Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

April 2025



Monochord
Registriergerät zur Aufzeichnung der Windgeschwindigkeit
Inv. Nr. 12010403, Messing, Holz, Eisen, Kupferdraht
40 x 12 x 40 cm
Foto: P. Amand Kraml (1996040306)


Anemograph zur Registrierung der Windgeschwindigkeit nach Osnaghi

Der Autor [Jelinek oder Hann] der Rezension von Augustin Reslhubers Resultate 1867 äußert den Wunsch, von der Kremsmünsterer Wetterstation durchgehende Winddaten zu erhalten: Was wir vermissen, ist die Mittheilung der Windrichtung für jeden Tag des Jahres und bei der Bedeutung der Station Kremsmünster als einer Normalstation kann man den lebhaften Wunsch nach Aufstellung eines Anemographen und Anemometers nicht unterdrücken, zumal da die Normalstationen in grossen Städten bezüglich ihrer freien Situirung sich in übler Lage befinden. (JELINEK & HANN 1869, 75)
1878 wurde dann unsere Station mit elektrisch registrierenden Geräten zur Aufzeichnung von Wind- Geschwindigkeit und -Richtung ausgestattet. In seiner Arbeit über die tägliche Periode der Geschwindigkeit und Richtung des Windes beschreibt P. Koloman Wagner unser Objekt, wobei wir vorerst nur auf die Apparatur zur Registrierung der Windgeschwindigkeit eingehen:
Im Jahre 1878 erwarb die Sternwarte ein elektrisch registrierendes Robinson’sches Anemometer zur Bestimmung der Windgeschwindigkeit und einen Typendruckapparat nach Osnaghi zur Bestimmung der Windrichtung. Der Durchmesser der Kugelschalen des Anemometers beträgt 115 mm, die Abstände der Mittelpunkte der Schalen vom Drehungspunkte 267 mm, so dass 100 Umdrehungen, welche durch einen Punkt auf dem Papierstreifen markiert werden, nahezu einen Windweg von 0'5 km ergeben. Der Typendruckapparat gibt 16 verschiedene Windrichtungen an. Beide Apparate sind auf der Zinne der Sternwarte 54 m über dem Erdboden aufgestellt und ragen 5 m über die Plattform empor. Das Anemometer befindet sich auf der südöstlichen, das Windrad auf der südlichen Seite der Plattform. Leider stehen auf derselben Plattform noch drei Dachkuppeln für astronomische Instrumente, und zwar eine, die höhere, auf der Nord-, die zweite auf der Ost- und die dritte auf der Südwest-Seite. Zwar ragen die Windapparate noch 0’5 m über die höchste Kuppel hinaus, doch ist die Aufstellung nicht vorwurfsfrei, aber es war im Orte selbst kein geeigneterer Platz zu finden. ...Dabei ist zu bemerken, dass das Robinson’sche Anemometer im Juli 1882 und im Februar und März 1883 wegen nothwendiger Reparaturen nicht functionierte. (WAGNER, 1-2)
Ferdinand Osnaghi (1835-1891) war ebenfalls wie Karl Kreil und Julius Hann Absolvent des Kremsmünsterer Gymnasiums. Er war seit 1872 als Assistent und dann als Vizedirektor an der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Sein Windgeschwindigkeitsschreiber besteht aus einem Schalenkreuz, das auf einem Getriebe mit Schnecke und Schneckenrad montiert ist. Nach einer bestimmten Anzahl von Umdrehungen wird ein kurzer elektrischer Impuls an das Schreibgerät geleitet, das wie ein Morsegerät mit einem Uhrwerk aufgebaut ist. Jeder Impuls wird auf dem Papierstreifen eingezeichnet und nach dem Verlauf einer Stunde erhält der Streifen eine entsprechende Markierung. Osnaghis Anemograph wurde unter den vielen wissenschaftlichen Geräten bei der Londoner Internationalen Ausstellung von wissenschaftlichen Apparaten im Jahr 1876 gezeigt. Biedermann führt das Gerät mit der Nummer 4195 in seinem Bericht an:
4195. Elektrisch registrirendes Anemometer mit Momentan-Contact-Vorrichtung. Prof. Osnaghi, Meteorologisches Institut, Wien. Dieser Apparat registrirt die Windesgeschwindigkeit durch Marken, die nach jedem zurückgelegten Kilometer Weg des Windes auf dem durch ein Uhrwerk bewegten Papierstreifen eingedrückt werden. Die Momentan-Contactvorrichtung bringt nur einen ganz kurzen Schluss der elektrischen Batterie zu Stande; der elektrische Contact bleibt auch dann momentan wenn durch Zufall Windstille in dem Momente eintreten sollte, in welchem der Contact stattgefunden hat. Der Zweck wird durch Verwendung eines fallenden Hammers erreicht, der den Stromschluss im letzten Momente seiner Bewegung hervorbringt, dann aber durch eine Gegenfeder abgehoben wird. (BIEDERMANN, 719)

