Zach Weimar, 1799
P. Placidus Fixlmillner Benediciner und Astronom im Kloster und Stift Kremsmünster in Oesterreich, wurde den 28. May 1721 in Achleiten, eimem Dorfe in Vorder-Oesterreich, nicht weit vom Kremsmünster geboren. Sein Vater war Pfleger daselbst, und ein leiblicher Bruder des Abts Alexander Fixlmillner, welchem das Stift die Errichtung einer adelichen Erziehungs-Academie und einer Sternwarte zu verdanken hat. Seine ersten Studien machte er in der Klosterschule zu Kremsmünster. Schon damahls fand er vorzügliches Vergnügen an Mathematik und am Nachzeichnen geometrischer Figuren, so daß feine Mutter ihn scherzweise einen Kalendermacher nannte. Er ging von da nach Salzburg, wo er den philosophischen Cursus vollendete, und die Doctorwürde in dieser Facultät erhielt. Seine Neigung zu den mathematischen Wissenschaften nahm indessen zu und zeigte sich immer deutlicher. Als er sich einst ein Geschenk von seinem Vater ausbitten sollte, nannte er Wolf's Auszug aus den mathematischen Wissenschaften, welches Buch seine angenehmste und beynahe einzige Unterhaltung in freyen Stunden ausmachte. Indess hatte er sich für das Klosterleben bestimmt, wurde 1737 als Novitius in das Stift Kremsmünster aufgenommen, und legte das Jahr darauf das feyerliche Gelübde in die Hände seines Oheims, des damahligen Abts Alexander nieder. Als er zwey Jahre im Kloster gewesen war, schickte ihn sein Oheim wieder nach Salzburg, um dort seine juristischen und theologischen Studien zu vollenden. Dies that unser Placidus, beschäftigte sich daneben noch ernsthaft mit Mathematik, Sprachen, Geschichte und Alterthümern. Das Clavier und die Orgel kunstmäßig zu spielen, und sowol im Kirchen - als Theater-Styl zu componiren, machte er besondere Fortschritte. Er disputierte über theologische Theses, wurde Doctor der Theologie, kehrte 1745 wieder in sein Kloster zurück und erhielt dort die Priester-Würde.
Um diese Zeit wurde die adeliche Ritterschule in Kremsmünster errichtet. Bey dieser neuen Anstalt wurde unserem Placidus das Lehramt des Kirchen-Rechts, in welchem Fach er sich allgemeines Lob auf der Universität erworben hatte, übertragen, ein Amt, das er 40 Jahre lang ruhmvoll bekleidete, und nur kurz vor seinem Tode niederlegte. Fast um eben diese Zeit wurde er zum Decan der höheren Schulen, zum zweyten, und bald darauf zum ersten Regenten über die adeliche Jugend bestellt, in welchen Aemtern er auch bis zu seimem Tode blieb. Er hatte große Kenntnisse im Kirchen-Rechte, er musste daher viele Responsa in Processen geben, und ähnliche Geschäfte für das Kloster übernehmen, indem er zugleich Notarius apostolicus in Curia romana inscriptus war.
Im Jahre 1760 gab er ein theologisches Werk im Druck heraus, über den göttlichen Ursprung der Kirche, das aber Meusel in seinem gelehrten Deutschland nicht anführt: „Rei publicae Sacrae origines Divinae, seu Ecclesiae Christi exterior Junctura, Imperium et Hierarchia, ex primigenia ejus Institutione eruta ac demonstrata." So achtungswerth auch schon diese rühmliche Thätigkeit unserm Placidus machen würde, so ist es doch seine Beschäftigung mit der Sternkunde, durch welche er sich als Beobachter und Schriftsteller ein vorzügliches Verdienst erwarb. Der oberwähnte Abt Alexander Fixlmillner, ein großer Freund der Wissenschaften, besonders der mathematischen, beschloss im Jahre 1747 zur Verbreitung derselben in seinem Kloster Anstalten zu treffen. Er bestimmte erstlich ein geräumiges Zimmer zur bequemen Aufstellung einiger mathematischen und physikalischen Instrumente. Diess führte weiter, und er machte den Entwurf, zum Gebrauch und zur anständigen gelehrten Beschäftigung seiner Conventualen