erster weltlicher Lehrer an der Hauptschule. Lehrt
wöchentlich 26 Stunden.
Joh. Prunhuber, zweyter weltlicher Lehrer. Lehrt wöchentlich 25
Stunden.
Auch diese Schule hat jährlich 2 öffentliche Prüfungen, denen der
Hr. Abt, und ein Kommissair aus der Linzer Normalschule beysitzt.
Ich habe selbst öfters bey diesen Prüfungen mich des guten Fortgangs
dieser Schule, und der Geschicklichkeit der lieben Kinder gefreut.
Unter dieser Hauptschule stehen viele in der Gegend zerstreute
Trivialschulen. Diese Lehrer lesen auch für junge Leute, die sich zu
brauchbaren Geistlichen, oder Schullehrern bilden wollen, über die
Methode des Unterrichts in den Normalschulen nach dem Methodenbuche.
Nun müssen sie sich wohl schon müde gelesen haben an meinem Briefe.
Ich will die Nachrichten von den wissenschaftlichen Apparaten für
den künftigen behalten. Möchte Sie dieser Brief in besseren Gesundheitsumständen
antreffen, als mein letzter! Ein Wunsch, der nothwendig aus der unbegränzten
Achtung fließt, mit der ich unwandelbar bin
Ihr Moll.
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Salzburg, den 16. Jul.
Hier kömmt schon wieder ein Brief an Sie, verehrungswürdiger Freund! Sie erwarten Nachrichten von den wissenschaftlichen Apparaten in Kremsmünster? Hier sind sie. Die Abtey hat zum Behufe der schönen Lehranstalten, von denen ich Ihnen im letzten Briefe umständlichere Nachricht gab, auch für den zu jedem Unterrichte gehörigen Apparat gesorgt. Man hat gewiß herrliche Hülfsmittel, um sich nützliche Kenntnisse zu sammeln, an der prächtigen Sternwarte – an Bibliotheken – und anderen Sammlungen. Die Sternwarte ist ein herrliches Gebäude. Es hat eine Höhe von 29 Ruthen, und steht ganz frey an dem Hintergrunde eines Ziergartens. Der Abt Fixlmillner hat nach dem Entwurfe des bekannten Abts Desing im Jahre 1747 den Anfang zu dem schönen Gebäude gemacht. Der verdienstvolle Eugen Dobler, ein Benediktiner von Irrsee, der viele Kenntnisse in der Mathematik und Naturgeschichte besitzt, ward im Jahre 1746 hierher berufen, um die Mathesis
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an der Akademie zu lehren. Unter der Aufsicht dieses Mannes, zu dessen Empfehlung ich statt allem Lobe nur seinen nahen Umgang mit La Caille und Reaumurn während eines ziemlich langen Aufenthalts in Paris anführen darf, ward der kostbare Bau geführt. Man war schon über einen Garn in die Höhe gekommen, als durch ein großes Versehen des Baumeisters ein großer Theil vom Gebäude wieder einstürzte. Ein Unfall, der die Vollendung der Sternwarte bis 1758 verzögerte. In diesem Jahre ward das prächtige Observatorium zu Stande gebracht, davon Sie das äussere in der Vignette auf dem Titelblatte des Fixlmillnerschen Decennii Astronomici Cremifanensis und in einer Kupferplatte zum IVten Bande der Bernoullischen Sammlung von Reisebeschreibungen sehen können. An der Ostseite lieset man über dem Haupteingange diese Inschrift:
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über dem Eingange an der Abendseite lieset man:
Von der inneren Einrichtung der Sternwarte hat Hr. Prof. Fixlmillner in einem französischen Aufsatze, den Herr Bernoulli seinen Lettres sur différens sujets eingerückt hat, eine Beschreibung gegeben. Den Observationssaal können Sie im Durchschnitte auf einer Kupferplatte in der Bernoullischen Sammlung von Reisebeschreibungen IVten Bande sehen. Von Anfang besorgte Eugen Dobler die astronomischen Beobachtungen; im Jahre 1761 übernahm sie der große Prof. Fixlmillner. Ein Mann, der über all mein Lob erhaben ist. Die überzeugendsten Beweise seiner Verdienste kann man im Journal des scavans, in mehreren Bernoullischen Werken, in Meusels gelehrt. Deutschlande, und de Lucas gelehrtem Österreich finden. Es ist gewiß selten, so viele Stärke in zwo so weit entfernten Wissenschaften, als das Kirchenrecht und die Sternkunde sind, in einem
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Manne zu treffen: und ich weiß wahrhaftig nicht, ob man diesen Gelehrten mehr wegen seiner ausgebreiteten Gelehrsamkeit bewundern, oder wegen seiner schönen Denkungsart lieben soll. Mein Freund! er war so wohlthätig gegen mich, daß ich nimmermehr im Stande seyn werde, all das Gute zu belohnen, das er an mir verübt hat. Dieser Gelehrte dirigirt die Observationen an der Sternwarte seit 1761. Mit welchem Fleiße – mit welcher Geschicklichkeit er es thue, davon ist sein herrliches Decennium astronomicum Cremifanense Zeugniß, das seine Beobachtungen vom Jahre 1765 bis 1775 enthält. Wie sehr ist es zu wünschen, daß wir von diesem schönen Werke noch mehrere Theile erhalten mögen! Aber der Mann hat mit zu vieler Anstrengung seine Tage verarbeitet, als daß seine Gesundheit noch so standhaft seyn könnte, als es jeder Freund der Wissenschaft wünschen muß. Zu Gehülfen an der Sternwarte hat er den Prof. Derflinger, und Benno Waller einen Salzburger, dessen seltene Talente große Schritte in den Wissenschaften versprechen. Viele mathematische Instrumente, die sich in
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der Sternwarte befinden, sind von der Arbeit eines Mannes, der von Anfang
nichts weiter als ein Zimmermann war: durch natürliche Anlage und seltene
Bemerkungsfähigkeit hat Illinger es unter der
Leitung des Prof. Fixlmillner
so weit gebracht, daß er nun selbst mathematische Instrumente, z. B. sehr
große Mauerquadranten sowol sehr genau als reinlich verfertiget. Sein
Sohn,
der nach der Physiognomik betrachtet, sehr wenig verspricht, hat sehr viel
Geschicklichkeit im Zeichnen. Er hat zu den Kupferplatten über diese
Sternwarte in dem IVten Bande der Bernoullischen Sammlung die Zeichnungen
gemacht.
