aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
März 2004
Eine ovale Grundplatte (26 x 21,5 cm) aus Messing mit vier Stellschrauben und einem Pendel zum Horizontalstellen der Uhr trägt eine Minutensonnenuhr. Die Äquatorebene (d=15,3 cm) ist nach einer auf der Grundplatte befindlichen Skala auf die geographische Breite einzustellen. Auf dieser Ebene sind am Rande die Stunden und Viertelstunden angebracht. Der Rand ist gezahnt. Es fallen auf jede Stunde sechs Zähne, die in ein kleines, mit sechs Zähnen versehenes Rad eingreifen. Dieses ist entlang der ganzen Peripherie der Äquatorebene verschiebbar und dreht sich in einer Stunde einmal um. Ein mit diesem Rad verbundener Zeiger streicht über eine, in 60 Teile geteilte Scheibe, wodurch die Minuten angegeben werden. Der Arm, der das Rad trägt, hat eine kleine Platte, die nach der Deklination der Sonne verschoben werden kann, bis das Licht durch eine Öffnung in der Platte auf den Mittelpunkt einer zweiten, weiter hinten liegenden Platte fällt. Eine Teilung in Monate bzw. Tierkreiszeichen am Ende des Armes erleichtert die Einstellung auf die Sonne. Leere Stellen sind durch schöne Gravierungen ausgefüllt. Vorne ist die Inschrift: Franz Antony Knitel fecit Lincii.
Auf der Grundplatte befinden sich neun Wappen, darunter das von Oberösterreich, St. Florian und Schlägl. Außerdem stehen, kreisförmig angeordnet, mehrere Chronographica auf dieser Platte. Sie alle ergeben die Jahreszahl 1713. Zwar haben sie eine lateinische Gestalt, es kommen aber nichtlateinische Wortformen heraus, so daß sie als unübersetzbar zu bezeichnen sind. Sie lauten:
Über diese Uhr schreibt S. Fellöcker (Geschichte 8, Fußnote 5): Von diesem Franz Anton Knitel überbrachte mir jüngst (21. Mai 1864) unser alter, blinder Mechaniker, Herr Simon Lettenmair, eine köstliche Reliquie, eine große, sehr sinnig ausgedachte und meisterhaft ausgeführte Sonnenuhr; die sieben Chronographica darauf, wahrscheinlich Abschiedsgrüße an seine Freunde hier und anderwärts, geben alle die Jahreszahl 1713. Es überkam mich bei ihrem Anblick ein eigenthümliches Gefühl; ich wußte ja, daß derselbe Franz Anton Knitel P. Gabriel Fauconnet's Lehrer in der Mathematik war, daß dieser Fr. Alexander Fixlmillner's Novizenmeister wurde und ihm seine Liebe zu den mathematischen Studien beibrachte, daß letzterer endlich später Prälat und - der Erbauer der Sternwarte wurde!"
In seinen handgeschriebenen Aufzeichnungen Physikalisches Cabinet, Instrumente und Experimente" schreibt derselbe S. Fellöcker: Am Rande herum sind 9 Wappen sehr sauber graviert: am Ende der großen Axe das Wappen des Erzherzogthums Oberösterreich: der Adler und parallele Bänder; dann die Wappen der damaligen 8 ständischen Verordneten, zwei vom Prälaten-, zwei vom Herren- (Grafen und Barone), zwei vom Ritterstand, zwei von den Städten. Mit Hilfe eines prachtvollen Wappenbuches von Oberösterreich, das mir Director Beda Piringer aus unserem Archive in die Hand gab, konnte ich alle jene Wappen entziffern mit Ausnahme eines einzigen, das einem städtischen Verordneten gehören mußte. Es sind folgende:
Stift St. Florian: Kreuz: Propst Franciscus.
Kloster Schlögl: zwei Schlögel: Abt Siardus
Ita tV franCisCe tene sIarDVM.
Johann Ernreich (Honorius) Graf und Herr zu Sprinzenstein: Sprinz.
Ott Sigmund Hager Freiherr von Allentsteig: zwei Sterne.
honorI et sIgIsMVnDe ConCVrrant.
Wolf Max Spiller von Mitterberg: zwei Schachbrette.
Benedict Haidn von Dorff: Schütze.
woLffgangVs et beneDICtVs seD ne Longe DesItIs.
Johann Adam Pruner, Rath von Linz: eine Brunnenmuschel, darin eine Figur, welche aus den Händen Wasser spendet.
Adam
a bInIs aDaMIs hoC opVs CoronatVr.
Nach diesen Aufschriften zu schließen, scheint das elegant gearbeitete Instrument zu einem Andenken bestimmt gewesen zu sein, das einer der Genannten (oder etwa unser Herr Praelat Alexander Strasser?!) beim Austritte aus seiner (als Primas der Stände) Stellung seinen Collegen widmete (vielleicht jedem ein solches Exemplar!)" Soweit Sigmund Fellöcker in seinen Aufzeichnungen. Im Archiv der Sternwarte befindet sich auch noch der Auszug eines Briefes des Abtes Leonhard Achleuthner vom 13. Mai 1893 an P. Franz Schwab mit näheren Angaben über die auf dieser Sonnenuhr genannten Stände.
vgl. RABENALT 1996, 12-14.
FELLÖCKER, P. Sigmund, Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei
Kremsmünster, Linz 1864
GRÜLL, Georg, Die Ingenieure Knittel im Rahmen der oö. Mappierungen im 17. u. 18.
Jahrhundert; in: Mitteilungen des Oö. Landesarchives Bd. 2 (1952), Linz, S. 43-
NEUMANN, Erwin, Eine Tischsonnenuhr des Linzer Ingenieurs Franz Anton Knittel, in: Oberösterreichische
Heimatblätter, Jg. 11/Heft 1, Jänner-März 1957, Linz, 53-54
RABENALT, P. Ansgar, Die Sonnenuhrensammlung der Sternwarte Kremsmünster, in: 98. Jahresberich Schuljahr
1955, Obergymnasium der Benediktiner zu Kremsmünster, Kremsmünster 1955, 11 - 60
RABENALT, P. Ansgar +. Die Sonnenuhrensammlung der Sternwarte
Kremsmünster, Berichte des ADV Nr. 33, Kremsmünster 1996
ZINNER, Ernst, Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11. - 18. Jahrhunderts,
2. Aufl. München 1972