eine Sternwarte zu erbauen. Unter denjenigen Klöstern, die schon seit lange ihre Muße und ihren Reichthum den Wissenschaften und dom Besten der Menschen zu widmen gewohnt sind, zeichnet sich das begüterte Stift Kremsmünster vorzüglich aus. Diese uralte Abtey ist nicht ein Wohnort des Aberglaubens und der Trägheit. sondern eine Pflegerin der edelsten Wissenschaften. Im Jahre 1748 wurde der Bau der Sternwarte angefangen, 1758 vollendet, und die Aufsicht darüber dem Ordens-Bruder Eugenius Dobler übertragen. Alexander's Nachfolger, der Abt Berthold Vogel, der lange Zeit in Salzburg Professor S. S. Canonum und Rector der Universität war, kannte schon von dorther unsers Fixlmillner's vorzügliche mathematische Kenntnisse. Er ernannte ihn daher im Jahre 1762 mit Beybehaltung des Lehramts des Kirchen-Rechtes zum Kremsmünsterischen Astronomen. Mit dem größten Eifer suchte er sich in der Mitte seines Lebens noch gründlich mit seinem neuen Geschäfts bekannt zu machen. Er hatte sich noch nie mit ausübender Sternkunde abgegeben; er hatte nicht einmahl genaue Kenntnisse von den Büchern in diesem Fache, aus denen er einen vollständigen Unterricht schöpfen konnte. Indessen Liebe zu der Wissenschaft, gute Vorkenntnisse, und der Wunsch, seinem Stifte und der Welt nützlich zu werden, besiegten alle Schwierigkeiten. Das erste Buch, was ihm in die Hände kam, war La Lande's Exposition du Calcul asronomique. Mit diesem allein, ohne alle mündliche Anweisung, fieng er an zu lernen, und Versuche zu machen. Dieses Buch nebst den Vlacq’schen logarithmischen Tafeln waren so lange seine einzigen Hülfsquellen, bis er endlich La Lande's großes Werk über die Astronomie erhielt. Nun legte er Hand an die Einrichtung seiner Sternwarte. Glücklicher Weise fand sich ein Zimmermann Namens Johann Illinger, aus einem zur Abtey gehörigen Dorfe gebürtig, ein Mann von großen natürlichen Talenten für Mechanik, der zwar nie lesen und schreiben lernte, es aber unter unsers Placillus Anleitung so weit brachte, daß er Mauer-Quadranten, Zenith-Sectoren, Passagen-Inftrumente und auch Pendel-Uhren sehr genau und sauber verfertigte. Andere Instrumenta wurden von Brander aus Augsburg, und achromatische Fernröhre von Dollond aus England verschrieben, und so wurde unter unsers Fixlmillner's Thätigkeit die Kremsmünster Sternwarte eine der am besten eingerichteten und berühmtesten in Deutschland. Seine Gehülfen waren besonders Prof. Thadd. Derfflinger, der nun auch sein verdienter Nachfolger geworden ist, und P. Benno Waller.
Fixlmillner erwarb sich nun auch einen ansehnlichen Rang unter den astronomischen Schriftstellern. Im Jahre 1765 gab er seinen „Meridianus Speculae afron. Cremifunenfis” heraus, worin er die ersten Elemente einer Sternwarte, die geographische Länge und Breite derselben festsetzt. Im Jahre 1776 gab er sein zweytes Werk heraus „Decennium afronomicum", welches die zu Kremsmünster von ihm angestellten Beobachtungen von 1765 bis 1775 enthält, und voll der nützlichsten und brauchbarsten Bemerkungen ist. Sein drittes Werk „Acta asronomica Cremfanensia”, welches er in den letzten Zeiten seines Lebens ausarbeitete, und welches nach einem Tode gedruckt worden ist, erschien 1791. Es enthält einen Schatz von Beobachtungen vom Jahr 1776 bis 1791, eine Menge Berechnungen und Abhandlungen, welche seinen Ruhm in diesem Fache noch mehr befestigen werden. Außerdem enthalten das Journal des Savans, Bernoulli's Briefwechsel, die Pariser Ephem. des mouvemens célstes, die Berliner astronom. Jahrbücher, die Wiener astronom. Ephemeriden, die Memoires de l'Acad. Royale des Sciences de Paris viele interessante und wichtige Beyträge von ihm.