Die Abtey hat zwo Bibliotheken: die Klosterbibliothek, und die akademische.
Diese letztere ist zum vorzüglichen Gebrauche der Lehrer und Eleven an der
Ritterschule bestimmt. Sie enthält meist nur Schulbücher, und klassische
Schriftsteller. Der Grund dazu ward bey Errichtung der Akademie durch
Duppleten aus der Klosterbibliothek gelegt. Der Herr Prof. Oettl, der
die Aufsicht darüber hat, arbeitet eben daran, ihr die gehörige
Ordnung zu geben,
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die sie bisher vermißte.- Merkwürdiger ist die Klosterbibliothek; ist ist auf einem großen Saale, der an dem Konvente anstößt; er hält 34 Klafter in der Länge, 4 ½ in die Breite, 3 ½ in die Höhe; und ist von einem Salzburgschen Maler, Christoph Lederwasch, ausgemalt. Es thut mir leid, daß ich die Zahl der Bände nicht angeben kann. Man mag aus den angezeigten Ausmessungen einigen Schluß darauf machen. An Cod. Mscpt. zählt sie über 400. Zween, deren einer vom 8ten, der andere vom 9ten Jahrhunderte ist, bewahrt der Abt wegen ihrer großen Kostbarkeit in seiner Wohnung auf. Es enthalten beyde die 4 Evangelien und alte Abschriften von Urkunden. Der große Diplomatiker, Nuntius Garampi, rief, da man ihm den ersten zeigte, mit einer Gattung von Enthusiasmus: Codex vere millenarius! – S. Augustinus de sermonibus Domini in monte – zween andere, die verschiedene Auszüge aus den Reden der heiligen Väter enthalten, sind vom 9ten Jahrhunderte – Tractatus S. Ambrosii Episcopi de historia Iosephi captivi translata ab ipso ex graeco in latinum, enthält die dem Hegesippus
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zugeschriebene Historiam excidii Ierosolymitani, wie sie in
Bibliothec. max. PP. Lugdun. T. V. p. 1124 steht. Dieser Codex
war dem Fabricius bekannt, der in dem III. Bande seiner Biblioth.
latin. P. 440. davon Meldung macht. (s. Havercamp’s Ausgabe der
Werke des Iosephus Iudaeus IIten Theil im Anhange S. 58. und
Gallandi biblioth. Vet. PP. T. VII. p. XXX. b) – Ein Gradual
mit alten Musiknoten sieht dem sehr ähnlich, davon der berühmte
Fürst Gerbert de Musica ecclesiastica T. II. p. 62. einen Theil
in Kupfer stechen ließ: Es ist vom XIten Jahrhunderte – Ein
hebräischer Codex, den man in eine Rolle winden kann, enthält das
Buch Esther. – Endlich 40 arabisch- und türkische, die vermuthlich
nach der Belagerung Wiens vom Jahre 1683 hierher gekommen sind.
Darunter zeichnet sich vorzüglich ein besonders schön geschriebener
Alkoran aus.
Von Werken, die im XVten Jahrhunderte gedruckt sind, besitzt die
Abtey bis 700. Darunter sind 16 verschiedene Ausgaben der heiligen
Schrift in deutsch- und lateinischer Sprache – Mehrere von Peter
Schoisser in Maynz, und
[317]
zwar von 1469 bis 1479, von jedem Jahre wenigstens eins. – Virgilii opera Venetiis per Vindelinum de Spira 1470 auf Pergament sind sehr schön. – Küngsberger Kalender, von Bernard Maler, und Erhart Ratold zu Venedig 1478. Dies ist der nämliche, davon Gerbert in Itin. Alemann. p. 132. sagt, daß er sich zu Isei befinde – Die heiligen teutschen Evangeli und Epistel mit sampt den vier Passion: das hat gedruket unnd vollendet Hans Schönsberger, und Thoman Rüger in der Kaiserlichen stat Augsburg. MCCCCLXXXI Iare. Dieß Werk war dem gelehrten Verfasser der Annal. Typograph. Augustan. unbekannt. – Astexani summa de casibus conscientiae ist in drey verschiedenen Auflagen ohne Ort und Jahr hier. Von einer macht der vortrefliche Rath Denis in seinen Merkwürdigkeiten der Garellischen Bibliothek, S. 42 von der andern in seiner Einleitung zur Bücherkunde S. 94. Not. f. Meldung etc. etc. Ausserdem findet man hier sehr kostbare Werke, Marsigli Danubium – Encyclopédie. à Livourne 1770 – du Mont Corps diplomatique – Ugolini thesaur. antiquitatum sacrarum – Mont-
[318]
faucon Antiquité expliquée – Khevenhüller Annales Ferdinandeos,
Regenspurg. 1640. – Die großen historischen Werke des Grävius,
Gronovius u. a. – Viele Sammlungen von heiligen Vätern, Kirchenversammlungen,
Urkunden – Viele scriptores rerum germanicarum – Eine Sammlung juristischer
Disputationen, die 83 Quartbände, jeden etwa 4 Finger dick, stark ist etc. etc.
