aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
November 2019
Mit den beiden im Physikalischen Kabinett vorhandenen Zylinderspiegeln (Inv.-Nr. 16062003 und 11022105) ist das Betrachten der zahlreich vorhandenen Anamorphosen nicht mehr möglich. Ihre Spiegelfläche reflektiert nicht mehr gut genug. So war es naheliegend, einen solchen Zylinderspiegel in der Werkstätte der Sternwarte nachzubauen.
In Doberschitzens Specula wird unter Nr. 16 Ein Cylinderspiegel (Speculum cylindricum), nur mit einem Frauenglase überzogen, der verschiedene verkehrte Figuren, auf deren Mittelpunct er muß gesetzet werden, in ihrer rechtmässigen Stellung repraesentiret vorgestellt. (DOBERSCHITZ, 297-298) Ein solcher Spiegel mit einem Glimmerüberzug (= Frauenglas) ist heute nicht mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist ein Zitat bei Inge Keil interessant, wo ein Bericht von Johann Konrad Beuther wiedergegeben ist, der Daniel Volkert besuchte und darüber schreibt: ... machet auch Conische, Cylindrische, Prismatische Spiegel von einer seiner Meinung nach, ihm eigenen Composition von Metallen ... Er macht sie auch von Moscovitischem FrauenEiß. (KEIL, 190) Da stellt sich natürlich die Frage, ob nicht zumindest einer unserer beiden alten Zylinderspiegel einmal mit Glimmer überzogen gewesen sein könnte.
In seinem Brief vom 9. März 1771 bietet der Instrumentenbauer Georg Friedrich Brander aus Augsburg P. Plazidus Fixlmillner
sowohl einen Kegel- wie auch einen Zylinderspiegel zum ermäßigten Preis von 20 Fl. an:
Ich weis nicht ob Ew. Hochwürden schon in dem Musaeo mit einem Conisch
und Cylindrischen Spiegel samt deformirten Figuren versehen seyn.
Würklich besize ich beyde und erstrer hat 8 leztrer 6 Blatt extra schön gemahlte
Figuren. Ehemals habe ich verschiedne versandt pro f. 32. Diese aber
weil es die lezten seyn, will wenn sie Ew. Hochwürden noch abgehen aus besondrem
Betracht pro f. 20 erlaßen. (vgl. RABENALT, 158)
Im Brief vom 28. März 1771 kommt Brander nochmals auf sein Angebot vom letzten Brief zurück und versucht
mit der Draufgabe von jeweils 6 Anamorphosen zu jedem Spiegel den Kauf noch schmackhafter zu machen:
Was den Conisch und Cylindrischen Spiegel samt figuren, ein großes
Prospect und ein großes Brennglas betrifft, so ersehe aus Ew. Hochwürden
Schreiben so viel, als ob ich sämtliches überschicken sollte um bey deren Einsicht
bey Sr. Hochwürden und Gnaden willigere gnädige Bewährung sich zu
versprechen. Solle ich diese Sachen auf solche Art überschicken so bitte mir
von Ew. Hochwürden mit umlaufender Post eine geneigte Antwort aus, damit
sie nicht indeßen in andre Hände gerathen. Ich werde sodann aus besondrem
Betracht zu jedem Spiegel noch 6 Blatt schöne deformirte Figuren
von einem andern Meister beylegen, ohne deswegen den Preis zu erhöhen. (RABENALT, 161)
Der Brief vom 20. April 1771 vermeldet nun endlich den Versand der Spiegel samt 15 Blatt Anamorphosen
und noch 20 Blatt für den Kegelspiegel als Draufgabe:
Wenn nun das Kästgen heraus ist so befindet sich unter demselben auf einem Zwischen Boden, der
Conisch und Cylindrische Spiegel jeder in seinem hölzernen Futteral. Ein Kästgen mit 15 Blatt deformirten Figuren.
... festgemacht unter demselben aber ist das verlangte Prospect-Glas so zwischen 20 Blat deformirter Conischer Figuren
gepackt ist, befindlich, welche ich Ew. Hochwürden als ein Surplus versprochen.
