Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Dezember 2010



Schulbuch der Mineralogie
Anfangsgründe der Mineralogie
Foto: P. Amand Kraml


Lehrbuch von P. Sigmund Fellöcker
Anfangsgründe der Mineralogie

In der Sitzung vom 18. November 1851 legt Dr. M. Hörnes das soeben vollendete Werk „Anfangsgründe der Mineralogie für Gymnasien und Realschulen, bearbeitet von Sigmund Fellöcker, Capitular des Stiftes Kremsmünster," zur Ansicht vor. Herr Fellöcker, in der wissenschaftlichen Welt durch Anfertigung seiner Sternkarte rühmlichst bekannt, wurde mit dem Vortrage über Mineralogie an dem Gymnasium zu Kremsmünster betraut. Er erkannte bald das Bedürfniss eines populären Handbuches, welches Schülern, bei welchen man nur wenige Vorkenntnisse voraussetzen kann, die Grundbegriffe der Mohs'-schen Methode in leicht verständlicher Weise beizubringen geeignet ist, stellte die Materialien für ein solches erst zu eigenem Gebrauche zusammen und veröffentlichte nunmehr sein Werk, nachdem er durch den Beifall Sachkundiger hierzu aufgefordert worden war. Wenn auch in der Hauptsache dem Mohsschen Systeme folgend, hat doch der Verfasser, wo es ihm die Deutlichkeit und Verständlichkeit wünschenswerth zu machen schien, hin und wieder Aenderungen vorgenommen, und namentlich sehr zweckmässig die nöthigen chemischen Vorbegriffe, ohne deren Hilfe der Schüler von der technischen Verwendbarkeit der Mineralien keine Vorstellung erlangen kann, beigefügt.
Herr Dr. Hörnes sprach die Hoffnung aus, dass Herrn Fellöcker's Werk zur allgemeineren Verbreitung mineralogischer Kenntnisse.
(Jahrbuch der Geol. Reichsanstalt, 158)

Offenbar hat sich Hörnes Hoffnung bewahrheitet, denn schon bei Wretschko findet sich 1861 die Bemerkung: alle terminologischen Begriffe, die krystallographischen nicht ausgenommen, müssen dem Schüler gelegentlich bei Besichtigung der Mineralkörper selbst beigebracht werden; ich brauche mich darüber weitläufiger nicht auszusprechen, sondern nur auf den "Anschauungsunterricht in der Mineralogie von Fellöcker zu verweisen: für die Beibringung der hervorragendsten physikalischen Eigenschaften, wie der Gestaltungs- und Zusammenstetzungsverhältnisse, dürfte dies für den allerersten Anfang wol der beste Leitfaden sein. (Wretschko, 444)