Von Werken zur Naturgeschichte habe ich ausser einigen älteren botanischen –
zween Bände von Seba’s Thesaur. rerum natural. – Der Müllerischen Ausgabe
des Linneischen Natursystems – und Schäfers Abhandlungen von Insekten –
wenig gefunden. Hier ist freylich eine Lücke, die ich noch beynahe
auf allen Klosterbibliotheken beobachtet habe – und die wohl etwa
daher kommen mag, daß man von dem Nutzen dieser Wissenschaft zu
wenig überzeugt, sie nur als ein Modestudium betrachtet. Es ist
sehr zu wünschen, daß das schöne Beyspiel des verdienstvollen
Abts zu Polling in Bayern, in diesem Fache mehr befolgt werde.
Ich erinnere mich mit wahrem
[319]
Vergnügen der lebhaften Freude, die ich empfand, als mir der vortrefliche Abt Wolfgang von Gleink, ein Mitglied der Lausnizischen Bienengesellschaft – Kramers exotische Schmetterlinge – Schrebers Säugethiere, und dergleichen prächtige naturhistorische Werke zeigte. Ich kann den Wunsch des Hrn. de Luca in seinen Beyträgen, daß die neueren Bücher etwas mehr Zugang fänden, eben nicht ganz verwerfen: nur muß ich dieß dabey bemerken, daß einige nicht ganz ungegründete Ursache von dem Mangel darinn liegt: die Lehrer schaffen sich die neuen Bücher, die zu ihrem Fache gehören, selbst, so viel möglich, an; nach dem Tode eines Lehrers wird seine Büchersammlung mit der Klosterbibliothek vereint: die Abtey ist also im voraus versichert, in solchen Fällen die neuern Bücher so ziemlich zu erhalten. – Freylich giebt es dann wieder unter den neuern Büchern nur gar zu viele, die sich mit den Finanzen der Professoren unmöglich vertragen können – und wo dann die Sache auf die Abtey selbst fälle. Die Kenntnis, die der jetzige Abt aus der Naturgeschichte besitzt, lassen die mögliche Aus-
[320]
füllung der Lücke um so eher hoffen, als die wenigen naturhistorischen
Werke, die sich hier finden, ohnedas ihm ihr Daseyn zu danken haben.
Daß sich die Abteyen in Österreich eben itzt nicht sehr um die
Vermehrung ihrer Bibliotheken und Sammlungen grämen, das, dünkt
mich, ist ihnen wahrhaftig nicht zu verargen: denn wer wird wohl
dem Virgil gerne sic vos, non vobis &c. nachsingen, wenn’s ihn so nahe zu
betreffen droht.
Nicht weniger herrlich ist der Apparat zur Naturgeschichte, und den
bildenden Künsten. Ausser den Vögel- Mineralien- Pflanzen- Kunstwerken-
und Gemälde-Sammlungen in der Sternwarte, ist die Sommerabtey reich an
Hülfsmitteln für den Liebhaber der Wissenschaften. Diese Zimmer zeigen
ganz den guten Geschmack des Herrn Abts, und seinen Hang zur
Naturgeschichte. In das erste derselben kömmt man aus einem
großen, angenehmen Saale, der die Gemälde der Habspurgischen
Kaiser in Lebensgröße enthält. Abt Alexander Strasser ließ
ihn im Jahre 1719 erbauen. Die Malerey am Plafond ist von
einem Münchner
[321]
Maler, Steuerl; die Stukkaturarbeiten, von Diego Francesco Carlone; die rothmarmorne Täfeley, von Spaz; und die großen Kaiserportraite von Martin Altomonte. Aus diesem Saale, in dem zu Sommerszeit an einer Tafel, auf deren Mitte das Wasser springt, gespeiset wird, kömmt man in ein Zimmer, darinn man eine ansehnliche Sammlung von inländischen Vögeln – Conchylien – sehr vielen Marmorarten, theils aus der Gegend von Kremsmünster, theils aus anderen Provinzen – incrustata aus dem Karlsbade – ziemlich viel von einheimischen Schmetterlingen – etwas weniges von Käfern – und sehr künstlich aus Muscheln zusammengesetzte Blumen findet. Diese letzten, so wie die Einrichtung der Vögelsammlung, sind ganz das Werk des oben genannten Hrn. Prof. Doblers. An dieses Zimmer stößt ein anderes, in dem die Handbibliothek des Hrn. Abts aufgestellt ist. Hier zeichnen sich vorzüglich die kostbaren botanischen Werke des Hrn. Prof. Jacquin aus. Mitten im Zimmer steht auf einem Tische eine ganze Grotte von einer Gattung intophirten Mooses, das Hr. Popowitsch in seinen Unter-
[322]
suchungen vom Meere S. 118. 119 beschreibt: Man hat bey meiner Anwesenheit in Kremsmünster ganze Lagen von diesem röhrichten intophirten Wesen, in einem Tuffsteinbruche ausgegraben. Im nächsten Kabinete sind in Kästen verschieden große Gebeine, die man in den Steinbrüchen in der Gegend der Abtey tief unter der Erde gefunden hat. Auch diese bemerkt Popowitsch im angeführten Orte. Man hält sie aber nicht mehr für Drachenköpfe, wie bey seinen Zeiten, sondern für Gebeine von Seethieren. Viele dünken mich große Ähnlichkeit mit Überresten eines Seekalbes (Phoca marina L.) zu haben. Aus diesem Zimmer kömmt man in das mit vielem Geschmacke angelegte Kupferkabinet. Hier treffen Sie die Thaten Alexanders des Großen nach le Brun von Gunst gestochen, fünf große Stücke, die ungemein schön sind – ein Marienbild nach Albrecht – viele Stücke nach den Gemälden Raphaels von Urbino – Rubens – van Dyk – Lukas v. Leyden – Albrecht Dürers – Rembrand’s – Jordan’s – Stella’s – Karl Maratti – Blomaert’s – Strada’s – Tintoret’s –
[323]
Perelli’s etc. etc. Hier findet auch der Mineraloge seine Rechnung
in einer ansehnlichen Stufensammlung. An das Kupferkabinet stößt
eine größere Gemäldesammlung. Hier sind vorzüglich merkwürdig: der
Winter, von Sandrart – ein Schweinskopf, von Hamilton – Schlachtstücke,
von Altomonte – Viehstücke, von Rosa – eine Geißelung, die man für
einen Blomaert hält, und verschiedene andere sehr schöne Stücke.
