Conrad-Seismograph
(Die Aufhängung des Pendels links oben
kann der Einhausung wegen nicht ins Bild gebracht werden.)
Foto: P. Amand Kraml (202507303668)
Conrad-Seismograph
Detail des Conrad-Seismographen, Registriervorrichtung
mit berußtem Papier und Schreibnadel, rechts der
Elektromagnet zum kurzzeitigen Abheben der Nadel nach jeder Minute,
hinten die Öldämpfung
Foto: P. Amand Kraml (202507303675)
1952 wurde nach langer Pause wieder ein Seismograph aufgestellt. Der zwischen 1898 und 1908 verwendete war zwar recht
genau und aufwändig, aber im Betrieb sehr teuer. Ganz im Gegenteil dazu versuchte man nach dem 2. Weltkrieg in Österreich
ein größeres seismisches Beobachtungsnetz aufzubauen, das mit möglichst einfachen und preisgünstigen Geräten verwirklicht werden sollte. Viktor Conrad (1876–1962) war bis zu seiner Emigration ein bedeutender Seismologe mit theoretischen und durchaus auch sehr praktischen Fähigkeiten in Österreich. Auf ihn geht die Konstruktion unseres Gerätes zurück. Er präsentierte die erste Version davon, die in der Werkstatt der ZAMG in Wien gefertigt wurde, im Jahre 1910. Eine verbesserte Version stellte er 1913 vor.
Sie konnte man zum Preis von ca. 290 Mk. bei der mechanischen Werkstätte L. Castagna in Wien anfertigen lassen. (CONRAD 1913, 42)
Dieses, auch oft als Conrad-Pendel bezeichnete Gerät, besteht aus einem senkrecht herabhängenden Pendel mit schwacher
Astasierung durch ein stehendes Astasierungs-Pendel.
Als Schreibeinrichtung wird ein Stift spiralförmig über eine rußgeschwärztes Papierbahn geführt. Der Antrieb erfolgte ursprünglich mit einem Federwerk, bei uns dann wohl schon elektrisch. Zuletzt - und auch heute noch - übernimmt den Antrieb
ein kleiner Synchronmotor. Auch erfolgt bei unserem Gerät die Markierung der Minuten elektrisch durch das Anheben des
Schreibstiftes für ein paar Sekunden mit Hilfe eines kleinen Elektromagneten. Gesteuert wurde dieser durch eine Pendeluhr im
3. Stock im Zimmer des Assistenten. Die Laufzeit des 21 cm breiten Papiers betrug etwa drei Tage.
Dann musste das Papier gewechselt werden. War kein Beben verzeichnet, konnte die Papierschleife am Kamin im Keller neu berußt
werden. Wurde ein Beben registriert, so fixierte man mit Schelllack und archivierte die Streifen, von denen heute 222 erhalten
sind. Am 6. April 1971 änderte dann P. Maximilian Schwediauer diese Aufzeichnungsmethode,
indem er eine Tintenfeder anbrachte, wie sie damals bei Thermohygrographen, Barographen und ähnlichen Geräten standardmäßig im Einsatz war. Von Streifen, die dann Beben mit Tinte aufgezeichnet haben, sind 13 im Archiv.
Vorrichtung zum Berußen der Registrierstreifen am Kamin im Keller
Foto: P. Amand Kraml (202508013683)
P. Ansgar Rabenalt konnte 1952 unseren Seismographen käuflich erwerben. Der Kellerraum gegen Südosten war bereits der Platz für den Elhert-Seismographen. Dort wurde jetzt an der Wand zum Schacht hin das neue Instrument montiert.
Zum Schutz gegen Staub und andere störende Einflüsse bekam der Seismograph noch eine aus Holz gefertigte Einhausung.