Hörnes Besprechung der zweiten Auflage: Anfangsgründe der Mineralogie für Untergymnasien und Unterrealschulen, bearbeitet von Sigmund Fellöcker, 1858. Wien bei C. Gerold u. Sohn. Mit vielen in den Text eingedruckten Holzschnitten. 94 S. 8°.
Der Hr. Verf. hat in einem früheren Werkchen: "Anfangsgründe der Mineralogie für Gymnasien u. s. w. 1852", den Versuch gemacht, die Mohs'sche Methode auch beim Elementarunterrichte einzuführen. Da aber von demselben so eben eine zweite Auflage vorbereitet wird, welche wesentliche Verbesserungen enthalten soll, so übergehe ich die Besprechung dieses letzteren und theile hier nur einiges über das vorliegende Werkchen für Untergymnasien mit. Was vorerst die Methode selbst betrifft, so ist es eine bekannte Thatsache, dass Mohs der erste war, der die Mineralien nach dem Principe der Naturgeschichte überhaupt ordnete, während man früher, theilweise noch gegenwärtig, wie dieselben nach ihren chemischen Bestandteilen eintheilte. Mohs fasste bei der Aneinanderreihung der einzelnen Arten den Gesammtcharakter des Minerals in's Auge, so wie man gegenwärtig in dem sogenannten natürlichen Systeme der Botanik den Gesammtcharakter einer Pflanze und nicht die einzelnen Bestandteile der Pflanzen allein berücksichtigt. Es ist klar, dass durch diese Methode Einheit in das Studium der Naturgeschichte im allgemeinen und jedes speciellen Theiles kommen müsse, und dass dieselbe am geeignetsten ist, den Anfänger mit den Mineralien auf eine nicht bloss oberflächliche Weise bekannt zu machen. — Dadurch, dass Mohs die sogenannten äusseren Charaktere im Gegensatze zu den inneren besonders hervorhebt, gewinnt das Studium ungemein, denn diese Eigenschaften lassen sich mit den Sinnen wahrnehmen, man kann sich mit Leichtigkeit von der Richtigkeit der Beschreibung durch eigene Auschauung überzeugen, während man selten in der Lage ist, die Angaben der chemischen Verhältnisse durch Versuche zu erproben. Namentlich sind es die mannigfaltigen Krystallgestalten, die den jugendlichen Geist besonders fesseln, und ihm bei einer guten Anleitung die scheinbaren Räthsel zu lösen und Lust und Liebe für den Gegenstand einzuflössen vermögen. — Der Hr. Verf. hat sich durch längere Zeit selbst überzeugt, dass die Mohs'sche Methode auch beim Elementarunterrichte angewendet werden könne, und dass sie, mit gehöriger Aufmerksamkeit vorgetragen, die herrlichsten Früchte trage. Der Hr. Verf. hat mit viel Gewandtheit das wissenswürdigste aus dem grossen Materiale herauszuheben gewusst, und dasselbe in einer recht gefälligen Form den Schülern dargebracht. Wir sind Hrn Fellöcker Dank schuldig, dass er sich zuerst die Aufgabe setzte, die Mohs'sche Methode auf eine leicht verständliche, populäre Weise vorzutragen, und sie so für die studierende Jugend brauchbar zu machen. Es ist unbestreitbar, dass die ersten Keime, die in den jugendlichen Geist gelegt werden , stets ihren Einfluss durch das ganze Leben hindurch ausüben, es ist daher höchst wichtig, dass schon beim ersten Unterrichte eine Methode angewendet werde, die als Grundlage aller künftigen Studien gelten kann. Als eine neue dieses Werkchen von ähnlichen Büchern wesentlich auszeichnende Erscheinung begrüssen wir die zahlreichen netten Holzschnitte, die dem Texte beigegeben sind, und welche die Brauchbarkeit des Buches ungemein erhöhen.
Sollen wir am Schlusse dieser Mittheilung noch einen Wunsch aussprechen, so wäre es der, dass sich ein Lehrer die Aufgabe setzte, zur Erläuterung dieses Werkchens eine ausführliche Anleitung zur Darstellung von Krystallgestalten, sowol als Zeichnung auf dem Papier, als auch in wirklichen Körpergestalten aus Holz oder Pappe, zu schreiben, ein Unternehmen, welches der lernbegierigen Jugend gewiss äusserst erwünscht wäre.
Wien. Dr. Hörnes.


Quellen und Literatur:


ANONYMUS, 1851: Jahrbuch der k . k. Geologischen Reichsanstalt, II. Jg., IV. Heft, Wien, 158

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1852: Anfangsgründe der Mineralogie für Gymnasien und Unterrealschulen, (Gerold) Wien (Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1855: Anfangsgründe der Mineralogie für Gymnasien und Unterrealschulen, 2. Aufl. (Gerold) Wien (Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1858: Anfangsgründe der Mineralogie für Gymnasien und Unterrealschulen, 3. Aufl. (Gerold) Wien (Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1862: Anfangsgründe der Mineralogie, bearbeitet für die Unter-Realschulen. Mit vielen in den Text gedruckten Holzschnitten. 4. Aufl. (Gerolds Sohn) Wien (90 Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1862: Principi di mineralogia per le classi inferiori dei ginnasi e delle scuole reali. Con molte incisioni in legno. (Gerold figlio) Vienna, (VIII, 92 Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1871: Anfangsgründe der Mineralogie für Gymnasien und Unterrealschulen, 5. Aufl. (Gerold) Wien (Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1872: Principi di mineralogia, 5. Aufl. (Gerold) Wien (Seiten)

FELLÖCKER, P. Sigmund, 1857: Anschauungsunterricht in der Mineralogie: für die k. k. österreichischen Untergymnasien und Unterrealschulen, (Gerold) Wien (Seiten)

FELLÖCKER, Sigmund, 1862: Anschauungsunterricht in der Mineralogie: für die k. k. österreichischen Untergymnasien und Unterrealschulen, 2. Aufl. (Gerold) Wien (52 Seiten)

HÖRNES, 1853: Rezension: Anfangsgründe der Mineralogie..., in: Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien, 4. Jg., Wien, 408-409

KEHREIN, Joseph, 1868: "Siegmund Fellöcker", in: Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert, I. Bd. , 94

WRETSCHKO, Matth., 1861: Über die Behandlung der Naturgeschichte an den Gymnasien, in: Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien, 12. Jg., Wien 438-454



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