In der großen Gallerie in der Sternwarte erinnere ich mich die
Kreutzabnehmung, von Rottmeier, ein sehr schönes Gemälde, gesehen
zu haben. Das Manna, von Floris, eines der größten Stücke von diesem
berühmten Maler, ist in die prächtige kaiserliche Gallerie nach Wien
gekommen.
Noch zeigt man hier vortrefliche Zeichnungen eines Wieners, Ildephons
Schnepf, der 1722 als Benediktiner in dieser Abtey starb. Zwey Stücke
von ihm sieht man in der Sommerabtey, davon eins den Bethlehemitischen
Kindermord, nach Rubens, das andere die Tochter der Herodias mit dem
Haupte Johannes, nach Jordaens vorstellt. Ausser diesen
[324]
sind von ihm fünf schöne Stücke in der Sternwarte, als: ein Crucifix –
die unbefleckte Empfängniß - Kaiser Leopold – seine Gemalin Margareth -
und Abt Erenbert I. von Kremsmünster.
Die Aufsicht über die Gemälde- und Kupferkabinete hat der Hr. Prof.
Langhaider, nach dessen Plane beyde angelegt sind.
Über die Naturaliensammlungen hat sie Erenbert Richter, ein noch junger
Benediktiner an der Abtey, der aber viel naturhistorisches Genie hat.
Noch besitzt der Abt eine starke Münzsammlung; sie steht aber jetzt noch nicht
öffentlich. Der Kremsmünsterische Annalist, Marian Pachmair, arbeitet eben
daran, sie zum öffentliche Gebrauche zu ordnen.
Genug von Sammlungen. Nun auch etwas vom Theater. ---
Wie Sie mir bey diesem Worte so lüstern aussehen, Freund! –
Mich dünkt, ich errathe in Ihren Zügen jede Sylbe Ihrer Wünsche.
Sind’s nicht näherer Unterricht über den Geschmack, der auf diesem
Theater herrscht? – eine kleine dramaturgische Geschichte desselben? –
Mit Ver-
[325]
gnügen eil’ ich, so viel mir’s möglich ist, ihre Wünsche
zu erfüllen.
Das Theater steht in einem zwey Stockwerke hohen Gebäude, und ist
sehr geräumig. Abt Erenbert II. hat es von den Oberösterreichischen
Landständen zum Geschenke erhalten. Unter dem vorigen
Abte Berthold
Vogl, der ein gelehrter, aber äusserst hypochondrischer Mann war,
blieb es immer geschlossen. Die Ursache davon mag nun blos die üble
Laune des Herrn Abts – oder mitunter auch etwas von dem Grundsatze:
Theater ist Sittenverderbniß – gewesen seyn; genug, das Theater war
dort nichts weniger, und nichts mehr als ein Theater. Erenbert wurde
Abt – - und in einem Huy waren die Spinnengewebe aus der Schaubühne
weg. Der Mann hat zu viel Geschmack – und wußte zu gut, wie wohl man
ein Theater zur Bildung junger Leute benützen könne – als daß er es
länger geschlossen ließ.
Für die Aufnahme desselben bearbeiteten sich vorzüglich die beyden
Professoren, Pasterwiz und Plank. Von dem ersten versprach ich
Ihnen oben, bey Gelegenheit des Theaters mehr
[326]
zu sagen: ich will Wort halten. Pasterwiz ist ein gelehrter Mann: er hat vorzügliche Stärke in den philosophischen Wissenschaften. Ich hatte das Glück, seine Vorlesungen über das Natur- allgemeine Staats- und Völkerrecht zu hören. Sein sanfter, fließender Vortrag mußte nothwendig die vortheilhaftesten Eindrücke auf seine Schüler machen – ich habe wenigstens immer mit Ungeduld von einer Vorlesstunde auf die künftige gezählt. Überhäufte Geschäfte machten es ihm endlich nothwendig, diese Kanzel zu verlassen, und nur die von den politischen Wissenschaften für sich zu behalten. Darüber lieset er noch, und empfiehlt sich vorzüglich durch eine reine Sprache, und vernünftige Grundsätze. So sanft als sein Vortrag ist, eben so finden Sie seinen Umgang: der liebreichste, gefälligste Mann von der Welt. Seine Reisen durch den größten Theil Deutschlands, und Striche von Ungarn, Böhmen, Italien etc. haben seinen gesellschaftlichen Umgang sehr angenehm gemacht. Ausser dem ist er auch ein grosser Theoretiker in der Tonkunst: seine vorzügliche Stärke ist im Kirchenstyl, - er hat aber
[327]
auch Metastasio’s Giuseppe riconosciuto, und mehrere deutsche
Singspiele mit allgemeinem Beyfall in die Musik gesetzt. Da
Pasterwiz wegen seiner musikalischen Talente zugleich Chorregent
an der Abtey ist, so dirigirt er das Orchester.
