Der Tychonische Sextant in der Sternwarte Kremsmünster
Von Dr. P. Richard Rankl
Erschienen im 89. Jahresbericht des Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster, Schuljahr 1946, 33-47.Zu den ältesten Instrumenten, die in der Sternwarte zu Kremsmünster aufbewahrt werden, gehört ein eiserner Sextant, der sicherlich aus der Zeit von Tycho Brahe stammt und vermutlich von Keppler bei seinen Himmelsbeobachtungen in Prag nach Tychos Tod (+1601) benützt wurde.
Der Sextant besteht aus zwei Radien, einer eisernen Versteifung, einem messingenen Gradbogen (Limbus), einem verschiebbaren Lineal (Alhidade), mehreren Visieren (Dioptern), einem Trägerstück (Fußstück) und dem Fuß.
Die beiden Radien sind 112 cm lang, 13 mm breit und 7,5 mm stark. Die Versteifung stellt ein Kreuz dar, dessen Fuß aufgespalten ist. Vom Hauptarm (Vierkanteisen, unten 27 x 16, oben 14 x 14 mm) gehen die beiden Teile fast senkrecht zu den Radien (Abstand 23, beziehungsweise 24 cm); der Querbalken des Kreuzes besteht aus zwei Teilen eines Vierkanteisens (15 x 4 mm), die am Hauptarm angenietet und an den Enden zierlich abgerundet und wie die Teile des gespaltenen Unterteils an den Radien angeschraubt sind.
Der Gradbogen (Limbus) ist aus Messing, innen gezahnt, 34,6 mm breit, 5 mm stark; die 60 Grade sind durch Transversal-Linien in je 6 Teile geteilt, die darübergleitende Alhidade, die 64 mm des Gradbogens überdeckt, hat 10 Querteile; es kann somit eine Meßgenauigkeit von einer Bogenminute erreicht werden. Auffallend ist bei der Bezifferung der ganzen Grade, daß die Einser bei den Graden bis einschließlich 12 römisch geschrieben sind, während sie von 13 an arabische, beistrichartige Form aufweisen.
Die Verbindung des Limbus mit dem Zentrum ist durch ein 29 mm breites, 5,5 mm dickes, innen hohles, eisernes Lineal gegeben. In demselben läuft ein Stahlkettchen über zwei Zahnrädchen. In 19,5 cm Entfernung vom Zentrum ist das Antriebrad eingesetzt, das zur Hälfte über das Lineal seitwärts hinausragt und mit einem scheibenförmigen Messinggriff (Durchmesser 30 mm) bewegt werden kann; durch diese Bewegung wird am limbusseitigen Ende des Lineals ein Zahnrad gedreht, das am gezahnten Limbus (auf 10° entfallen 53 Zähne) dahingleitet und damit die Winkeleinstellung ermöglicht. Im Lineal sind in Abständen von 16 cm sieben Paare von kleinen, 6 mm voneinander abstehenden Löchelchen gebohrt, die vermutlich zur Schmierung des Stahlkettchens bestimmt sind.
Für die Winkelmessungen sind die beiden Schenkelrichtungen festzustellen; bei Höhenwinkeln kann die Richtung des einen Schenkels - Nullradius, die Horizontale mittels eines Lotes bestimmt werden, das auf eine Marke aus Messing einspielen muß; sonst geschieht dies durch Visieren auf astronomische oder terrestrische Objekte mittels eines messingenen Okular-Diopters, der als Lochvisier auf dem Scheitelpunkt des Sextanten aufgesetzt ist und den Blick auf das Stäbchen eines Objektivvisiers - ebenfalls aus Messing - gestattet.
Das Lochvisier am Scheitelpunkt ist drehbar und läßt sich auch zum Visieren in der Alhidadenrichtung verwenden, indem man durch dasselbe auf ein ebenfalls messingenes Stäbchenvisier blickt, das als Objektivdiopter auf dem Lineal aufgesetzt ist.
Diese Messingdiopter sind gerade um eine Diopterlänge von der Sextantenebene weggerückt, so daß man den Eindruck hat, als wären sie vielleicht erst später eingesetzt worden, zudem sind einzelne Teile der Visiere mit Messingschrauben befestigt, die sicherlich neueren Datums sind. Außer diesen fest angebrachten Dioptern ist auch noch ein verschiebbares kleines Messingvisier vorhanden, das sowohl auf dem Lineal als auch auf dem Nullradius aufgeschraubt werden kann.
