Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

August 2006


Inklinatorium Inclinatorium magneticum
Grundplatte: Solnhofer Platte, 25,5 x 25,5 cm, Höhe mit Messingvisier 9 cm
Stativ mit Vollkreis: Messing, Skala versilbert, 29 cm Durchmesser
Magnetnadel: Stahl gehärtet, 26,2 x 1 cm, Stärke 1,5 mm
Inv. Nr.: 16070201, Fell.-Nr.: Magn. 20

Foto: P. Amand Kraml


Inclinatorium magneticum von Georg F. Brander

In seinem Brief vom 4. Februar 1771 bietet Georg Friedrich Brander aus Augsburg dem Direktor der Sternwarte P. Plazidus Fixlmillner fünf Geräte an, unter denen an erster Stelle dieses Inclinatorium magneticum steht:
"1mo [primo] ist bereits noch ein von meinem neuen nach der Bernoulianischen Theorie Construiertes Inclinatorium magneticum vorhanden als wovon eines nach Prag von RP. u Pr Stepling wie auch eines nach St. Emeran in Regensburg diese vorher schicken werde vorhanden. Es hat zwar H. P. Euler Vater u Sohn in Berlin, damahlen, als ich das erste dahin schickte, in denen acad. Memoirs hievon weitläufig gehandelt ich werde aber auch noch eine Beschreibung hierüber drucken lassen und inzwischen von einer schriftlichen die ich mitgebe dienen, der engste Preiß hievon ist mit der Embolage a f. 90."
Im Brief vom 9. März 1771 gibt Brander Nachricht vom Versand des Instrumentes. Es wurde zugleich auch das Deklinatorium geliefert. Der Sendung beigefügt war auch ein "Artificial-Magnet womit die De-et Inclinations Nadeln gestrichen werden. Diesen habe um deßentwillen beygeleget wenn nach langer Zeit durch einen Zufall die Nadeln widrum einer Verstärkung benöthigen seyn sollten, sie es widrum durch dasjenige Werkzeug erhalten so es ihnen urspringlich gegeben."

Inklinatorium
Blick von oben auf des Inklinatorium mit der Solnhoferplatte als Basis
Foto: P. Amand Kraml
Zu diesem Brief sind im Archiv noch Beilagen vorhanden: Die Rechnung und das Pro Memoria mit der ausführlichen Beschreibung des Inklinatoriums. In der Rechnung beläuft sich nun der Preis für das "neue Inclinatorium Magneticum mit der Emballage" 94 Gulden.

P. Augustin Reslhuber beschreibt unser Gerät in seiner Arbeit über das Magnetische Observatorium in Kremsmünster recht ausführlich:

Das Inclinatorium hat folgende Einrichtung:
Auf einer Marmorplatte von 10 Zoll im Quadrate steht in der Mitte eine um 360° drehbare Axe, auf welcher in einer Höhe von 3 Zollen ein verticaler Kreis von 10.5 Zollen Durchmesser befestigt ist. Der Kreis ist in halbe Grade und zwar so getheilt, dass die Enden des horizontalen Durchmessers mit 0°, 0°, der Zenith- und Nadirpunkt mit 90° bezeichnet sind.
Der Marmorplatte ist eine Kreistheilung in Grade eingeätzt, in deren Centrum die drehbare Axe des verticalen Kreises sich befindet; sie hat 8.5 Zoll Durchmesser, und läuft so, dass Süd und Nord mit 0°, Ost und West mit 90° bezeichnet sind. An der verticalen Axe ist ein Zeiger, der in der Ebene des verticalen Kreises liegt, angebracht, und spielt auf der Kreistheilung der Marmorplatte.
Noch befindet sich auf der Platte eine Gerade, parallel der den Süd- und Nord-Punkt verbindenden Linie der Kreistheilung, mit einem Visire versehen zur Einstellung auf den astronomischen Meridian. Am Verticalkreise sind zwei Messingstäbe durch Klemmschrauben befestiget, welche den Kreis an den Punkten 0°0° der Theilung in die Mitte nehmen; sie stehen um 0.5 Wien. Zoll von einander ab, und dienen als Träger der Axenlager der Inclinations-Nadel.
Die Lager aus fein polirtem Achate sind in eigenen Fassungen, mit Corrections-Schrauben in zwei auf einander senkrechten Richtungen, in der Mitte dieser Stäbe angebracht, haben Rinnen in der Mitte, um das Abglitschen der Nadel zu verhindern.
Die Lager haben nun die Bedingungen zu erfüllen, dass die Axe der auf ihnen ruhenden Nadel genau horizontal sei, durch den Mittelpunkt des Kreises gehe, und senkrecht auf die Ebene des genau vertical gestellten Kreises stehe.
Die Nadeln von rhomboidaler Form haben eine Länge von 9.5 Zollen, die Spitzen stehen um 1.5 Linien vom Kreise ab; die Axen sind mit der Nadel fest verbunden und können beim Magnetisiren nicht herausgenommen werden. In einer eigenen Fassung am Mittelpunkte der Nadeln sind Laufgewichte angebracht zur Regulirung des Schwerpunktes derselben.
Am obersten Theile des verticalen Kreises ist ein messingener Handgriff angelöthet zur Drehung desselben um seine verticale Axe. Das ganze Instrument steht in einem viereckigen Kasten von 17.5 Zollen W. M. Höhe, 13 Zoll Breite und Länge mit vier Stellschrauben; die Seitenwände sind von Glas; eine Wand ist zum Öffnen. Auf dem oberen Boden von Holz ist eine Öffnung für die Drehung des Kreises, durch einen Schuber verschliessbar.

(RESLHUBER, 11-12)

Der hier angeführte Kasten ist nicht mehr vorhanden.

Weitere Geräte G. F. Branders werden als Objekte des Monats auf folgenden Seiten gezeigt:
Hygrometer, Doppellinse, Perspektiv-Proportionalzirkel, Hohlspiegel, Vakuumpumpe und Horizontalsonnenuhr.


Quellen und Literatur:


BRACHNER, Alto et al. 1983: G. F. Brander 1713 - 1783. Wissenschaftliche Instrumente aus seiner Werkstatt, München

DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Februar 1999)

FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Die Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz

RABENALT, P. Ansgar, 1985: Briefe Friedrich Branders, mechanici in Augsburg an Placidus Fixlmillner OSB 1. Direktor der Sternwarte Kremsmünster (Ein Beitrag zur Gründungsgeschichte des "Mathematischen Turmes" von Kremsmünster, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige, Jg. 1985, Bd 96, I/II, 144-195

RESLHUBER, P. Augustin 1854: Über das Magnetische Observatorium in Kremsmünster und die vom Jahre 1839-50 aus den Beobachtungen abgeleiteten Resultate, in: Denkschriften der math.-naturwiss. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Bd. VI. Wien, 1-56



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(c) P. Amand Kraml 2006-10-25
Letzte Änderung: 2021-09-16