Eben so eifrig arbeitet der Prof. Plank für die Aufnahme des
Theaters: er ist ordentlicher Direktor desselben. Unläugbar
ist es, daß er viele Talente für’s Theater hat, und sein
Trauerspiel: Socrates veritatis victima, würde gewiß doppelten
Beyfall verdienen, wenn es nicht Latein geschrieben wäre. Diese
Sprache war vordem die herrschende auf dem akademischen Theater:
so wie sie es vormals auch auf dem Universitätstheater in Salzburg
war. Zuversichtlich sind Sie mit mir darüber eins, daß sie,
wenigstens bey unsern Zeiten, auf dem Theater unleidentlich
übel klingt: und schon deswegen unanwendbar ist, weil drey
Viertheile der Zuhörer sie nicht verstehen. Wenn man so viele
Mühe angewandt hat, die lateinische Sprache von den
Lehrstühlen gemeinnütziger Wissenschaften möglichst zu
verdrängen, so muß man sie
[328]
mit ungleich besserem Grunde von der Schaubühne, die ein Ort des
Unterrichts für den Bürger sowohl als den Gelehrten seyn soll,
wegschleudern. Wie kömmts doch, mein Freund! daß wir Deutsche
in so manchen Sachen unausstehlich gerne undeutsch sind?
Abt Erenbert sah alles dieß zu gut ein; er befahl künftig deutsche
Schauspiele, und italiänische Opern zu geben. Seit dem Jahre
1771 sind auf dem akademischen Theater aufgeführt worden:
1771: Des Hrn. Abts Metastasio Abramo, mit Jomelli’s Musik.
1773. Des nämlichen Sant’ Elena al Calvario, mit Leonardo
Leo’s Musik.
1774. Desselben Gioas Re di Giuda, mit Wagenseils, und la Serva
padrona mit Pergolese’s Musik.
1775. Il Parnasso confuso, von Gluk.
1776. Prof. Plank’s, Samson, oder die Süsse vom Starken, von
Prof. Pasterwiz.
1777. Metastasio’s Giuseppe riconosciuto, von demselben.
1778. Pazke’s Tod Abels, ein Singspiel, von Rolle.
[329]
1780. Boccerini’s Fiera di Venezia, von Salieri.
1781. Goldoni’s buona figliuola, von Piccini in die Musik gesetzt.
Von deutschen Spielen: Stephanie’s Wirthschafterin, oder der
Tambour bezahlt alles – Geßners Erast, oder der ehrliche
Straßenräuber – Airenhofs große Batterie etc.
Da haben Sie eine kurze dramatische Geschichte Kremsmünsters.
Vorstellen können Sie sich, daß die Klostergebräuche einem
Geschöpfe von andern Geschlechte den Zutritt auf dieß Theater
schlechterdings unmöglich machen. Wenn also in dem Stücke, das
man geben soll, Frauenzimmer-Rollen vorkommen, da werden
Verwandlungen studirender Jünglinge in Schauspieler-Mädchen
nöthig. Freylich verliert durch diese verkappten Figurantinnen
das Werk äusserst viel. – Aber was soll man anders machen? –
Ich habe selbst einigemale eine so groteske Metamorphose gelitten.
So viel vom Kremsmünsterschen Theater – und so viel auch für heute.
Nächstens etwas von Gebäuden – und der Naturgeschichte dieser
Gegend. Ich bin etc.
[330]
Bermerkungen über meine Reise versprach ich Ihnen zu schreiben,
verehrungswürdiger Herr und Freund! – das ist schon der dritte
Brief, und meine Landkutsche hält noch immer am Thore der Abtey.
Beynahe fürchte ich, daß Sie ungeduldig darüber werden. Aber das
soll auch der letzte Brief über die Abtey seyn.
Die Gebäude Kremsmünsters betreffend, so sind sie von sehr großem
Umfange, sehr massiv, dabey aber ganz einfach, nicht mit so vielen
Verzierungen, wie das Kanonikatstift St. Florian, gebaut. Nur zwey
Worte von der Kirche, in Absicht auf Kunstgeschichte. Sie ist groß,
und Architektur sowohl, als Malerey, und Stukkaturarbeit sind das
Werk mehrerer berühmter Künstler, als Joh. Bapt. Barberini –
Joh. Columba – Anton Quadrio – Santini Capone – der beyden
Brüder Gräbenberger – Karl Antons Carlone – Joh. Bapt.
Mazza’s – Joh. Ben. Tallinger’s etc. Es sind einige sehr
schöne Gemälde unter den Altarblättern. Das Bild vom
Hauptaltare
[331]
ist eine Verklärung Christi von Andree Wolf, und sehr schön. Auf den zween zur Seite stehenden Altären sind die Martyrers-Geschichten der heiligen Agapet und Kandida, beyde von Karl Loth; nach andern von Daniel Syder. Auf denen seitwärts nach der Länge des Schiffs stehenden Altären sieht man den Tod des heil. Benedikt, und das heilige Kreutz, von Franz Karl Remp, Christus am Kalvarienberge, und Christi Leichnam, von Franz Innoc. Torriani – Johann und Paul – und Peter, und Paul, von Karl Loth, sind sehr schön – Joseph und Anna, von Franz Neve – die abgestorbenen Seelen, von Reslfeld. An den Pfeilern mitten durch die Kirche hangen 13 historische Gemälde, jedes 9 Fuß hoch, und 5 breit, alle von Remp. Vorne stehen zwo mehr als Manns-große Statuen des heil. Benedikts und seiner Schwester Scholastika – sie sind beyde aus weißem Marmor, von dem Salzburgschen Bildhauer Pfafinger, gearbeitet, und stehen auf roth-marmonen Fußgestellen von dem Linzer Statuar Spaz. Abt Alexander Strasser ließ sie anstatt einer andern silbernen Statue Benedikts in
[332]
Mannsgröße, die Joh. Seutter in Augspurg gemacht; Abt Honor aber
in den traurigen Kriegszeiten 1704 zum verschmelzen nach Wien
gegeben hatte, - aufsetzen.