Für ein etwa früher verwendetes Schlitzvisier sind wohl die Rahmen vorhanden - die Objektivdiopterhalter sind auch gerade so breit, daß sie deren Öffnung ausfüllen würden - aber es müßte das Mittelstück so sorgfältig ausgefeilt worden sein, daß keine Spur mehr zu sehen ist.
Zur Aufstellung des Sextanten dient ein 52 cm langes Trägerstück
(Fußstück); es hat achteckigen Querschnitt (abgeschrägtes Vierkanteisen 16 x 17
mm), trägt unten eine tellerförmige Erweiterung, womit der Sextant auf dem Fuß
aufsitzt und läuft in einen konischen Zapfen aus, der ein 3 cm langes Gewinde
trägt (etwa 13 Windungen mit 2,7 mm Ganghöhe), das im unteren Teil durchbohrt
ist, Lochdurchmesser 6 mm; oben schließt es mit einem Kreisring ab, durch den
eine horizontale Achse geht, mit viereckigen Schrauben befestigt. Durchmesser
des Kreisringes 68 mm, Breite 9 mm, Tiefe 17 mm.
Die oben vom Sextanten in Kremsmünster gegebene Beschreibung paßt bis auf wenige Einzelheiten genau auch auf den Prager Sextanten. Kennzeichnend ist die Kreuzform der Versteifung, die Beweglichkeit des Alhidadenlineals durch kettenübersetzte Zahnräder, die genau übereinstimmende Größe (3 1/2 Schuh = r = 112 cm), die Meßgenauigkeit einer Bogenminute mit Hilfe einer Transversalenteilung und des in 10 Teile geteilten Alhidadenmaßstabes, die Drehbarkeit mittels einer Messingbüchse und die universelle Verwendbarkeit für Winkelmessungen.
Radien und Versteifung sind etwas schwächer dimensioniert, der Limbus hat zwar einen kleineren Querschnitt (31 x 4 mm) sieht jedoch zufolge einer 8 mm langen Querversteifung etwas massiver aus. Die Bezifferung der einzelnen Grade ist zwar auch arabisch, es sind aber die Einser durchwegs römisch geschrieben, wie dies auch beim größeren Habermelschen Sextanten, wie mir Dr. Seydl mitteilte, der Fall ist.
Für die Bewegung der Alhidade war der Griff gleich über dem treibenden Zahnrad angesetzt (Zahnrad und Griff fehlen), die Kettenübersetzung war, wie aus dem beim Limbusende vorhandenen Zahnrad zu schließen ist, primitiver als die hiesige, die Übersetzung auf das Limbuszahnrad etwas stärker: Prag 9 : 18, Kremsmünster 10 : 15, die Zahl der Zähne des Limbus unwesentlich größer: Prag 57, Kremsmünster 53 pro 10°. Die Rahmen der Okularvisiere sind stärker: Prag 52 x 31 x 5 mm, Kremsmünster 46 x 21 x 3 mm und bestehen aus einem Schlitzvisier.
Als Objektivvisier dient ein kurzes Stäbchen, das aus dem 15 mm breiten, rechteckigen Träger ausgefeilt ist, am Nullradius ist kein Objektivvisier vorhanden, auch ein Lot fehlt.
Das Trägerstück ist stärker (22 x 22 mm), ebenso die Messingbüchse und der Gabelring, außerdem hat es kein Gewinde und keine Lochung. Der Fuß ist ebenfalls eine spätere Beigabe.
In der Literatur der Sternwarte von Kremsmünster scheint der hiesige Sextant erstmalig in Fellöckers Geschichte der Sternwarte, S. 4, 1864, auf und wird dort auch näher beschrieben.[2].
Aus dieser Notiz ist allerdings nur zu schließen, daß der Sextant sicherlich um 1816 schon hier war und den beiden Besuchern daher der Prager besonders aufgefallen ist. Es erscheint zwar merkwürdig, daß er von Laurenz Doberschitz 1764 in der Beschreibung der in dem mathematischen Thurme zu Cremsmünster befindlichen Naturalien, Instrumenten, und Seltenheiten" nicht angeführt ist; es ist aber durchaus möglich, daß der Sextant, der ja doch in der damaligen Zeit für Beobachtungen nicht brauchbar war, sich gar nicht im Mathematischen Turm befand und daher von Doberschitz nicht angegeben werden konnte.
