aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Juli 2011
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Gewitter-Registriergerät nach P. Johann Schreiber SJ
gebaut von Victor Hoser Holz, Messing, Aluminium, Eisen, Glas (Kohärer) Glasabdeckung abgenommen. Grundplatte: Grundplatte 47 x 29 cm Glaskasten: 45 x 26,5 x 15 cm, Gesamthöhe: 24 cm Registrierstreifen: 25,2 x 9,2 cm Inv. Nr.: 11080109 Foto: P. Amand Kraml |
Am 12. Mai 1902 vermerkt P. Franz Schwab im Tagebuch der Stermwarte:
Der Gewitter-Registrator, erfunden von P. Schreiner S. J. in Kalosán - angefertigt
vom Uhrmacher u. Mechaniker Victor Hoser in Budapest ist heute aus Kalosán, wo er
geprüft wurde, angekommen. Preis 109 K, Fracht 3,7 K; von mir gez.
Die ersten Versuche fielen nicht besonders gut aus. Hoffentlich wird er mit dem
bestellten Elemente Aluminium-Zink besser functionieren.
Die grundsätzliche Funktion wird von P. Fenyi SJ recht klar dargestellt:
Bei den zahlreichen Versuchen, welche in neuester Zeit mit der Telegraphie ohne Draht angestellt wurden, war
es unvermeidlich, daß nicht zufüllig Gewitter sich störend bemerkbar machten. ...
Alle bisherigen Formen, sowohl der von Boggio-Lera in Italien, als auch der von P. Odenbach in Cleveland,
G. Palatin in Martinsberg, ja auch der in Kalocsa ausgeführte Apparate, sind mehr oder weniger den Apparaten
für die Telegraphie ohne Draht nachgebildet, und deshalb mehr oder weniger kompliziert, heikel und teuer.
... Ein Gewitterapparat erfordert also nur mäßige Empfindlichkeit; dies begründet einen wesentlichen
Unterschied in der Konstruktion, gestattet eine viel größere Einfachheit. (Fenyi, 1903, S. 433)
Wie bei den Funktelegraphen der damaligen Zeit ist auch hier ein Kohärer das zentrale Bauteil. Dieser wird auch als "Fritter" bezeichnet und es sind verschiedene Typen bekannt. Im Grundzustand ist so ein Kohärer praktisch nicht leitend. Nach dem Eintreffen elektromagnetischer Wellen an der angeschlossenen Antenne wird er leitend und bleibt das auch, solange er nicht wieder in den nichtleitenden Zustand zurückversetzt wird. Dies wird durch mechanisches Schütteln erreicht. Eine in Form eines Wagner'schen Hammers aufgebaute Klingel wird so angeordnet, dass sie durch den niederohmigen Kohärer zu läuten beginnt und gleichzeitig durch die Bewegung des Klöppels den Kohärer wieder in den hochohmigen Zustand zurückversetzt.
P. Fenyi beschreibt für seinen "Gewitterapparat" einen besondere Form des Kohärers:
Zwei Stahldrähte, die sich unter mäßigem Druck berühren, bilden bekanntlich ebenfalls einen Kohärer; wir mögen
denselben einen elementaren nennen. Bedingung einer guten Funktion ist bloß, daß der Druck nicht allzu groß
sei; ... Ein zweites Erfordernis ist, daß das Potential des Stromkreises, in welchen der elementare Kohärer
geschaltet ist, 0,25 Volt nicht namhaft übersteige. ... Schaltet man aber die 4 Kohärer hintereinander, so
können wir sie in den Stromkreis eines Meidingerelementes [Zink-Kupfer-Element, ca. 1 V, Anm. P. Amand]
ohne Nebenschluß einschalten; der so zusammengesetzte
Kohärer, den wir passend als Batteriekohärer bezeichnen, läßt sich ebensoleicht durch jeden Funken anregen
und durch einen schwachen Klopfer abstellen wie der elementare. (Fenyi, 1903, S. 433-434) ...
Der Batteriekohärer wird passend aus Stahldraht oder anderem Metalle in Kettchenform angefertigt; diese
Art bietet den Vorteil, daß der rechte Druck ohne viele Mühe durch die gemeinsame Spannung des Kettchens
hergestellt wird ... (Fenyi, 1903, S. 436)
Foto: P. Amand Kraml
Foto: P. Amand Kraml
Foto: P. Amand Kraml
Der Klöppel der Klingel ist mit dem pfeilförmigen Federhalter und mit dem Klopfer verbunden. Der
Klopfer besteht aus einem Drahtstück mit einer kleinen Messingkugel, die auf das Montageplättchen
des Kohärers schlägt, sobald dieser niederohmig wird und somit die Klingel auslöst.
Die von einer Uhr mit Unruhe angetriebene Registrier-Trommel nennt P. Fenyi die Erfindung von P. Wladimir
Zukotynski S. J. Er habe diese im Jahre 1901 als er noch Missionär in Südafrika war, zu diesem Zwecke
ausgedacht und ausgeführt. (Fenyi, 1903, S. 612)
Der Federhalter hat eine Anschlagvorrichtung, die ein allzuheftiges Ausschlagen einschränkt. An ihm ist
eine übliche Registrierfeder angeklemmt worden, wie sie bei den registrierenden meteorologischen Geräten
(z. B. Barographen) allgemein in Verwendung war.
DEFANT, A. 1908:
Jahrbücher der Zentralanstalt für Meteorol. u. Geodynamik in Wien. Bd 45. 1908 Anhang:
Ergebnisse der Beobachtungen des n. ö. Gewitterstationsnetzes in den Jahren 1902 bis 1903
FENYI, P. Julius 1901: Gewitter-Registrator construirt von P. Johann Schreiber S.J. Mit 1 Taf., Kalosán
FENYI, P. Julius 1903: Apparate zur Beobachtung der Gewitter, in: Natur und Offenbarung. 49. Bd. Münster, 433-439
FENYI, P. Julius 1903: Über Konstruktion und Funktion eines einfachen Gewitterregistrators, in: Natur und Offenbarung. 49. Bd. Münster, 612-616
HORVÁTH, Tibor 2002: 100 éves magyar villámjelzök, 82-85
SCHWAB, P. Franz 1895-1904: III. Tagebuch der Sternwarte, Archiv der Sternwarte
SCHWAB, P. Franz 1905: Der Blitzschreiber, in: Linzer Volksblatt, 1. September 1905, Nr. 200, Linz, 1-2
SZALAY L. 1901: Elektrische Signalapparate für ferne Gewitter, in: Das Wetter, Bd. 18, 133-139
SZALAY L. 1903: Über die Empfindlichkeit der Gewitterapparate, in: Meteorologische Zeitschrift Bd. 22, 10-20
VERMEULEN, Dirk J. 2000: A Popov Lightning Recorder?—in South Africa!, in:
Proceedings of the IEEE, Bd. 88, Nr. 12, Dezember 2000, 1972-1975
Eine kurze Übersicht zur Geschichte der meteorologischen und geophysikalischen Beobachtungen an der
Sternwarte finden Sie auf der Seite zum Objekt des Monats Februar 2001, einen
umfangreicheren Beitrag finden Sie auf einer eigenen Internetseite.
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(c) P. Amand Kraml 2011-07-09
Letzte Änderung: 2021-09-16