Von ökonomischen Gebäuden sind vorzüglich merkwürdig, die zween
in’s Viereck gebauten großen Meyerhöfe, und der vortreflich
schöne Fischbehälter. In den ersten steht eine große Menge
Hornviehs, und mehr als 40 Pferde zum Dienste der Abtey, die
ausserdem auch auf einem 3 Stunden entlegenen Landgute Biberbach
eine eigene Stutterey angelegt hat. Der Fischbehälter ist sehenswürdig:
er besteht aus fünf, mit Statuen gezierten, Baßins: und umher sind
geräumige bedeckte Säulengänge, in denen eine Menge sonderbarer
Hirsch- Reh- auch Steinbock-Geweihe aufgestellt sind. Sehr große
Stücke Forellen werden hier mit einem Glöckgen zum Futter gerufen.
An die Meyerhöfe schließt sich von einer Seite ein großer Garten,
der so ziemlich in englischer Manier angelegt ist. Sie finden
hier einen Teich, auf dem zum Vergnügen, Schwanen, und wilde
Enten gehalten werden; -
[333]
dort eine Wiese, durch die sich ein silberner Bach zwischen Felder und Weidengesträuchen, in deren Schatten ich manche Stunde verentomologisirt habe, hinschlängelt – Daran schließt sich ein Hügel, auf dem ein schönes Lindenwäldchen den Freund der Natur einladet, im kühlen Schatten, unter dem stillen Geräusche sanfter Winde, die herrliche Aussicht auf die Kremse, und die östliche Gegend um die Abtey zu genießen. Hier hab ich manchmal die Sonne bey ihrem Aufgehen belauschet – manchmal am Abend die Hitze eines schwülen Sommertages im freundlichen Schatten dieser Linden abgekühlet, und mich im wärmsten Gefühle an den schönen Werken der Mutter Natur geweidet. – Sie verlassen das Wäldchen, Freund! und sehen an der rechten Seite die goldne Saat in Wogen gegen sie herströmen – an der Linken den Abhang des Berges, auf dem eine schattichte Aue Hirschen, Rehen, und Damhirschen Schutz anbeut. – Oder frommt’s Ihnen besser, zwischen hohen Alleen im dämmernden Schatten hinzuwandeln – oder hier im Garten sich am Dufte der Blumen zu weiden –
[334]
oder zwischen steinernen Bildsäulen aus der heidnischen
Götterlehre sich durchzuschleichen, und am sanften, süßen
Klange der griechischen Dichter zu ergötzen – oder sich über
den herrlichen Bau der Sternwarte zu freuen, und unter
astronomischen Betrachtungen an der durch den nächsten Baumgarten
hingeführten Mittagslinie zu
spatzieren – oder von einem am
Abhange des Berges gelegenen Pavillon im Kremsthale die Schönheit
des Frühlings zu betrachten – und mit Horazen zu singen:
Diffugere nives, redeunt jam gramina campis, arboribusque comae;
Mutat terra vices, et decrescentia ripas flumina praetereunt.
Freund! wie viel Angenehmes für Menschen, die die ganze
Schönheit der Natur mit so viel Wärme zu fühlen fähig sind,
als Sie.
Die Gegend um Kremsmünster ist eben so fruchtbar, als malerisch.
Der Boden ist, besonders gegen Norden, Welß zu, meist thonartig.
Der Ackerbau wird hier vorzüglich gut getrieben: man baut alle
Arten Getreides, als: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, in der
Gegend von Steir auch Heiden, Flachs; Mais sieht man hier
keinen.
[335]
Der Gebrauch des Mergels für Dünger auf Wiesen und Saatfeldern
ist hier ziemlich gemein: und man findet nahe an der Abtey große
Mergelgruben. Von Gemüse gedeihen hier alle Arten reichlich,
so wie auch, von Obst, und es werden in der Gegend von Wartberg,
südwärts der Abtey, jährlich einige 1000 Eimer Cyder gemacht.
Dies ist das Lieblingsgetränk des Österreichischen Bauers. Man hat
Cyder, oder Most, wie man ihn da heißt, der sich an Güte manchmal
einem guten Weine nähert: vorzüglich wird hier der Pillewitzer-Most
geschätzt.
Die Abtey hat eine Orangerie, wo alle Bäume im kalten Grunde stehen.
Im Winter kann man die ganze Orangerie eindecken; seitwärts wird
sie von aussen durch große hölzerne Balken, von innen durch Öfen
vor der Kälte geschützt. Im May, oder so wie die Witterung früher
oder später mildert, wird das Dach wieder weggenommen.
Ich versprach Ihnen auch eine kurze Naturgeschichte dieser
Gegenden – und finde mir’s um so behaglicher, meinem
Versprechen genug
[336]
zu thun, als wir dadurch beyde auf unser Steckenpferd zu
sitzen kommen, und darauf galopirt doch jeder Christenmensch
gerne herum.
Mineralogie betreffend, so weiß ich keine bearbeiteten Bergwerke
in der Gegend von Kremsmünster: wohl aber sehr schöne Gattungen
von Marmor – verschiedene Versteinerungen – und sehr große Tuffsteinbrüche –
von allem dem findet man hier zu Genüge. Der Botaniker findet sowohl
in der Ebene des Thals, als auf den nahen hohen Gebirgen seine Rechnung.
Ich habe mich meist mit Zoologie beschäftigt: und setze Ihnen eine kurze
Fauna dieser Gegend hierher, die wohl beynahe für ganz Österreich gelten möchte.
