Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

März 2021



Sextant
Sextant von Fr. David Rutschmann, 1785
Holz, Messing, Glas, Inv. Nr.: 16073008
61 x 56 x 10 cm
Foto: P. Amand Kraml


Spiegelsextant von Fr. David Rutschmann, Wien 1785



Sigantur
Datierung: 1785 am rechten Ende der Grad-Skala
Foto: P. Amand Kraml
Wir nehmen an, dass es sich bei dem Verfertiger unseres Sextanten um Fr. David Rutschmann aus Wien handelt. Fr. David Rutschmann (manchmal auch Ruetschmann) ist vor allem bekannt geworden durch seine astronomischen Kunstuhren. Der Tischlergeselle Rutschmann (1726-1796) kam aus dem Schwarzwald nach Wien und trat dort 1753 dem Ordenszweig der Barfüßer der Augustiner (Reformzweig der Augustiner Eremiten) als Laienbruder bei und erhielt den Ordensnamen Frater David a Sancto Cajetano 1). 1760 kam er in das Wiener Hofkloster der Augustiner Barfüßer. Er besuchte die Vorlesungen von Joseph Walcher SJ (1719-1803) für Handwerker und Künstler an der Wiener Universität. Auf Fr. Davids Entwurf geht unter anderem die astronomische Standuhr im Grünen Salon in den Räumlichkeiten des Bundespräsidenten in der Wiener Hofburg zurück.
Welche andere wissenschaftliche Instrumente er gebaut hat, ist uns bis jetzt nicht genauer bekannt gewesen. Die kunstvollen Uhren stellen natürlich alle anderen Instrumente in den Schatten, sodass es nicht verwundert, wenn von diesen fast nichts Konkretes überliefert ist. Das Deckengemälde von Johann Baptist Wenzel Bergl im Augustinerlesesaal der Nationalbibliothek zeigt Fr. David allerdings mit einer Armillarsphäre. In der einleitenden Fußnote in den Gesammelten Nachrichten im Magazin der Kunst und Litteratur wird von einer eigenen Sternwarte gesprochen: Wir können auf die Richtigkeit derselben [Lebensbeschreibung] um so mehr vertraun, da es bekannt ist, daß er ihnen nicht nur seine Wohnung, seine Werkstätte, seine Sternwarte, sondern auch seinen Lebenslauf, seine Empfindungen, sein Herz geöfnet hat. (Magazin der Kunst und Litteratur, III. Bd. 278)
Verfolgt man die Angaben über Fr. David und sein Kloster etwas genauer, so wird schon deutlich, dass er auch als Verfertiger anderer physikalischer und astronomischer Instrumente zu sehen ist: ... noch eines ohnehin unter den Mathematikern und Mechanikern so sehr berühmten Fr. Davids gedenken, der die beyden Kabinetchen mit Instrumenten versah. (FIEDLER, 204)
Auch im Nachtrag zur Fortgesetzten Nachricht aus dem Leben Davids erfahren wir von der Anfertigung einer Luftpumpe, die er unter Hilfestellung seines Lehrers Joseph Walcher angefertigt hat: Es wurde Ihm nämlich schon vorlängst, da er fast noch ein Anfänger war, aufgetragen eine Luftpumpe zu verfertigen; zu Folge diesem Auftrage berathschlagte er sich mit dem damaligen Professor der Mechanik, seinem besonderen Gönner, und äusserte den Wunsch die innere Einrichtung, und die wesentlichen Theile einer gut bestellten Luftpumpe einzeln sehen zu können; - Da die zum Gebrauche der mechanischen Kollegien bestimmte Luftpumpe eben ganz auseinander gelegt war, um selbe auszupuzen und wiederum einrichten zu lassen, wurde ihm Gelegenheit gemacht jeden Theil inbesonderheit zu besichtigen. Er fing bald darauf, nachdem er sich einen dazu erforderlichen Drehstuhl selbst verfertiget hatte, die Arbeit an, und brachte das ganze Werk in kürzerer Zeit zu Stande, als man es hätte hoffen können. (Magazin der Kunst und Litteratur, IV. Bd., 271-272)

An die Sternwarte Kremsmünster kam unser Sextant durch eine Erbschaft am Ende des 19. Jahrhunderts.
Noch vor der Schließung des Augustiner-Konvents 1835 wurden im Jahr 1829 die Objekte des naturwissenschaftlichen Kabinetts zur Licitation gebracht: Mit hoher Bewilligung der k. k. Nied. Oest. Landesregierung werden daselbst am 23. October d. J. und in den folgenden Tagen, in den Vormittagsstunden, nachstehende Artikel gegen alsogleich bare Bezahlung öffentlich veräußert: mehrere Seekrebse, Seeigel, Seesterne, Seegewächse, eine Sammlung von Conchylien und Mineralien, nebst vielen ausgestopften Thieren und gemahlten Insecten; ferners marmorne Büsten, Cameen, Medaillen, Gypsabgüsse, Figuren, Portraite und Basreliefs von Metall, Stein und Töpfererde (darunter viele von Donner) und andere antiquarische Gegenstände, Oehlgemählde, endlich eine große Anzahl physikalischer, optischer und astronomischer Instrumente und Kunstwerke, worunter besonders die bekannte große astronomische Uhr mit mehr als 40 Zeigern von Frater David. (Amtsblatt, 749)