Interessant, wenn auch nicht beweisend, ist eine Notiz in den Kammerei-Rechnungen des Stiftes, Sammelband 1698, die besagt: Nr. 279 ... den 16. 7bris dem Mädl zu Linz wegen eines Sextanten zalt: 20 fl."[3]
Der kleinere Sextant der Prager Sternwarte ist nach der dortigen Tradition ein Instrument, das Tycho dahin mitgebracht hat.
Aus Anlaß der Feier des 300. Todestages von Tycho Brahe (1901) standen die Tychonischen Instrumente damals im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses und gab gerade der in Frage stehende kleinere Sextant Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten und zum Teil leidenschaftlichen Auseinandersetzungen.
Der damalige Direktor der Prager Sternwarte L. Weinek schreibt im Prager Tagblatt von einem kleineren Sextanten, den Tycho nach Prag mitgebracht hat.[4]
In einer eigenen Publikation über die Tychonischen Instrumente gibt er die Größe mit 111 cm an (Radius, gemessen bis zur Limbusmitte), erwähnt die vorhandenen und fehlenden Diopter und bemerkt, daß zumindest ein Teil des Stativs einer späteren Zeit angehört.[5]
Weinek hat seiner Publikation auch Tafelbilder der beiden Tychonischen Sextanten beigegeben. Das Bild des kleineren Prager Sextanten siehe Abb. 6.
Ebenfalls aus dem Anlaß der Tychonischen Säkularfeier gab Prof. F. J. Studnicka eine Festschrift heraus: Prager Tychoniana, in der er wohl den größeren Sextanten als tychonisch gelten läßt, den kleineren zwar erwähnt, aber der Meinung Ausdruck gibt, er sei dem traurigen Schicksale der übrigen Instrumente nicht entgangen.[6]
Dreyer hatte in seinem Lebensbild von Tycho Brahe gar behauptet (1890), daß heutigen Tages weder in Prag noch in Kopenhagen der geringste Überrest von Tychos berühmten Instrumenten zu finden sei. Die Meinung, daß die beiden Sextanten Tycho gehört haben, weist er damit kurz ab, daß sie nicht seine besonderen Visiere gehabt haben[7].
Die Auffassung, daß es in Prag keine Tychoniana mehr gebe, wurde vom Ophthalmologen Prof. Jos. von Hasner in einer zur 300. Wiederkehr des Geburtstages von Kepler veröffentlichten Studie: Tycho Brahe und J. Kepler in Prag (1872) geäußert mit einem Hinweis auf eine Versteigerung von astronomischen Instrumenten, die 1852 unter Direktor Jos. Böhm durchgeführt worden war.[8]
Ähnlich hatte sich der Verfasser des Artikels Brahe" in Riegers Böhmischer Enzyklopädie: Prof. Adalbert Safarik ausgedrückt, wie Studnicka mitteilt.[9]
Unter ausdrücklichem Hinweis auf Hasners Studie vertritt auch Rud. Wolf in seiner Geschichte der Astronomie, München 1877, eine ähnliche Meinung, indem er S. 280 schreibt: Auf der Sternwarte in Prag soll gegenwärtig nur noch ein großer eiserner Quadrant vorhanden sein, der mutmaßlich Tycho angehörte, sonst nichts, da leider vor nicht sehr langer Zeit der ganze Inhalt, einer Rumpelkammer des astronomischen Thurmes, die noch Manches enthalten mochte, ohne irgend welche Sichtung unter den Hammer gebracht wurde."
Gegen diese nunmehr von hervorragender, fachmännischer Seite
vertretenen Unrichtigkeiten nahm der damalige Direktor der Prager Sternwarte,
Prof. Carl Hornstein (wie in der oben erwähnten [Fußnote 5)] Schrift Weineks,
S. 517, ausführlich dargestellt, wird) Stellung, indem er in: Astronomische,
Magnetische und Meteorologische Beobachtungen an der k. k. Sternwarte zu Prag
im Jahre 1880 (Prag 1881), Seite III und IV, auf die folgenden aktenmäßig
feststellbaren Tatsachen hinweist:
Laut Inventar von Strnadt (angelegt vor 1799) waren in der Sternwarte
zu Prag drei Objekte, die Tychos Namen tragen:
1 Sextans von Tycho Brahe.
1 Octans desselben (ist der kleinere Sextant).
1 Uhr (nach Weinek, S. 8 von P. Klein S. J. 1751), das Weltgebäude
nach Tychos Hypothese darstellend.
