Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Mai 2018



Linse, Campani
Objektiv-Linse von Giuseppe Campani, Rom 1709
Holz, Glas, Maße Linse: 107,5 mm Durchmesser, 3,2 mm Stärke, ca. 9460 mm Brennweite,
Gedrechselte Holzschatulle: 13 cm Durchmesser, 4 cm Höhe
Zettel: Giuseppe Campani in Roma 1709, im Magnetsaal gefunden
Inv. Nr.: 16070406
Foto: P. Amand Kraml


Objektiv-Linse von Giuseppe Campani, Rom 1709


Campani-Linse
Umschrift: Giuseppe Campani in Roma 1709
Foto: P. Amand Kraml

Die Holzschatulle trägt die Hinweise Vorsicht und 1 f 12 x. Im Innern liegen die Linse und ein Zettel mit der Aufschrift Guiseppe Campani in Roma 1709, im Magnetsaal gefunden. Die Linse ist am Rand graviert mit der Umschrift Giuseppe Campani in Roma 1709. Wir begeben uns mit dieser Objektiv-Linse also in die Vorzeit der Sternwartegeschichte. Und bis jetzt war auch nicht mehr herauszufinden, als dass eben diese Linse im Magnetsaal aufgefunden wurde. Als Magnetsaal hat man ab 1839 den Astronomischen Saal im sechsten Stock bezeichnet. Mit der Verlegung der Magnetometer 1841 in das eigene Observatorium im Hofgarten verlor der Saal dann wieder diese Bezeichnung. Da die Holzschatulle eher nicht ursprünglich für diese Linse gefertigt wurde, kann man annehmen, dass sie wohl aus einem alten freien Fernrohr aus Holz oder Pappe stammt, von denen in der Sternwarte zur Zeit von P. Eugen Dobler und P. Plazidus Fixlmillner einige vorhanden waren.
Mit den langbrennweitigen Fernrohren dieser Zeit erreichte man eine geringere Auswirkung des Farbfehlers, der dann erst durch die Erfindung achromatischer Objektivlinsen auf ein Mindestmaß reduziert werden konnte.
"1662 ... trat in Rom Giuseppe Campani mit solch perfekten Fernrohren an die Öffentlichkeit, daß er in kurzer Zeit alle anderen Optiker in den Schatten stellte, was zu einer erbitterten Feindschaft mit Divini führte. Campanis Zusammenarbeit mit dem italienischen Astronomen J. D. Cassini (1625-1712) in Bologna forderte ihn zu immer besseren Leistungen heraus. Als Cassini 1669 erster Direktor der neuen Pariser Sternwarte wurde und mit Campanis Linsen Aufsehen erregende Entdeckungen am Himmel machte, z.B. vier Saturnmonde fand, wurde Campanis Ruhm gefestigt." (Keil, 214)
Giuseppe Campani starb achtzigjährig im Jahre 1715. Er hinterließ die Geheimnisse seiner Kunst seiner Tochter, von der dann Papst Benedikt XIV. das gesamte Laboratorium für sein Istituto delle Scienze ankaufte. (vgl. DE SANTO, 156)


Quellen und Literatur:


RIGHINI BONELLI, Maria Luisa & VAN HELDEN, Albert 1881: Divini and Campani: a forgotten chapter in the history of the Accademia del Cimento, in: Annali dell'Istituto e Museo di storia della scienza, a. 6, fasc. 1, Firenze

DEL PRETE, Antonella 2008: Gli astronomi romani e i loro strumenti. Christiaan Huygens di fronte agli estimatori e detrattori romani delle osservationi di Saturno (1655-1665), in: A. Romano (Hrsg.) Rome et la science moderne: entre Renaissance et Lumieres, Roma, 473-489

DE SANTO, Paolo 2009: Italian Optics in the 17th Century: Fontana, Divini and Campani, in: ASTRUM 2009. Astronomy and Instruments, Italian heritage four hundred years after Galileo, Roma, 153-169

FELLÖCKER, P. Sigmund 1964: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz

KEIL, Inge 2000: Augustanus Opticus. Johann Wiesel (1583-1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg, Colloquia Augustana, Bd. 12, Berlin

VAN HELDEN, Albert 1999: Catalogue of Early Telescopes, Istituto e Museo di Storia della Scienza, Firenze



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(c) P. Amand Kraml 2018-08-27
Letzte Änderung: 2021-09-16