1) Da für Frater David in der Literatur unterschiedliche Namen vergeben werden, hier eine Klarstellung: Mit bürgerlichem Namen hieß er David Rutschmann (sein Neffe schreibt sich Joseph Ruetschmann). Als Klosternamen bekam er beim Eintritt David a Sancto Cajetano. Diese fromme, lateinische Zufügung a ... war bei den reformierten Augustinern - wie auch bei anderen Orden - üblich - vgl. Abraham a Sancta Clara. Genausowenig wie man von diesem als "Clara" spricht, sollte man also von Fr. David als "Cajetano" sprechen.


Quellen und Literatur:


AURELIUS, P. a S. Daniele 1770: Gründliche Erklärung eines astronomisch- und systematischen Uhrwerks,

CZERMAK, Paul 1899: Die astronomische Standuhr des physikal. Institutes der Universität Innsbruck, in: Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines in Innsbruck, XXIV. Jg., Innsbruck 193-217

DAVID, Fr. a. S. Cajetano 1791: Neues Rädergebäude, Wien

DAVID, Fr. à S. Cajetano 1793: Neues Rädergebäude mit Verbesserungen und Zusätzen, Wien und Leipzig

DAVID; Fr. à S. Cajetano 1793: Praktische Anleitung für Künstler, alle astronomische Perioden durch brauchbare bisher noch nie gesehene ganz neue Räderwerke..., Wien und Leipzig

DIETZSCHOLD, Curt 1911: Der Cornelius Nepos der Uhrmacher enthaltend 35 Lebensbeschreibungen und Bildnisse von Uhrmachern..., Ein Beitrag zur Gewerbeförderung, 2. Aufl. Krems (Reprint Berlin, 2009)

FIEDLER, Andreas (P. Marianus a SSmo Salvatore) 1788: Geschichte der ganzen österreichischen, klösterlichen und weltlichen Klerisey beyderley Geschlechtes, IV. Theil, 9. Bd., Wien

[HOFSTAETER, Felix Franz] 1796: Gesammelte Nachrichten aus dem Leben Davids Rutschmann Augustiners im k. k. Hofkloster zu Wien, in: Magazin der Kunst und Litteratur, 4. Jg. III. Bd., Wien, 278-288

[HOFSTAETER, Felix Franz] 1796: Fortgesetzte Nachrichten aus dem Leben Davids Rutschmann, Augustiners in dem k. k. Hofkloster zu Wien, in: Magazin der Kunst und Litteratur, 4. Jg. IV. Bd., Wien 250-273

KILLIAN, Herbert 1976: Fr. David a Sancto Cajetano, ein genialer Sohn des Schwarzwaldes, Freiburg i. Br.

KUNITSCH, Michael von 1805: Biographien merkwürdiger Männer der Österreichischen Monarchie. I. Bd., Graz, 71-75

MATTL-WURM, Sylvia 1996: Zur Biographie David Ruetschmanns alias Frater a Sancto Cajetano (1726-1796), in: Himmlisches Räderwerk, die Astronomische Kunstuhr Frater Cajetanos (1726-1796) 212. Sonderausstellung, Historisches Museum Wien, 22-51

MAURER, Rudolf 2008: Dr. Gall's Schädelsammlung, in: Katalogblätter des Rollettmuseums Baden, Nr. 4, Baden

N. N. 1829: Licitation im Klostergebäude der P. P. Augustiner in der Stadt, in: Amts-Blatt zur Oesterr. Kaiserl. priv. Wiener-Zeitung, 234, Dinstag, den 13. October 1829, Wien, 749 (diese Angabe verdanke ich Frau Dr. Nora Pärr)

PÄRR, Nora 2011: Maximilian Hell und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des 18. Jahrhunderts, Diss. Universität Wien, Wien

PÄRR, Nora 2013: Maximilian Hell und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des 18. Jahrhunderts, Religionsgeschichte der frühen Neuzeit, Nordhausen

RENDLER, Joseph 1771: Beschreibung einer astronomischen Uhr, welche von F. David a S. Cajetano ... eigenhändig verfertiget, Wien

TAUSIG, Paul 1910: Zwei Büsten eines hervorragenden Wiener Uhrmachers und Gelehrten, in: Badener Bote Jg. 43, Nr. 2, Baden, 6

WURZBACH, Constantin von 1858: Lemma: David von h. Kajetan, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, 3. Theil, Wien, 177

ZINNER, Ernst 1972: Deutsche und niederländische Astronomische Instrumente des 11.-18. Jahrhunderts, München



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Letzte Änderung: 2021-09-16