Für den 7. Oktober berichtet die Chronik des Gymnasial-Jahresberichtes: Einweihung und Vorführung des neuen Seismographen
in der Sternwarte durch den Direktor derselben, Dr. P. Ansgar Rabenalt, an der der Lehrkörper und die Studenten [= Gymnasiasten]
der 6., 7. und 8. Klasse teilnehmen. (Jahresbericht, 45)
Das
Jahrbuch der ZAMG von 1958 berichtet: Mit Beginn des Jahres 1958 wurde auch der in der Stiftssternwarte Kremsmünster aufgestellte
Nahbeben-Seismograph in die technische Betreuung der Zentralanstalt übernommen. Eine Neujustierung und darauf folgende
Konstantenbestimmung wurde im Mai und Dezember durchgeführt. Soweit vorhanden, werden die Aufzeichnungen dieses Pendels
auch für die Analyse der Nahbeben herangezogen. Nach einer längeren Unterbrechung im Sommer ist seit dem 4. September keine
Unterbrechung des Betriebes mehr eingetreten.
Am 29. Jänner 1967 wurde mit diesem Seismographen das Erdbeben in Molln mit einer Magnitude von 4,6 registriert.
Mit der Aufstellung des analogen Sprengnether Vertikal Seismometer S-5100-V 1973 durch die ZAMG endete die aktive Laufzeit unseres heute als Museumsobjekt verstandenen Conrad-Seismographen.
Solch alte Geräte zu erhalten, zumindest soweit sie bei uns in Verwendung waren, ist eine oft nicht leichte Aufgabe.
Wann immer es aber möglich ist, trachten wir danach, dies zu tun. Auf diese Weise können wir einerseits die Entwicklung
wissenschaftlicher technischer Hilfsmittel dokumentieren, andererseits bieten diese für uns heute oft recht einfach anmutenden Geräte eine sehr gute Möglichkeit, die Funktion solcher Apparate zu demonstrieren. Im Gegensatz zu modernen Geräten, die sich meist
äußerlich kaum voneinander unterscheiden, weil sie graue Kästen oder Kästchen mit einer Signallampe und einigen Kabeln dran sind, zeigen diese alten meist noch recht anschaulich, wie da alles funktioniert.
Quellen und Literatur:
96. JAHRESBERICHT Obergymnasium der Benediktiner zu Kremsmünster Schuljahr 1953, Kremsmünster
CONRAD, Viktor 1909: Beschreibung des seismischen Observatoriums der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien, in: Mitteilungen der Erdbeben-Kommission der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, Neue Folge Nr. 33, Wien
CONRAD, V. 1910: Ein einfaches Instrument für seismische Stationen in habituellen Stossgebieten, in: Beiträge zur Geophysik. Zeitschrift für physikalische Erdkunde, Bd. X, Leipzig, 157-180, Tafel XXIV
CONRAD, V. 1913: Ein einfaches Instrument für seismische Stationen in habituellen Stossgebieten, in: Beiträge zur Geophysik. Zeitschrift für physikalische Erdkunde, Bd. XII, Leipzig, 41-42, Tafel IV
HAMMERL, Christa & LENHARDT, Wolfgang 1997: Erdbeben in Österreich, Graz
HAMMERL, Christa., LENHARDT, Wolfgang, STEINACKER, R. & STEINHAUSER, P. (Eds.) 2001: Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. 150 Jahre Meteorologie und Geophysik in Österreich, Graz
JAHRBÜCHER der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Jg. 1958, NF, 95. Bd. ZAMG Publikation Nr. 173, Wien 1959
KRAML, P. Amand 2001: Die Erdbebenbeobachtung in Kremsmünster (mit einem Beitrag von Hauke Fill), in: Naturwissenschaftliche Sammlungen Kremsmünster. Berichte des Anselm Desing Vereins, Nr. 42, Kremsmünster, 3-22
PLEŠINGER, A. & KOZÁK, J. 2003: Beginnings of regular seismic service and research in the Austro-Hungarian Monarchy: Part II, in: Stud. Geophys. Geod. 47, Prag, 757-791
LENHARDT, Wolfgang A. 2021: The history of the Geophysical Service of Austria, in: Hist. Geo Space Sci, 12, 2021, 11-19
RABENALT, P. Ansgar 1958: Geschichte der Sternwarte von Kremsmünster, in: 101. Jahresbericht Schuljahr 1958, Öffentl. Gymnasium der Benediktiner zu Kremsmünster, Wels, 7-27