Als Beilage zum diesem 10. Brief Branders finden wir auch die entsprechende Rechnung:
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Nota über |
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Die Beschriftungen der zehn Blätter sind - soweit sie eine solche tragen - von einer Hand. Man kann sie dann wohl alle Daniel Vol(c)kert (ca. 1677-1761) zuordnen.
Herauszubekommen, welche Bilder nun schon vor der Lieferung Branders vorhanden waren und welche da als Draufgabe dazukamen, ist wohl nicht mehr möglich. Erhalten sind jedenfalls über die zehn hier angeführten rechteckigen Bilder von Volkert hinaus noch neun rechteckige Bilder von Elias Bäck (1679–1747). Dann haben wir noch zwei Serien von kreisförmigen Bildern, die alle von Christian Heinrich Weng (1710-1771) stammen. Davon haben acht einen Durchmesser von 42 cm und sechs einen von 30 cm.
P. Sigmund Fellöcker bringt in seinem Katalog von 1871 drei Zylinderspiegel unter den Nummern 34, 35 und 36 wobei er jeweils die Höhen angibt 7 1/2, 6 1/2 und 4 3/4 Zoll (ca 19, 16,5 und 12 cm). Die Nummer 36 hat bereits jemand durchgestrichen. Sie ist nicht mehr auffindbar.
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Romulus und Remus mit Wölfin 6 |
Inv.-Nr.: 11022202 |
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Simsohn mit dem Kien Backen 7 vgl. Ri 15, 15-16 |
Inv.-Nr.: 11022203 |
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Jacob wie er die Schafe 5 |
Inv.-Nr.: 11022204 |
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David et Golia 9 vgl. 1. Sam 17, 51 |
Inv.-Nr.: 11022205 |
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Loth mit seyne 2 Töchter 2 vgl. Gen 12, 33 |
Inv.-Nr.: 11022206 |
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Simsohn mit dem Loe. 8 vgl. Ri 14, 6 |
Inv.-Nr.: 11022207 |
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Inv.-Nr.: 11022209 | |
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Ein Schifff mit Contra Windt durch Daniel Volckert in Augsburg |
Inv.-Nr.: 11022210 |
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Inv.-Nr.: 11022208 |
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Eine Augsburgerin | Inv.-Nr.: 11022201 |
BRACHNER, Alto et al. 1983: G. F. Brander 1713 - 1783.
Wissenschaftliche Instrumente aus seiner Werkstatt, München
DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1999: Specula Cremifanensis, 1. Band. Beschreibung der in dem mathematischen Thurne zu Kremsmünster befindlichen Naturalien, Instrumenten, und Seltenheiten, hrsg. von P. Amand Kraml, ADV-Ber. 40, Kremsmünster
ESER, Thomas 2001: Augsburger Anamorphosen des 18. Jahrhunderts, in: Paas, John Roger (Hrsg.), Augsburg, die Bilderfabrik Europas:
Essays zur Augsburger Druckgraphik der Frühen Neuzeit - Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen, 21, Augsburg, 173-188
FÜSSLIN, Georg, HENTZE, Ewald 1999: Anamorphosen. Geheime Bilderwelten, Stuttgart
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz
FELLÖCKER, P. Sigmund 1871: Catalog des physikalischen Cabinetes zum Schlusse des Schuljahrs 1871. Manuskript, ASK
KEIL, Inge 2000: Augustanus Opticus. Johann Wiesel (1583-1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg -
Colliquia Augustana, 12, Berlin
RABENALT, P. Ansgar 1985: Briefe Georg Friedrich Branders, mechanici in Augsburg an Placidus Fixlmillner OSB
1. Direktor der Sternwarte Kremsmünster. Ein Beitrag zur Gründungsgeschichte des „Mathematischen Turmes“ von
Kremsmünster, Studien u. Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens u. seiner Zweige, Bd. 96,
St. Ottilien, 144-195