Fixlmillner's große Verdienste um seine Wissenschaft sind , allen Astronomen bekannt. Die grosse Anzahl seiner Mercurs- Beobachtungen, zu einer Zeit, da sie noch selten und schwer zu machen waren, haben La Landa in den Stand gesetzt, seine genauen Mercurs-Tafeln zu verfertigen, wofür ihm auch dieser große Französ. Astronom seinen Dank öffentlich bezeugte. Fixlmillner war einer der ersten Astronomen, welcher die Bahn des neu entdeckten Planeten Uranus beobachtet, berechnet und Tafeln davon verfertigt hat, Er war der erste, der Bode's Vermuthung, dass der von Flamsteed im Jahre 1690 beobachtete, und nun verschwundene 34 Stern des Stiers der neue Planet gewesen sey, geprüft, mit in Rechnung gezogen, und eine dieser Beobachtung völlig anpassende Theorie herausgebracht hat. Besonders eigen war unserm Fixlmillner der Fleis, dass er alle seine Beobachtungen selbst berechnete, und die Resultate daraus zog. Viele Astronomen beobachten viel und rechnen wenig, nicht so unser fleißige Placidus. Alle seine Beobachtungen, von welcher Art sie seyn mochten, berechnete er auf der Stelle, und zwar, um alle Rechnungsfehler zu vermeiden, jedesmahl doppelt. Bey dieser ungewöhnlichen Arbeitsamkeit zeigte er sich auch als einen scharfsinnigen und denkenden Kopf; dies beweisen seine vielen trefflichen Aufsätze, Bemerkungen und Erfindungen in seinen Werken. Dabey muß man nicht übersehen, dass dieser geschickte Astronom auf dem Lande, von allen literarischen Hülfsquellen, von allen Gelehrten seines Faches, das heisst von allen Gegenständen, die ihn aufmuntern, seinen Eifer anfachen, einem Geiste Nahrung geben konnten, entfernt lebte, und dennoch bis an das Ende seiner Tage ein seltenes Beyspiel von Beharrlichkeit, Anstrengung und Anhänglichkeit an seine Wissenschaft gegeben hat. Allein wenige Menschen empfanden auch so wenig wie er die gewaltsame Herrschaft der Leidenschaften. Einfach, gleichförmig und unerschütterlich, wie die ewigen Gesetze der Natur, mit denen er sich beschäftigte, war seine Gemüthsart. Sanft, edel und liebenswürdig war sein Charakter bis zur letzten Stunde seines ruhmvollen und thätigem Lebens. Er lebte bloß den religiösen Pflichten seines Ordens, die er mit Strenge übte, und den Wissenschaften. Er war genügsam, wusste nichts von Wohlleben oder ausgesuchter Bequemlichkeit, und vereinigte so die Eigenschaften eines ehrwürdigen Ordensmannes und eines gründlichen Gelehrten. Sein auswärtiger Ruhm machte ihn nicht eitel; was zu seinem Lobe von ihm geschrieben oder gesagt wurde, suchte er eher zu verbergen, als auszubreiten. Mit seinen Klosterbrüdern lebte er verträglich, und es war ein Tag der allgemeinen Freude für das Stift, als man im Jahre 1788 das funfzigjährige Jubiläum seines Eintritts in das Kloster feyerte. Seine durch so viele Anstrengungen gestörte Gesundheit unterlag endlich hartnäckigen Verstopfungen und einer darauf folgenden Diarrhöe. Er starb dem 27 Aug. 1791 im 71 Jahre seines Alters, dem 55 seines Klosterlebens, und dem 46 seimes Priesterthumes.
Der jetzige Abt von Kremsmünster, Ehrenbert Mayer,
k. k. Rath und Landstand von Vorder-Oesterreich, ein ebenso
großer Verehrer als Kenner der Wissenschaften, der unsern
sel. Fixlmillner liebte, verehrte, und auf alle mögliche Weise
unterstützte, daher dieser ihm auch sein Decennium astronomicum
zugeeignet hatte, hat den Herausgeber mit einem sehr schönen ,
in Oel gemalten, sehr ähnlichen Bildnis dieses unvergesslichen
Astronomen beschenkt. Das Gemälde stellet Fixlmillnern vor
einem Bücherschrank sitzend vor, in der Hand hält er ein
aufgerolltes Papier, auf welchem die ganze Monds-Fläche
und die von ihm im Jahre 1775 den 18. Febr. gemachtes
merkwürdige Beobachtung der Bedeckung Saturns vom Monde
vorgestellet ist; neben sich hat er ein parallactisches Instrument,
auf einem Tische vor sich ein Fernrohr liegen. Gegen
wärtiges Kupfer stellt allein seinen wohlgetroffenen Kopf vor.