aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Februar 2009
Foto: P. Amand Kraml
Eine Beschreibung der Funktion und der Verwendung können wir direkt P. Sigmund Fellöckers Lehrbuch der Mineralogie
und Geognosie für Obergymnasien und Oberrealschulen entnehmen:
Wollaston's Goniometer von Frankenheim verbessert (Fig. 64). - Auf einer horizontalen Fußplatte gh steht ein
zweifüßiger Bock mn und trägt einen vertikalen eingetheilten Kreis aa, dessen horizontale Axe fk einerseits in eine zur
leichteren Drehung dienende Scheibe vv endigt. Derselbe Bock trägt auch einen unbeweglichen Arm iq mit dem Index
oder Nonius q.
Die Axe fk des Kreises ist ihrer Länge nach durchbohrt und umschließt die Axe tt' des Krystallträgers, welche sich
in der hohlen Axe fk des Kreises durch die Scheibe ss so drehen läßt, daß bei ihrer Drehung der Kreis unverrückt
bleibt, sie dagegen allen Drehungenen des Kreises durch die Scheibe vv mit unterworfen ist.
Die Axe tt' trägt an ihrem Ende t die gleichfalls zur leichteren Drehung dienende Scheibe ss, am andern t' den
Krystall, doch nicht unmittelbar, sondern auf einem Plättchen c, welches durch den Stift p und den in d gebrochenen Halbkreis
lf bewegt werden kann.
Anstatt dieser Mechanik hat Frankenheim eine Vorrichtung angebracht, durch welche das richtige Einstellen des
Krystalls ungemein erleichtert wird, während die Fußplatte gh vergrößert und oblong ist und an der linken Seite einen
beweglichen Spiegel bb (Fig. 65) trägt, welcher derartig eingeschnittene Linien oo zeigt, daß dieselben der Axe des
Kreises aa parallel gehen, mithin auf der Ebene des Kreises aa senkrecht stehen. Zu besonderem Zwecke sind noch Linien yy
in dem Spiegel geschnitten, welche die Linien oo senkrecht durchkreuzen.
Die von Frankenheim angebrachte Vorrichtung AA', welche Fig. 65 in natürlicher Größe darstellt, ist bei A' der Axe tt'
eingefügt und wird durch dieselbe gedreht. Sie trägt zunächst zwei Paare rechtwinklig gegen einander verschiebbare
Stäbe, ww, xx Fig. 65 und 66. In der letzteren Figur ist dieselbe Vorrichtung so gezeichnet, wie sie sich als
Projektion auf die Ebene der Scheibe aa ergibt, wordurch man die rechtwinklige Verschiebbarkeit der Stäbe ww und
xx sieht. In Figur 65 konnte nur der Anblick einer der Stäbe ww gegeben werden, da dieser den zweiten deckt, von den
zweiten Stäben xx können nur die Enden in der Projektion auf die Fußplatte gesehen werden.
Das System dieser Stäbe trägt den Apparat DA, Fig. 65, welcher alle möglichen Wendungen für einen auf dem Plättchen z
befestigten Krystall gestattet, indem dasselbe durch den Stift aa innerhalb der Hülse b durch den Griff dd gedreht
werden kann, die Vorrichtung zd aber innerhalb der Hülse n um einen Axe gedreht wird, welche die Verlängerung der Axe
ff ist. Die letztere wird wiederum von den Enden zweier Schrauben uu (sichtbar in Fig. 66), welche durch den Ring rr
hindurchgehen, jedoch nur lose gehalten, um sie bewegen zu können. Eine vierte Bewegung wird endlich durch den Ring
rr hervorgebracht, welcher von den Spitzen der Schrauben mm so lose gehalten wird, daß eine Drehung ermöglicht ist.
Foto: P. Amand Kraml
Nach dem angegebenen Principe der Messung muß die Kantenlinie der zu messenden Kante des Krystalls parallel mit der Axe
der Scheibe aa gestellt werden, oder mit anderen Worten, sie muß eine senkrechte Stellung gegen die Ebene des
Kreises aa einnehmen; die dazu nöthige Operation nennt man das Justiren. Dann muß die mit der Axe der Scheibe
aa, also mit der Axe tt' parallel gestellte Kantenlinie so im Raume verschoben werden, daß sie in die
geometrische Axenlinie des Kreises aa zu liegen kommt, daß sie bei der Drehung vermittelst der Scheibe ss und vv
unverändert bleibt, und selbst die Axe in der Verlängerung darstellt, um welche der Krystall sich bewegt, ohne
daß die Kantenlinie sich in ihrer Lage verändert. Die dazu nöthige Operation nennt man das Centriren.