Direktor Kreil beschreibt die beiden ersten (1846) wie folgt:
Nr. 11. Ein großer Sextant von Tycho Brahe, der im Jahre 1600 von
Erasmus Habermel verfertigt wurde.
Nr. 12. Ein kleinerer Sextant von Tycho
Brahe, den er mit nach Prag brachte. Beide ihres Alters wegen merkwürdig.
Da die Inventare der von Böhm 1852 zum Verkauf bestimmten Instrumente und der tatsächlich verkauften vorliegen, so konnten 1852 Tychonische Instrumente nicht verschleudert" worden sein.
Das Inventar von 1856 (angelegt von Direktor Böhm) enthält daher auch
die beiden Sextanten wieder:
Nr. 4. Ein großer Sextant von Tycho Brahe, der im Jahre 1600 von
Erasmus Habermel verfertigt wurde.
Nr. 5. Ein kleinerer Sextant von Tycho Brahe, den er nach Prag
mitbrachte.
Sehen wir ab von der Frage, ob die beiden Sextanten Eigentum Tychos im engsten Sinne des Wortes waren, so ist doch wohl mit Bestimmtheit anzunehmen, daß beide Sextanten der Tychonischen Zeit angehören, daß der größere sicher von Habermel für Kaiser Rudolf II., bzw. seine Sternwarte und die Zwecke der astronomischen Beobachtungen Tychos angefertigt wurde und es ist zumindest auf Grund einer Tradition der Sternwarte in Prag sehr wahrscheinlich, daß der kleinere Sextant von Tycho nach Prag mitgebracht worden war.
Ein Vergleich des Prager Sextanten mit dem Kremsmünsterer legt den Gedanken nahe, daß einer das Abbild des anderen ist. Man könnte zunächst meinen, sie seien Werke eines gemeinsamen Meisters, sieht man aber die Instrumente selber, so erkennt man, daß die Arbeit nicht von derselben Hand stammen kann. Das Original scheint mir der Prager Sextant zu sein, der in seiner Ausführung der einfachere ist; auch der Umstand, daß beim Kremsmünsterer Sextanten die Einser der Limbus-Bezifferung zunächst römische und ab 13 arabische Form aufweisen, bestärkt die Ansicht, daß der Kremsmünsterer der sekundäre ist, ebenso, daß das Stahlkettchen im Lineal, das in Kremsmünster vorhanden ist, sicherlich besser ist, als das entsprechende im Prager, das zwar fehlt, aber doch aus einem noch vorhandenen Zahnrad beurteilt werden kann; auch die Zahnung des Limbus ist beim Kremsmünsterer feiner ausgeführt als beim Prager.
Daß die beiden Sextanten nicht die Tychonischen Transversalpunkte, sondern die Bürgischen Transversallinien aufweisen, läßt uns schließen, daß der Ur-Sextant nicht vor 1584 hergestellt wurde; um diese Zeit erfuhr nämlich der Mechaniker des Landgrafen von Hessen Wilhelm IV., Joost Bürgi, durch den Assistenten Tychos Paul Wittich von Breslau vom Gebrauch der Transversalpunkte an den Tychonischen Instrumenten und brachte daraufhin an den Kasseler Instrumenten eine ähnliche Einteilung an, die an Stelle der Transversalpunkte Transversallinien mit unterteilter Alhidade aufweist. [10]
Über den Verfertiger läßt sich weder für den Prager, noch für den Kremsmünsterer Sextanten etwas Bestimmtes angeben, zumal ja die Transversallinien allgemein in Gebrauch kamen und 1600 auch von Habermel bei dem größeren Prager Sextanten angebracht worden waren, der ja doch zweifellos für Tycho gemacht wurde; jedenfalls scheinen mir weder die Transversallinien, noch auch die anders gearteten Visiere ein Ausschließungsmoment dafür zu sein, daß Tycho den sogenannten kleineren Sextanten doch nach Prag mitgebracht habe, er hatte ja auch Beziehungen zum Landgrafen von Hessen und damit auch zur Bürgischen Werkstätte, wie aus dem von 1586 an laufenden sechsjährigen Briefwechsel (Vgl. Dreyer - Tycho Brahe: Seite 140142) hervorgeht, so daß er einen derartigen Sextanten dort oder in seiner eigenen Werkstätte auf der Insel Hveen sich hätte herstellen lassen können.