Von Säugethieren (Mammal.) hat man hier: 1) alle Gattungen zahmer
Hausthiere: als Ochsen, Kühe, Schweine, Pferde – Esel werden auf der
Stutterey gehalten – Maulthiere hat man vorzüglich bey dem Militaire
zum Gebrauch – gemeine Schaafe in großer Anzahl – spanische Schaafe
findet man in der Abtey Gleink, bey Hrn. von Steierer in Ebersperg
etc. auch das kretensische Schaaf (ovis strepsicoros,
[337]
L.) hab’ ich in der Gegend von Welß öfters gesehen, aber ich weiß nicht,
ob man da ordentlich solche Schaafe zieht. Ziegen werden in den gebirgigten
Gegenden gehalten; von Hunden habe ich hier folgende Unterarten
gefunden: den Haushund (Canis domesticus); den Spitz, oder Pommer
(Chien-loup.): er ist izt der Modehund, und genießt also in dem
Betrachte manchen wichtigen Vorzug vor seinen Verwandten.- Den Pudel
(Canis aquaticus); den Zwergpudel; den Bologneserhund (Canis melitaeus);
den Löwenhund (Canis leoninus); den Mops, (Canis fricator); die
englische Dogge, (Canis mastivus); den Jagdhund, (Canis fagax);
den Hünerhund, (Canis avicularius); den Dachs, (Canis vertagus);
und den Mezgerhund (Chien-Matin). – Hauskatzen werden überall in
Menge gehalten.
Ausser den Hausthieren fand ich: den gemeinen Maulwurf (Talpa europaea);
die Spitzmaus (Sorex araneus); die gemeine Fledermaus, (Vespertilio murinus);
die Zwergfledermaus (Vespertilio Pipistrellus); den Honigbär,
(Ursus arctos fusius): er kömmt meist
[338]
aus Steyermark herüber, und wird in den Kremsmünsterschen Gebirgen, auch im nahen Kammergute manchmal gefunden. – Den gemeinen Igel (Erinaceus Europaeus); die Gemsen (Antiolope rupicapra), welche in den Gebirgen an der Steyermarkischen Gränze gar nicht selten sind: man findet auch in den höchsten Örtern derselben die sogenannten Gratthiere. Hirsche (Cervus Elaphus), so wie auch Rehe (Cervus Capraeolus), giebt es ziemlich viele. Dammhirschen (Cervus Dama) hält die Abtey zum Vergnügen. Von Haasenarten sind hier der gemeine Haase (Lepus timidus), und in den Gebirgen nicht sehr selten der Schweitzerische Berghaase (Lepus timidus alpinus). Das Kaninchen (Lepus Cuniculus) wird auch hie und da als Haustier gehalten, so wie das Meerschweinchen (Cavia porcellus). Von Mäusearten fand ich die Ratte (Mus rattus); die Wasserratte (Mus amphibius); die gemeine Maus (Mus musculus); die Feldmaus (Mus terrestris); die kleine Haselmaus (Sciurus avellanarius). Ferner sind hier: das gemeine Eichhörnchen (Sciurus vulgaris); der Fischotter
[339]
(Lutra vulgaris); der Edelmarder (Mustela martes); der Steinmarder
(Mustela foina); der Iltis (Mustela putorius); das Wiesel
(Mustela vulgaris); der Dachs (Viverra meles); die wilde Katze
(Felis catus ferus) ist selten, so wie auch der Luchs (Felis lynx),
der meist nur von Steyermark über das Gebirge hereinklettert. Auch
die Wölfe (Canis lupus) sind selten, um so gemeiner aber die Füchse
(Canis vulpes). Das wilde Schwein (Sus scrofa aper) war vormals hier
sehr gemein, und die Abtey hat einem Wildschweine, das gerade da den
glücklichen Einfall hatte, sich über Herzogs Thassilo Sohn, Günther,
herzumachen, und ihm mit seinen Hauzähnen in die andere Welt zu
schicken, ihr Daseyn zu danken. Izt trift man hier keines von diesen
Thieren an. Dies wären beynahe alle Säugethiere, die man in dieser
Gegend findet. Zum Vergnügen wird hier und da der gemeine türkische Affe
(Simia Silvanus) gehalten.
