Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

August 2000


Wegmesser Wegstreckenmesser

Holz, Eisen, Eisenblech
Höhe: 163 cm, Raddurchmesser: ca. 65 cm
Inv. Nr.: Fell.Mech.29, 12012612
Foto: P. Amand Kraml



Wegstreckenmessgerät von 1744

Wegmesser
Schülerzeichnung vom Wegstreckenmesser
Zeichung von Georg von Kürsinger
Unser Wegstreckenmessgerät ermöglicht, ganz ähnlich wie solche Geräte moderner Bauart, das Messen einer mit dem Rad zurückgelegten Strecke mit Hilfe eines Zählwerkes. Die Anzeige erfolgt durch ein Räderwerk, das die Umdrehung der 4 Zeiger jeweils um den Faktor 10 verringert. Der Zeiger der Tausenderstelle ist nicht mehr original vorhanden. Die maximale Anzeige beträgt 10000 Klafter.
1895 reparierte der Mechaniker der Sternwarte, Franz Ecker, das Gerät. Das bezeugt eine Aufschrift im Innern des Radwerkkastens. Dabei wurde wohl das ursprünglich grün gefärbte Gestell samt Rad mit dunkelbrauner Ölfarbe überstrichen. Dadurch wurde auch die alte Aufschrift überdeckt. Jetzt wieder freigelegt, nennt sie uns den Namen "Wolf Pinder", das Jahr 1744 und die angezeigte Einheit als "Clafter" (= Spannweite der waagrecht ausgestreckten Arme eines erwachsenen Mannes). Dabei ergibt sich aus dem Randumfang (2 m), der Untersetzung (40:4) und der Gesamtanzeige der Einerstelle (10) ein Wert von 2 m für einen Klafter. Der Name Wolf Pinder (auch Binder) taucht in den Kammereirechnungen des Stiftes Kremsmünster nirgends auf.
Interessant ist, dass P. Laurenz Doberschitz in seiner Sammlungsbeschreibung von 1764 ein Gerät ähnlicher Funktion beschreibt, das allerdings über kein Zählwerk verfügt haben dürfte, sondern der Beschreibung entsprechend akustisch den Ablauf einer bestimmten Wegstrecke anzeigte. Die Beschreibung des Gerätes lautet wie folgt:

9. Eine artige Maschine (Schrittzähler) genannt, um die Weite eines Ortes von dem anderen zu erkennen. Sie gleichet in der Größe beynahe einer Scheibdruhe. Hinterwärts ist ein Rad, von vornen aber kann man ein Pferd daran spannen. Nun ist das Werk so eingerichtet, daß es allemal schnalzet, so oft es eine Meile geloffen. Der Gebrauch dienet einem Reisenden, der zu wissen verlanget, wie weit er des Tages gereiset, denn so oft diese Maschine geschnalzet, so viel hat er Meile Weges gemachet.
(Doberschitz, 246f.)

Dieses von Doberschiz beschriebene Wegmessgerät ist nicht mehr vorhanden.

Ein weiteres solches Gerät kaufte Abt Erenbert Schrevogl von dem berühmten Kartographen Georg Matthäus Vischer im Jahre 1696. Im Verzeichnis, das als Beilage Nr. 277 zu den Kammereirechnungen des Jahres 1696 erhalten ist, heißt der letzte Punkt:

Dan dass Eißen Instrument viatorium genannt, so die klaffter in wehrenden Fahren zöhlt ... 8 fl.

Ob nun die drei Geräte etwas miteinander zu tun haben, ist nach heutiger Sachlage nicht zu entscheiden. Es könnte sein, dass das von Doberschiz beschriebene Gerät jenes von Vischer sei. Jedenfalls ist das Gerät von Vischer aus Eisen, das oben beschriebene aber größtenteils aus Holz.



Quellen und Literatur:


ALTINGER, P. Altmann 1898: Des österreichischen Geographen Georg Mattaeus Vischer letztes Lebensjahr, in: Mittheilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft in Wien, Heft 5 u. 6, 380-393

DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Februar 1999)

KÜRSINGER, Georg v. o. J: Tafel VII der Sammlung 16 Tafeln physikalischer Apparate welche unter P. Bonfaz Schwarzenbrunner's Anleitung von Schülern desselben gezeichnet wurden 1819-1825, MS, Direktionsarchiv der Sternwarte Kremsmünster

SCHWARZENBRUNNER, P. Bonifaz 1815..21: Erläuterungen zur Naturwissenschaft, 4 Bd. MS, Direktionsarchiv der Sternwarte Kremsmünster
[Bd. I: 1815, Bd. II: 1821, Bd. III: 1821, Bd. IV: 1816-17, 1819-20]


Zurück zur Homepage
Objekte früherer Monate
(c) P. Amand Kraml, 2000-08-28
Letzte Änderung: 2021-09-16