Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Dezember 1998



Plößl-Fernrohr
Dialytisches Fernrohr von Simon Plößl, Wien
Kiste: 94 x 26 x 15 cm, Inv. Nr.: 17112506
Foto: P. Amand Kraml


Astronomisches und terrestrisches dialytisches Fernrohr von Simon Plößl

Beschreibung aus G. S. Plößls Neuestem Verzeichnis der optischen Apparate (Oktober 1833, S. 7): Dialytische Fernröhre Nr. 11: Derlei (id est: Nr. 10, Fernrohr von Messing auf Stativ aus messingener Säule mit Dreifuss zum Zusammenlegen, mit horizontaler und verticaler Bewegung) mit Tubus von 35'' Länge, von 33''' Objectivöffnung und 29'' Brennweite; zwei irdische Ocularen von 53- und 70maliger, und drei astronomischen von 45-, 72- und 105maliger Vergrösserung, nebst Sonnenglas, in polirtem Kasten von Nußbaumholz mit Schloss 230 fl.

Simon Plößl (geb. 19. 09. 1794 in Wien - gest. 29. 01. 1868 in Wien) war Sohn eines Tischlers, kam zum Optiker Johann Friedrich Voigtländer (1779 - 1859) in die Lehre und eröffnete 1823 eine eigene Werkstätte für optische Instrumente. Jacquin, Littrow, Ettinghausen und vor allem Andreas Baumgartner haben auf die Qualität von Plößls Instrumenten aufmerksam gemacht. Das dialytische Fernrohr, erfunden von Littrow wurde zuerst von Plößls in vielen verschiedenen Größen gefertigt. Das Verzeichnis von 1833 gibt Modelle mit folgenen Tubuslängen und Objektivöffnungen an: 28''/26''', 35''/33''', 40''/37''', 48''/45''' und 51''/48'''.

Das hier vorgestellte Fernrohr hat P. Marian Koller als Ministerialrat 1856 um 220 CM. unter der Hand gekauft und zwar von der Witwe des Ministerialrat-Officinals Rosine Kurbl. Die Quittung einer Anzahlung vom 31. Juli 1856 gibt uns diesen Hinweis.

Die weiteren drei in der Sternwarte vorhandenen dialytischen Plößl-Fernrohre wurden nicht für die Sternwarte angeschafft, sondern kamen aus dem Nachlass einiger Patres in die Sammlungen. Eines stammte von P. Nonnos Altwirth und noch ein weiteres von P. Marian Koller.


Durch eine lange Reihe von Jahren hatten P. Marian Koller, P. Augustin Reslhuber und P. Gregor Haslberger den optischen Bedarf nicht nur unseres Hauses sondern fast der ganzen Gegend - namentlich an Zugfernrohren und Brillen - ausschließlich bei Herrn Plößl bestellt. Plößl wollte darum seine Dankbarkeit dardurch beweisen, dass er bemüht war, unserem Physikalischen Kabinett eines der vorzüglichsten Instrumente aus seiner Meisterhand zu verschaffen. So schenkte Plößl 1855 zu dem vorhandenen großen zusammengesetzten Mikroskop aus seiner Werkstätte, das von P. Marian Koller 1831 angekauft worden war, eine ganz neue "Objectiv-Linsen-Combination" im Wert von 80 fl. Eine genaue Beschreibung dieses Mikroskopes liefert P. Sigmund Fellöcker S. 43-58.

Folgende optische Instrumente wurden aus Plößls Werkstatt für unsere Sammlungen angekauft:
1831: Großes zusammengesetztes Mikroskop, 205 fl.
1834: Interferrenz-Spiegel nach Fresnel, 22 fl.
1834: Interferrenz-Prisma nach Pouillet
1834: Beugungsapparat nach Fraunhofer, 75 fl.
1835: Stampfers Optometer, 15 fl.
1836: Camera obscura mit einer meniscusartigen Prismenlinse nach Chevallier
1844: Ein dialytisches Theaterperspektiv, 11 fl.
1847: Ein Sonnen-Mikroskop mit 4 achromatischen Linsen, 35 fl.; 4 Objektenschieber samt Probenobjekten, 4 fl.
1853: Die vorhandenen Interferrenz-Spiegel neu gefaßt von Plößl, Wien, 20 fl.
1855: Vorrichtung zur schiefen Beleuchtung undurchsichtiger Körper, 7 fl. 30 x, Neue Objectiv-Linsen-Combination im Wert von 80 fl. als Geschenk
1856: Ein Tubus in Messingfassung mit einem terrestrischen und zwei astronomichen Ocularen von 34-, 45- und 75maliger Vergrößerung; ein Zugfernrohr mit 3 messingeren Auszugföhren von 20" Brennweite und 19 ''' Öffnung samt einem astronomischen Ocular; ein zusammengesetztes Mikroskop mit 25- bis 100 maliger linearer Vergrößerung.
Dazu kamen die beiden Reisemikroskope von P. Basil Schönberger und P. Nonnos Altwirth, die nach deren Tod um 1850 bzw. 1856 der physikalischen Sammlung einverleibt wurden.


Literatur:


Faszikel P. Marian Koller Conto's astronomische, physikalische und geometrische Instrumente betreffend, Manuskripte VII, Koller 3 im Archiv der Sternwartedirektion

ANONYMUS 1837: Biographische Notizen über Simon Plössl, in: Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften Hrsg.: A. Baumgarten, 4. Bd. 1837, Wien, 379-384

FELLÖCKER, P. Sigmund o. J.: Physikal. Cabinet. Instrumente und Experimente MS, Archiv der Sternwarte

FELLÖCKER, P. Sigmund 1871: Physikalisches Cabinet. Catalog 1871, MS im Archiv der Sternwartedirektion

PLÖSSL, Simon 1831: Verzeichniss der von Herrn Plössl in Wien verfertigten Instrumente, Beilage zu Nr. 188 der Astronomischen Nachrichten, Bd. 8 hrsg. v. H. C. Schuhmacher, Altona, 381-386

PLÖSSL, Simon 1831: Neues Verzeichniss der gangbarsten optischen Apparate, welche von G. S. Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien, ... verfertiget werden, Beilage zu Nr. 188 der Astronomischen Nachrichten, Bd. 8 hrsg. v. H. C. Schuhmacher, Altona, 386-392

PLÖSSL, Simon 1934: Neuestes Verzeichniss der optischen Apparate, welche von G. S. Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien ... verfertiget werden, Beilage zu Nr. 254 der Astronomischen Nachrichten, Bd. 11 hrsg. v. H. C. Schuhmacher, Altona, 245-252

PLÖSSL, Simon 1844. Verzeichniss dedr optischen Apparate, welche von Simon Plöss, Optiker und Mechaniker in Wien ... verfertiget werden, Annalen der k. k. Sternwarte in Wien nach dem Befehle Seiner k. k. Majestät auf öffentliche Kosten hrsg. v. C. L. Littrow, 23. Theil, NF. 3. Bd. Wien, 126-134

WURZBACH, Constant v. 1870: Plößl, in Biographisches Lexicon, 22. Theil, Wien, 441-443


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