aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
März 2011
Obwohl schon oft von hervorragenden Meteorologen und Hydrographen die Ausnahmestellung, welche man
dem Regen unter den übrigen meteorologischen Elementen angewiesen hat — es wird bekanntlich auf den
meisten Stationen die
Regenmenge nur einmal des Tages gemessen, während man zum mindesten dreimalige Terminbeobachtungen
über Temperatur, Luftdruck, Feuchtigkeit etc. macht — verurtheilt worden ist, und von ebenderselben
fachmännischen Seite die verschiedensten Vorschläge gemacht wurden, die eine etwas intensivere
Beobachtung der Niederschlagsmengen, namentlich durch Einführung rationell construirter bezüglicher
Registririnstrumente erzielen sollten, so ist dennoch eine allseitige Ausfuhrung derselben,
abgesehen von den grösseren, besonders reich dotirten Observatorien, bis zur Stunde immer noch ein
frommer Wunsch geblieben. Es scheiterte die Anschaffung der in Vorschlag gebrachten Apparate,
welche eine möglichst continuirliche Aufzeichnung des Regenfalles hinsichtlich seiner Intensität
und Dauer zur Anschauung bringen sollten, gewöhnlich an der subtilen Construction derselben, welche
eine bequeme einfache Bedienung des Instrumentes — namentlich wenn noch elektrische Registrirung
im Spiele war
— von Seite des Beobachters ganz illusorisch machte, hiezu kam dann meistens noch der hohe Preis
solcher registrirender Ombrometer, welcher der allgemeinen
Einführung derselben neben den übrigen meteorologischen Stationsinstrumenten von vornherein schon eine
beinahe unüberwindliche Schranke entgegensetzte. Um so dankenswerther ist es daher, wenn von einer
Seite versucht worden ist, diesen Uebelständen nach Kräften zu begegnen, d. h. einen Apparat zu
erstellen, der auf
einem einfachen sicher functionirenden Principe beruht, der überdies von dem betreffenden Beobachter
sehr leicht zu bedienen ist und welcher namentlich auch rücksichtlich seines Preises gegenüber
ähnlichen Apparaten in vortheilhaftester Weise excellirt, alles Eigenschaften, welche der neue,
sofort zu beschreibende selbstregistrirende Regenmesser aus der Werkstätte von Hottinger & Cie.
dabier in vollem Maasse besitzt.
Das Princip, auf welchem dieser registrirende Ombrometer basirt, ist, wie die
vorstehende Figur (Verticalschnitt) veranschaulicht, das der einfachen Federwage: der
Regenmesser besteht aus dem direct zu exponirendcn trichterförmigen Auffanggefäss A von 250 cma
Oberfläche, von welchem das Wasser (zum Schmelzen des Schnees dient eine kleine Lampe, deren
Verbrennungsgase die Bodenfläche des Auffangtrichters erwärmen) in den eigentlichen Receptor,
in die Umkippschale b, gelangt; mitletztererist ein cylindrisches Stahlstäbchen fest verbunden,
welches an seinem unteren Ende den Registrirstift l (Farbschreiber) trägt und das sich mit
letzterem auf die Spiralfeder H stützt. Diese Feder H ist mit ihrem oberen Ende an die Regulirschraube
/ angelöthct, innerhalb deren das Stahlstäbchen sich frei und ohne Reibung verschieben kann.
Letztere hat den Zweck, je nach Bedürfnis», die Feder mit dem Registrirstift etwas heben oder
senken zu können. Ist die Umkippschale, deren Capacität gerade 500 g beträgt, wasserleer,
also unbelastet, so drückt die Feder den Farbscheiber nach aufwärts, so dass er gerade
über der obersten Horizontalen der Registrirtrommel steht, welch letztere eich durch die
Uhr (m) in 24 Stunden je einmal um ihre Axe dreht, und deren Papierfläche in 24 Abschnitte
zerfällt, von denen jeder hinwiederum 6 Unterabtheilungen (zu 10 Min.) enthält, so dass ganz
wohl ein Zeitintervall von 2 Min. noch unterschieden, bezw. geschätzt werden kann. Wird die
Schale b durch die einlaufende Niederschlagsmenge successive mehr und mehr
belastet, so muss die Feder nach abwärts nachgeben; es tritt für eine bestimmte Regenmenge eine bestimmte
Gleichgewichtslage des Registrirstiftes ein, für welche die (axiale) Verschiebung Ax ans der Nullpunktslage,
bekannten Gesetzen 1) zufolge, genau proportional ist der in b vorhandenen Wassermenge, d. h. also auch
genau proportional der dieser correspondirenden Regenhöhe. Ist die Umkippschale b (die, belastet, ein
kleines Drehmoment nach rechts besitzt) mit Wasser gefüllt, und hat der Farbschreiber seine tiefste
Lage erreicht, so entleert sich die erstere automatisch ins Ablaufgefäss d (vermittels des Ausschalthebels
c, der an die Schraube e stösst) und der Schreiber steigt in Folge der freiwerdenden Federkraft wieder zu
seinem höchsten Punkte empor, was auf dem Registrircylinder durch eine von unten nach oben gehende Linie
markirt wird. Da einer Verschiebung der Zeigerspitze um 100 mm (ganze Papierbreite) eine Regenmenge von
300 cm3, also bei 250 cm2 Auffangfläche eine Niederschlagshöhe von 20 mm entspricht, so berechnet sich
hieraus, dass einer Niederschlagshöhc von 1/10 mm immer noch eine Verschiebung des Schreibstiftes um
1.5 mm correspondirt, was vollkommen ausreichend sein dürfte.
Einer der intensivsten in unserer Gegend beobachteten Regenfälle ist der vom 9. September 1876,
bei welchem Anlass auf der hiesigen Sternwarte in 10 Minuten nicht weniger als 21 mm notirt wurden.
Nehmen wir, um eine sichere obere Grenze zu haben, den doppelten Betrag für jene Zeitdauer, d. h.
durchschnittlich 20 mm per 5 Minuten, so haben wir während 5 Minuten je eine Entleerung des Receptors;
also selbst in diesem jedenfalls ganz exceptionellen Falle wird die für die Rcgistrirtrommel supponirte
Eintheilung immer noch genügen, da 5 Minuten noch ganz gut abgelesen werden können. Zum Schlüsse
noch die Bemerkung, dass, wenn die benutzte Papierfläche durch eine neue ersetzt werden soll, was
am besten je Abends 6h geschieht, dann einfach durch Lösen der Stellschraube i die Rcgistrirtrommel
herausgenommen, und entweder eine andere zuvor fertig gestellte eingesetzt oder einfach ein neues
Papierblatt um letztere gelegt wird.
Bereits sind eine grössere Zahl der nach diesem Principe erstellten Pluviometer für ausländische
Observatorien in Aussicht genommen, so für die österreichische meteorologische Centralanstalt in
Wien durch Herrn Prof. Hann, für das rumänische Stationsnetz durch Herrn Ingenieur Hepites etc. etc.2)
KRAML, P. Amand, 2001: Geschichte der Wetterbeobachtung in Kremsmünster, Festvortrag anläßlich der Jahresversammlung der
Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie, ÖGM-bulletin 2001/1, Wien, 4-10
MAURER, 1884: Selbstregistrirender Regenmesser aus der mechanischen Werkstätte von Hottinger Cie. in Zürich, in:
Zeitschrift der Österr. Gesellschaft für Meteorologie, red. J. Hann, XIX. Band, Wien,
179-181
RESLHUBER, P. Augustin 1856: Die Sternwarte Kremsmünster, in: Der Oberösterreicher, 3. Jg., Linz