aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Februar 1998
Die Rechenmaschine nach John Neper
Durch die Erfindung der Logarithmen ging John Neper in die Geschichte der
Mathematik ein. Seine Arbeiten leisteten aber auch einen großen Beitrag
für die Weiterentwicklung der Rechenhilfen. Nepers Leistungen stellten
einen markanten Ausgangspunkt für die Erfindung von Rechenschieber und
mechanischen Rechenmaschinen dar.
Drei Jahre nach der Bekanntmachung seiner Logarithmen veröffentlichte
John Neper im Jahre 1617 sein Buch Rabdologia", das die nach ihm benannten
Rechenstäbchen beschrieb.
Raptologia Neperiana des P. Aegid Everard
In seinem Opusculum mathematicum" beschreibt der Kremsmünsterer Benediktiner P. Aegid, ausgehend von einer Pythagoräischen Tafel und den Neperschen Rechenstäbchen die Entwicklung, den Bau und die Handhabung seiner mechanischen Rechenmaschine, der Raptologia Neperiana. Diese ermöglichte eine Vereinfachung von Multiplikation und Division, indem diese Rechnungsarten auf Addition und Subtraktion zurückgeführt wurden. Ein Vorbild der Raptologia Neperiana P. Aegids findet sich bei dem Jesuiten Caspar Schott (1608 - 1668) in Form eines Rechenkastens ("Nova cistula").
Objektbeschreibung
Abmessungen: 89mm x 49mm x 18mm
Material: Messing, Holz
Das Messingkästchen besteht aus der Bodenplatte und einem zweimal
rechtwinkelig gebogenen Streifen, der die Vorder- und die beiden Seitenteile
bildet. Diese beiden Teile sind verlötet. Die Enden der Seitenteile
tragen je ein Plättchen mit Gewindebohrung. Hier ist mit 2 Messingschrauben
die Rückwand angeschraubt. An die Deckplatte mit den Sichtschlitzen
waren an beiden Seiten Messinglaschen angelötet. Die linke davon ist
nicht mehr vorhanden. An dieser/n Lasche(n) ist (war) die Deckplatte in das
Kästchen eingeschraubt.
Die 6 drehbaren Zylinder sind durch zwei gelochte Abstandplättchen in
der entsprechenden Position gelagert. Die Zylinder bestehen aus einem Holzkern
und einem darübergeschobenen Messingrohr. Dieses Röhrchen trägt
die eingravierten Linien und die eingeschlagenen Zahlen. Es ist jeweils mit
einem kopflosen Nagel (nicht mehr bei allen 6 Zylindern erhalten) am Holz
befestigt. Axial sind in den Holzkörper je ein Rändelgriff und
ein Messingstift eingeschlagen. Der Mittelpunkt ist nicht überall genau
getroffen, sodaß die Walzen etwas eiern".
Beschriftung:
Auf der Deckplatte wurde eingeschlagen:
16 Raptologia Neperiana 70
16 P. Aegidius Cremifanens 70
Auf der Bodenplatte des Kästchens befindet sich eine Additions- bzw. Subtraktionstabelle.
Von den Abmessungen her kann die Raptologia als der erste mechanische Taschenrechner gesehen werden.
Bemerkenswert ist die Eintragung in Doberschitzens
Specula Cremifanensis, da er angibt, dass
aus dem Jahre 1670 in der Sternwarte auch eine hölzerne Raptologia Neperiana vorhanden war:
14. Ein altes unbrauchbares Instrument
von Holz mit meßingenen Leisten an
beyden Seiten mit 9 Ziffern bemerket, in
der Mitte stehet geschrieben Raptologia
Neperiana 1670.
15. Eine andere Raptologia Neperiana in
Forme einer viereckichten Tobakdose mit 6
artigen kleinen Saulen, die hin und wieder
mit kleinen Schräufeln können gedrehet
werden, und voll mit Ziffern angeschrieben
sind. Der Boden stellet vor eine Addition
und Subtractionstabelle. Das Jahr wan, und
der Künstler, von deme diese artige
mathematische Maschine verfertiget, ist
unten angezeichnet, nämlich P. Aegidius
Cremifanensis 1670, der glaublich das
Meiste von allen diesen Instrumenten gemachet.
Doberschitz, 201.
BRUDERER, Herbert 2015: Meilensteine der Rechen-Technik. Zur Geschichte der Mathematik und der Informatik, Berlin/Boston
DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von
P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Februar 1999)
EVERARD, P. Aegid, Opusculum Mathematicum, MS in 8 Bd.chen
(4 Bde. Text, 4 Bde. Figuren), Graz 1627, Direktions-Archiv der Sternwarte
Kremsmünster, 8°kl.
GRUBER, Maria, Der erste mechanische Taschenrechner, P. Aegid Everards Raptologia
Neperiana, in: ADV-Berichte
35, 5-14.
Darin finden Sie weitere Angaben zur Verwendung der Raptologia und über
das Leben des "Archimedes von Kremsmünster", P. Aegid Everard.
SCHOTT, Gasper; Caspari, Johann [ed.], Organum mathematicum libris IX: quo per paucas ac facillime parabiles
Tabellas, intra cistulam ad modum Organi pnevmatici constructam reconditas, pleraeque Mathematicae Disciplinae,
modo novo ac facili traduntur; Opus posthumum, Herbipoli [Würzburg] 1668