Von Vögeln giebt es in diesen Gegenden ungefähr folgende: der
Gemsgeyer,
oder Lämmergeyer (Vultur barbatus) in den steilen Gebirgen, etwas selten:
Buffon hat hier, dünkt
[340]
mich , geirrt, wenn er den Vultur gryphus, und den Lämmergeyer der Alpen vermengt. Der Milan oder Hühnerdieb (Falco Milvus); der Taubengeyer (Falco palumbarius); Der Schuhu (Strix bubo); die Katzeule (Strix otus); die gemeine Eule (Strix aluco); die Stockeule (Strix scops); der Thorntroser (Lanius excubitor); der Grünspecht (Picus viridis); der Baumpiker (Sitta Europaea); der Wiedehopf (Upupa epops); der Baumhäkel (Certhia familiaris); der Schwan (Anas Cygnus) – er wird an der Abtey zum Vergnügen gehalten; die wilde Gans (Anas anser ferus); die zahme Hausgans (Anas anser domesticus); die Wildente (Anas boschas fera); die Hausente (Anas boschas domestica); die Schneegans (Anas hyperboreus); der Storch (Ardea Ciconia), - wird an der Abtey gehalten; - der Fischreiher (Ardea cinerea); die Heerschnepfe (Scolopax rusticola); die Moosschnepfe (Scolopax gallinago); der Kibitz (Tringa Vanellus); der Pfau (Pavo cristatus); der Kalekutsche Hahn (Meleagris Gallo-Pavo); der Haushahn (Phasianus Gallus); der Fasan (Phasianus colchicus); der Auerhahn (Tetrao
[341]
urogallus); der Birkhahn (Tetrago tetrix); das Schneehuhn (Tetrago lagopus); das Haselhuhn (Tetrao bonasia); das Rebhuhn (Tetrao perdrix); die Wachtel (Tetrago Coturnix); die Wildtaube (Columba oenas fera); die Haustaube (Columba oenas domestica); der große Raab (Corvus Corax); der kleine Raab (Corvus Corone); die Krähe (Corvus Cornix); die Dohle ( Corvus monedula – man nennt sie gemeiniglich Dahel; - der Heher (Corvus glandularius); die Elster (Corvus pica); der Kukuk (Cuculus canones); der Kirschvogel (Oriolus garrula), - man nennt ihn Vogelfiaus; - die Sanglerche (Alauda arvensis); der Staar (Sturnus vulgaris); die Bachamsel (Sturnus cinclus); der Mistler (Turdus viscivorus); der Krammetsvogel (Turvus pilaris); die Singdrossel (Turdus musicus); die Amsel (Turdus menela; der Krummschnabel (Loxia curvirostra); der Blutfink , Gimpel (Loxia pyrrhula); der Grünfink (Loxia chloris); der Emmerling (Emberiza citrinella); der Waldfink (Fringilla coelebs); der Buchfink, hier Nikowiz (Fringilla montifringilla); der Distelfink (Fringilla
[342]
caruelis); der Zeisig (Fringilla spinus); der Hänfling (Fringilla cannabina);
der Spaz (Fringilla domestica); die Nachtigall (Motacilla luscinia);
die Grasmücke (Motacilla curruca); die Bachstelze (Motocilla alba);
das Rothschwänzchen (Motacilla erithraeus); das Rothkröpfchen (Motacilla rubecula);
der Zaunkönig (Motacilla troglodytes); die Kohlmeise (Parus major);
die Blaumeise (Parus coeruleus); die Holzmeise (Parus ater);
die Rothmeise (Parus palustris); die Schneemeise (Parus caudatus);
die Hausschwalbe (Hirundo urbica); die Rauchschwalbe (Hirundo rustica);
das Schwarzplättgen (Motacilla atricapilla). Dies sind ungefähr die Vögel,
die man in der Gegend der Abtey findet.
Von Amphibien kamen mir vor: die Fluß-Schildkröte (Testudo orbicularia);
die gemeine Kröte (Rana bufo); der braune Laubfrosch (Rana temporaria);
der grüne Wasserfrosch (Rana esculenta); der Laubfrosch (Rana arborea);
die Springeidechse (Lacerta agilis); der Feuersalamander,
Molchwurm (Lacerta salamandra); die europäische Natter (Coluber
[343]
berus); die Ringelmotte (Coluber natrix); und die Bruchschlange,
Blindschleiche (Anguis fragilis).
Von Fischen: der gemeine Aal (Muraena anguilla); der Flußbarsch
(Perca fluviatilis); der Schraitser (Perca schraetser); die gemeine
Forelle (Salmo fario); die Lachsforelle (Salmo trutta); der
Salvelin (Salmo salvelinus); die Hauchforelle (Salmo hucho);
der Aesch (Salino thymallus); der gemeine Hecht (Esox lucius);
der Flußbarbe (Cyprinus barbus); der gemeine Karpf (Cyprinus carpio);
der Gründling (Cyprinus gobio); die Schleihe (Cyprinus trinca);
der Häseling (Cyprinus dobula); der Nasenfisch (Cyprinus nasus);
der Bartgrundel (Cyprinus barbatus), und der Bratfisch [sic!] (Cyprinus jeses).-
Noch giebt es ausser den kleinen Pfrillen, Koppen etc. im Gmundner See die
sogenannten Rheinanken. Dieser Fisch schmeckt vorzüglich gut, wenn er gleich am See,
frisch nach dem Fange, gekocht, und gegessen wird; aber er hält sich nicht lange
ausser dem Seewasser; und man kann ihn in der Ferne nur geräuchert, oder
marginirt erhalten. Die Abtey
[344]
besitzt ungefähr in einer Entfernung von 8 Stunden einen See, der
beynahe blos nur aus Brunnenwasser besteht. Hier werden die Karpfen,
Forellen, und Salveline ungemein groß und wohlschmeckend.
Die Insekten betreffend, hat schon mein verehrungswürdiger Freund,
Herr Direktor Schrank, ein Verzeichnis derselben für Österreich
bekannt gemacht: und die Herrn Denis und Schiffermüller haben die
Schmetterlinge desselben beschrieben. Ausser denen da angezeigten
Insekten fand ich: Scarabaeus rufus, den braunrothen Scharrkäfer;
Scarab. fossor, der grabende Scharrkäfer; Scar. Philanthus, der
Blumenfreund; Scar. dubius, Scopoli’s Scharrkäfer; Luc. cylindricus,
der walzenförmige Schrotkäfer; Dermestes pillula, der kugelförmige
Kleinkäfer; Silpha flavifrons, der Gelbstirn; Chrysomela longipes,
das langfüßige Goldhänchen; Curculio albinus, der Weißstirn;
Cerambyx Coriarius, der Sägeholzkäfer; Cer. Cerdo, der Fliker;
Leptura parallella, die Parallelle, und Tenebrio coeruleus, der
blaue Mehlkäfer. So viel für Naturgeschichte – und so viel für
heute. Ich bin etc.
MOLL, Karl Ehrenbert von 1783: Briefe an den Herrn Professor Heinrich Sander in Karlsruhe über eine Reise von Kremsmünster nach Moßheim im Salzburgischen. Im Herbste 1780, Erste Abteilung. Reise bis Salzburg, in: Bernoulli, Johann, Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntnis dienender Nachrichten, Jg. 1783, 11. Bd. Berlin, 283-358