Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

März 2013



Ohrenmodell
Elfenbeinmodell des menschlichen Ohres
Basis: 4 cm Durchmesser, Höhe: 12 cm,
Elfenbein
Inv. Nr.: Fell Akustik 36, 11091910
Foto: P. Amand Kraml


Elfenbeinmodell des menschlichen Ohres

Zu den ganz alten Objekten unseres Physikalischen Kabinetts gehören Modelle aus Elfenbein vom menschlichen Auge Über ihre Herkunft wissen wir nichts. und vom menschlichen Ohr. Leider ist das Modell des Ohres nicht mehr so gut erhalten, wie das des Auges. P. Laurenz Doberschitz führt in seiner Beschreibung der Sternwarte vom Jahr 1764 dieses Ohren-Modell mit der Nr. 36 unter den Scientifica an. Dabei lässt er sich zu einem recht ausführlichen und interessanten Vergleich von Optik und Akustik anregen:

36. Structura auris, oder das Ohr eines Menschens ordentlich von Elfenbein zusammen gesetzet. Der Schneckengang, oder Gehörgang (Meatus auditorius) das Trummelfell (Membrana tympani) der Hammer (Malleus) der Ambos (incus) der Steigbiegel (Stapes) das runde Bäumlein (arbicularis) kurz alle Theile des Gehöres sind auf das natürlichste entworfen. Aber wie gehört denn das Ohr in die Optick? Ich antworte: Man darf von dem Ohre in der Optick reden, weil der Gegenstand des Gehöres nämlich der Klang mit dem Gegenstand des Auges, so da ist das Licht, in vielen Stücken übereinskömmt, wie ich mich denn erinnere, daß eben zu Wien in den Collegiis Experimentalibus zur Erläuterung der Wirkungen des Lichtes gleichsam parallel die Wirkungen des Klanges in den Experimenten erkläret wurden, also zum Beyspiel gleichwie in einem Thurn der Schall der Klocken, je näher er bey selber ist, desto heftiger das Ohr durchdringet, bis er sich allgemach ausbreitet, und in unsere Ohren kommet: so wird eben auch von einem Sonnenstrahle, der uns ins Auge fällt, je weiter er sich ausbreitet, das Licht immer größer, aber schwächer. Weiters gleichwie, wenn man in einem Thurne bey den geläuteten Klocken nahe stehet, der Schall derselben, weil er stärker ist, nicht zulässet, daß man die Stimme eines Menschens höre: so eben pflegt auch das grössere Licht ein kleineres gänzlich unsichtbar zu machen. Wenn die Sonne scheinet, so sieht man nichts von den Sternen, oder ein Phosphorus wird bei dem Tageslicht nicht wahrgenommen, daß er leuchte, da doch sobald die Fensterbalken geschlossen sind, bey den dadurch verursachten Finsternißen des Zimmers sogleich sein helles Feuer gesehen wird. (* Diesen folget nach der sogenannte lapis Bononiensis, wie man mir zu Bologna selbst in der Specula das Experimentum machte.) Noch mehr diese Gleichförmigkeit zu erproben, so sage ich ferner: Ein Sonnenstrahl, der mit einem Spiegel aufgefangen wird, bricht, und wirft sich an die nächste Wand zurücke, und dieses zeiget sich auch wieder in dem Schall oder Klange, da eben auch dieser sich an die entgegengesetzte Wande bricht, und durch das zurückeprallen verstärket wird, dahero kömmt es, daß das Predigen in einer Kirche, wo die Stimme an die Maure fällt, einem lange nicht so beschwerlich ist, als wenn es auf offenem Felde geschehen muß, wo das Geschrey in freyer Luft keinen Gegenstand findet: Doch ist zu gestehen, daß das Gehör dem Sinne des Gesichts den Vorzug nicht kann strittig machen. Die Materia lucis ist ganz was subtileres, als jene des Klanges. Insgemein wird man eine Sach, die zu gleicher Zeit geschieht, eher sehen, als hören, die Materia lucis ist schneller, die Bewegung in dem Auge zu machen, als der durch den Schall erschütterte Luft sie in dem Ohre verursachet. Wenn eine Püchse oder Carthaune auf freyem Feld in erheblicher Weite wird losgebrennet, so siehet man allezeit viel eher das Feuer, bis man den Knall vernimmet, da doch beydes zu gleicher Zeit an sich selbst geschiehet. Um das Auge also ist es ein großes Kunststück von der Hande jenes Meisters, der alles mit seiner Allmacht so wunderlich gebildet hat. Auch dieses also ist wie das Ohr zum Denkmaal seiner Weisheit abgezeichnet, und ist eben auch vorhanden. Doberschitz, 302-305


Quellen und Literatur:


DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Kremsmünster Februar 1999)



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