Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Mai 2014



Gnomontafel
Gnomons-Tafel aus dem Astronomischen Kabinett
mit 4 Stellschrauben aus Eisen
Format: 42 x 26,5 cm, Inv. Nr. 13100508
Foto: P. Amand Kraml


Gnomonstafel zur Mittagslinie

Vielleicht mag mancheiner einwenden, es hätte schon interessantere und wichtigere Objekte des Monats in dieser Galerie gegeben. Ich kann dem auch gerne zustimmen. Allerdings ist für uns dieses Objekt doch hausgeschichtlich recht wichtig. Diese einfache weiße Blechplatte mit ihren vier Stellschrauben und den eingezeichneten Linien wurde lange Zeit an der Mittagslinie im Astronomischen Kabinett zur Zeitbestimmung eingesetzt. Sie wurde als Gnomonsplatte bezeichnet. Ein Gnomon ist der Zeiger an einer Sonnenuhr. In abgewandelter Form kann es sich auch um ein Gnomonloch oder Mittagsloch handeln, durch welches zu Mittag die Sonnenstrahlen in einen Raum fallen, auf dessen Boden sie dann an der Mittagslinie einen hellen Punkt zeigen.
Gnomontafel Aufschrift
P. Franz Schwab hat die Aufschrift angebracht, als er die Platte ins Physik-Depot brachte.
Foto: P. Amand Kraml
P. Bonifaz Schwarzenbrunner notiert in seinen Materialien zu einer Geschichte der Sternwarte, dass am 21. September 1806 der Höchststand der Sonne zum ersten Mal an einer untergelegten weißen Blechtafel und an der darauf gezogenen Mittagslinie beobachtet wurde, was zuvor immer nur an der gespannten Schnur allein angestellt wurde. P. Franz Schwab hat offenbar diese Tafel in die Sammlung eingereiht. Die Aufschrift Gnomons-Tafel 1806 stammt wohl von seiner Hand. Das Bewusstsein, dass die Sternwarte ein interessanter Ort der Geschichte der Naturwissenschaften ist, war ja schon seit Schwarzenbrunner und besonders seit P. Sigmund Fellöcker vorhanden. Beide haben sich intensiv mit der Hausgeschichte befasst. Fellöcker hat das Archiv der Sternwarte geordnet und ihre Geschichte verfasst.
Stellschraube Gnomontafel
Mutter auf der Unterseite der Tafel und die dazugehörige Stellschraube mit jeweils den 4 Körnermarken
Foto: P. Amand Kraml
Es scheint mir interessant zu sein, darauf hinzuweisen, dass die Stellschrauben, die zur Ausrichtung der Platte vorgesehen sind, noch ganz individuell gefertigt sind. Für Personen, die mit diesen Dingen vertraut sind, ist das ganz selbstverständlich. Nicht selten aber sieht man in anderen Sammlungen, dass dieses Wissen nicht ganz so selbstverständlich ist. Die Schrauben sind mit einer bestimmten Anzahl von Körnermarken versehen, damit sie den dazugehörigen Innengewinden, die ebenfalls solche Marken tragen, zugeordnet werden könnnen. Die vier Stellschrauben sind also nicht beliebig einzudrehen, sondern jede Schraube hat ihren individuellen Platz. In der nebenstehenden Abbildung ist die vierte Schraube und die dazugehörige Mutter auf der Platte mit den vier Marken zu sehen.
Auch wenn diese Tafel neben dem Kepler-Sextanten und den anderen bedeutenden Sammlungsobjekten im Astronomischen Kabinett eventuell ein wenig mickrig wirken mag, so haben wir sie doch jetzt wieder aus dem Depot an den angestammten Platz zurückgebracht.


Quellen und Literatur:


FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz

RANKL, P. Richard, o. J.: Kartei der Physikalischen Sammlungen, Archiv der Sternwarte-Direktion

SCHWARZENBRUNNER, P. Bonifaz 1827: Materialien zu einer Geschichte der Sternwarte und der Sammlungen in derselben, MS, Archiv der Sternwarte.



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(c) P. Amand Kraml 2014-06-06
Letzte Änderung: 2021-09-16