Eine etwas ausführlichere Beschreibung, vor allem der Registriereinheit, findet man mit zwei Abbildungen im Bericht über die selbe Ausstellung bei Hofmann von den beiden Autoren Neumayer und Schreiber:
Bei einem Anemographen von Prof. Osnaghi an der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien ist das Robinson’sche Schalenkreuz zur Verwendung gelangt. Osnaghi hat das Bestreben gehabt, den Apparat so einfach und billig wie möglich einzurichten, um die Einführung desselben auf recht vielen meteorologischen Stationen zu ermöglichen. Das Schalenkreuz dreht bei dem Apparate, wie dies Fig. 224 zeigt, durch eine Schnecke das Schneckenrad R. An der Axe von R befindet sich ein Daumen E, welcher nach jeder Umdrehung von R den Hammer H etwas hebt. Wenn dann der Hammer wieder fällt, so schlägt er gegen die Feder G, welche zwar den ruhenden Hammer tragen kann, aber durch den Stoss desselben einen Moment gegen das Metallstück F gepresst wird. Sofort hebt aber die Feder Gr den ruhenden Hammer wieder und unterbricht den Contact. Gr bildet den einen Pol und F den anderen einer Batterie, in deren Stromkreis sich der Elektromagnet M des Schreibapparates (Fig. 225) befindet. Sowie der Hammer auf Gr schlägt und mit F in Contact bringt, wird der Strom geschlossen, und der ganz wie bei dem Morse’schen Schreibapparat eingerichtete Stift S macht eine Marke auf den Papierstreifen T. Die Trommel R, um welche sich das Papier bewegt, befindet sich an der Minutenaxe eines guten Uhrwerkes, das in der Zeichnung nicht zu sehen ist, und macht in einer Stunde eine Umdrehung. Ein Stift auf dem Umfang der Trommel T markirt die einzelnen Stunden auf dem Streifen. Das Instrument ist nun so eingerichtet, dass ein Contact eintritt, wenn 1 km Luft über dem Orte hingeweht ist. Die Anzahl von Registrirpunkten zwischen je zwei Stundenpunkten wird also direct die Windstärke in Kilometern pro Stunde ergeben und wird dies ohne Weiteres publicirt werden können. Da die Trommel 84mm Durchmesser hat, rückt der Streifen in jeder Stunde circa 260 mm fort, es werden demnach bei dem stärksten Winde (36 bis 40 m pro Secunde) die einzelnen Punkte noch 2 mm Abstand haben, sie werden bei schwächeren Winden aber weiter abstehen.
Die Contacteinrichtung hat den Vortheil, dass auch dann, wenn im Momente des Contactes das Schalenkreuz stehen bleibt, ein längerer Schluss der Batterie und mithin eine Störung in den Apparaten nicht möglich ist. Der complete Apparat kostet 300 Gulden österr. Währ. und wird von den Mechanikern: E. Schneider, Wien, Währung
[sic = Währing] & F. Stöger, Wien, Neubau, ausgeführt.
Die beiden Apparate von Schön und Osnaghi zusammen dürften nicht zu theuer sein und sich an meteorologischen Stationen gut verwenden lassen.
(NEUMAYER & SCHREIBER, 529-531)


Quellen und Literatur:


BIEDERMANN, Rudolf 1877: Bericht über die Ausstellung wissenschaftlicher Apparate im South Kensington Museum zu London 1876. Vollständiger Katalog der Ausstellung mit Holzschnitten, London

GERLAND, Ernst 1887: Die Anwendung der Elektricität bei registrierenden Apparaten, Wien, Pest, Leipzig

HAMMERL, Ch., LENHARDT W., STEINACKER, R. & STEINHAUSER, P. (Hrsg.) 2001: Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. 150 Jahre Meteorologie und Geophysik in Österreich, Wien

HAMMERL, Christa (Hrsg.) & STAUDINGER, Michael (Hrsg.) 2021: 170 Jahre ZAMG 1851-2021, Graz - Wien

HANN, J. v. 1918: Wagner, P. Coloman über die täglichen Windperioden in Kremsmünster (Kleinere Mitteilungen), in: Meteorologische Zeitschrift Heft I/2, Braunschweig, 42-44

HOFMANN, August Wilhelm v. 1878: Bericht über die wissenschaftlichen Apparate auf der Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876, den Herren Achenbach und Falk, Braunschweig

JELINEK, C. & HANN, J. 1869: Literatur-Bericht, Resultate aus den im Jahre 1867 auf der Sternwarte zu Kremsmünster angestellten meteorologischen Beobachtungen. - Von Dr. A. Reslhuber, in: Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie, IV. Bd. Wien, 74-75

NEUMAYER, Georg & SCHREIBER, Paul 1878: Apparate für Meteorologie und Hydrographie, in: HOFMANN [siehe oben], Braunschweig, 475-581

WAGNER, P. Coloman 1893: Die tägliche Periode der Geschwindigkeit und Richtung des Windes in Kremsmünster, in: 43. Programm des Kais. Kön. Obergymnasiums der Benedictiner zu Kremsmünster für das Schuljahr 1893, Linz, 1-29


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Letzte Änderung: 2025-08-30