Wie immer auch derartige Fragen beantwortet werden mögen, soviel scheint sicher, daß der nach der Tradition als Tychonisch bezeichnete kleinere Sextant in Prag das Urbild darstellt, dem der Kremsmünsterer Sextant in etwas verfeinerter oder modernisierter Form nachgemacht wurde.
Nun ist uns aus den Werken Keplers bekannt, daß ihm Baron Hoffmann einen Azimuthalquadranten und einen dreieinhalbschuhigen, eisernen Sextanten zur Verfügung gestellt hatte, als ihm die Erben Tychos die Benützung der von Tycho nach Prag mitgebrachten Instrumente untersagten; Hoffmann hatte sie kurz vor Tychos Tod nach dem Vorbild der Tychonischen Instrumente machen lassen. Auch die Meßgenauigkeit auf eine Minute wird von Kepler ausdrücklich erwähnt.[11]
Mit diesen Instrumenten hatte Kepler 1602 den neuen Stern im Schwan beobachtet; er veröffentlichte diese Beobachtungen in der erwähnten Narratio astronomica de stella in Cygno, außerdem beobachtete er auch 1604 wiederholt den Planeten Mars; diese Beobachtungen erwähnt er in seinem berühmten 1609 herausgegebenen Werk: De Motibus Stellae Martis.
Diese Instrumente finden wir auch erwähnt in Repsolds Geschichte der Astronomischen Meßwerkzeuge, in der Hoffmann als Landsmann Keplers bezeichnet wird und von den beiden Instrumenten die Vermutung ausgesprochen wird, es sei nicht unwahrscheinlich, daß sie auf Habermel zurückzuführen sind, obgleich Bau und Ausführung sehr wenig Ähnlichkeit mit den von Tycho selbst geschaffenen Instrumenten erkennen lassen.[12]
Mit Bestimmtheit kann behauptet werden, daß der Prager kleinere Sextant, wie ein Vergleich mit dem größeren ergibt, nicht von Habermel stammt, der Kremsmünsterer könnte der Arbeit nach eher von ihm stammen, freilich hat er seine Firmentafel" nicht daraufgegeben, was sich wohl damit entschuldigen ließe, daß der Sextant nur nach einem Tychonischen" nachgemacht war, wenn auch mit eigenen Verbesserungen.
Es wäre interessant, über die Schicksale des Hoffmannschen, beziehungsweise Keplerischen Sextanten etwas mit apodiktischer Sicherheit aussagen zu hören, solange man jedoch für eine derartige Aussage keine Unterlagen hat, muß man sich zufrieden geben mit einem Wahrscheinlichkeitsschluß:
1610 war durch Lipperhey-Galilei-Kepler das Fernrohr konstruiert worden. Als Kepler 1612 Prag verließ, hatte sich Baron Hoffmann, wenn er damals noch gelebt hat, sicherlich mehr für ein neues Fernrohr als für seinen alten Sextanten interessiert. Von Kepler ist jedoch anzunehmen, daß er sich gerade für den Sextanten, der sich sowohl für astronomische als auch terrestrische Winkelmessungen so universell verwenden ließ, so interessierte, daß er ihn mit nach Linz nahm. Vor und nach der Herausgabe der Rudolfinischen Tafel 1627 war nun Kepler viel auf Reisen, den Sextanten hatte er sicherlich lange schon nicht in Gebrauch gehabt und als er 1628 Linz verließ, hat er das unbequeme Stück wohl kaum mehr mitgenommen, vielleicht hat er einen Verehrer desselben gefunden oder nur einen Verwahrer, der nach Keplers Tod 1630 froh war, daß er das alte Eisen wieder anbrachte - daß so der Sextant irgendwie auch in die Hände des Pixenschifters Madl oder eines seiner Vorgänger gelangt sein kann, ist ganz natürlich und ebenso, daß dieser 1698 froh war, das alte Eisen" um 20 fl. an die Kremsmünsterer Benediktiner zu verkaufen, die sich gerade um die damalige Zeit sehr für mathematische und astronomische Instrumente interessiert hatten.
Es läßt sich somit mit großer Wahrscheinlichkeit der Schluß ziehen, daß der sogenannte Tychonische Sextant der Sternwarte zu Kremsmünster identisch ist mit jenem, den der große Kepler zu seinen berühmten Marsbeobachtungen in Prag verwendet hat und somit besser als Keplers Sextant zu bezeichnen wäre.