Vermittelst der Frankenheim'schen Vorrichtung justirt und centrirt man die Kantenlinie unabhängig von äußeren
Gegenständen und Linien. Ist der Krystall auf z befestigt und hat man eine Kante zur Messung ausgewählt, so sucht
man sie parallel mit einer der Spiegellinien oo zu stellen, was durch einfaches Visiren erreicht werden kann,
da man die Abweichungen der Kantenlinie und irgend einer Spiegellinie oo von der Parallelität mit dem Auge
deutlich erkennt und die leichte Beweglichkeit durch die mannigfachen Drehungen jede Differenz auszugleichen
gestattet.
Hat man die Kantenlinie parallel mit irgend einer Spiegellinie oo gestellt und zur Controle durch Drehung
mittelst der Scheibe ss den Krystall in seiner Lage verändert, wobei aber die Kantenlinie, wenn sie wirklich
richtig gestellt worden ist, die Parallelität mit oo nicht verlieren darf, so ist sie auch parallel der Axe
der Scheibe aa gestellt, weil die Spiegellinien oo parallel der Axe der Scheibe aa eingeschnitten sind, oder
senkrecht gegen die Ebene der Scheibe aa stehen, mithin ist die Kantenlinie justirt.
Dann hat man nur nöthig, vermittelst der rechtwinkligen Verschiebbarkeit der Stäbe xx und ww der Kantenlinie,
eine solche Lage zu geben, daß sie in die geometrische Axenlinie des Kreises aa fällt, was man an besten erreicht,
wenn man wiederum gegen die Spiegellinien oo visirt. So lange sie beim Drehen vermittelst der Scheibe ss
ihren Ort verändert, also beim Visiren gegen eine bestimmte Spiegellinie von dieser mehr oder weniger durch
das Drehen entfernt ist, so lange ist sie nicht centrirt und man muß die Verschiebung fortsetzen, bis man
beim Visiren gegen eine Spiegellinie oo sieht, daß beim Drehen vermittelst ss wohl die Masse des Krystalls
sich bewegt, die Kantenlinie aber unverändert bleibt. Ist dies erreicht, dann ist die Kantenlinie centrirt.
Spiegelung der ersten Fläche (Fig 67). - Ist die zu messende Kante justirt und centrirt, so stellt man
durch Drehung an der Scheibe vv den Nullpunkt des Kreises auf den Nullpunkt des Nonius und dreht dann
mittels der Scheibe ss den Krystall so lange, bis ein entferntes, zur Beobachtung ausgewähltes Objekt S auf
einer der beiden Krystallflächen, z. B. auf CD, sich abspiegelt, und also ein Bild A von S dem Auge O gibt.
Figur 63 aus Fellöcker, Lehrbuch
Figur 67 aus Fellöcker, Lehrbuch
Ein solches Objekt bildet am Tage etwa die Spitze eines gegenüberstehenden Thurmes, oder ein Theil eines
gegenüberstehenden Hauses, bei Nacht eine Lichtlinie in einem Schirme, der etwa über der Zimmerthüre angebracht
wird.
Fixirung des Bildes. - Ist die spiegelnde Fläche etwas ausgedehnter, so hat das Bild auf dieser ganzen
Fläche einen Spielraum, der die Messung unsicher macht. Man muß daher bei fester Stellung des Auges die
spiegelnde Fläche durch geringe Wendung vermittelst der Scheibe ss in eine solche Stellung bringen, daß,
wie bei Figur 63 gezeigt wurde, das auffallende Objekt S möglichst nahe der Kantenlinie C zu liegen scheine,
oder die Linie OA dicht an C liege.
Spiegelung der zweiten Fläche. - Nun dreht man mittels der Scheibe vv den eingetheilten Kreis,
wobei der Krystallträger und der Krystall selbst in die gleiche Drehung geräth; das Objekt S verschwindet
sofort beim Beginn der Drehung und man dreht bei unveränderter Stellung des Auges die Scheibe vv so lange,
bis dasselbe Objekt in der Ebene CE dicht an C erscheint, in welchem Moment des Eintretens des Objekt man
mit dem Drehen inne hält.
Es erübrigt jetzt nichts, als die Ablesung am Kreise, indem, wie schon bemerkt, der Drehungswinkel des Kreises
die Ergänzung des gesuchten Kantenwinkels zu 180°, dieser selbst also 180° weniger dem Drehungswinkel des
Kreises ist.
(Fellöcker, Lehrbuch, 17-21)
FELLÖCKER, P. Sigmund, Lehrbuch der Mineralogie und Geognosie für Obergymnasien und Oberrealschulen, 3. Aufl. Wien 1864
FELLÖCKER, P. Sigmund, Physikalisches Cabinett, Catalog, [MS] Kremsmünster 1871