aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Dezember 2018
Die Sternwarte ist besonders, der Kunst und wissenschaftlichen Schätze wegen, bemerkenswerth. Sie stehet ganz frey im Garten, 29 Ruthen hoch, vom Abte Fixlmüllner - im Jahre 1749 erbauet, um während einer Theuerung den armen Unterthanen Brot zu verschaffen 1) An der Abendseite ist die analoge Aufschrift: Benedicite sol et luna Domino! Benedicite stellae coeli Domino! Über dem Haupteingange an der Ostseite ist der Nahme des Erbauers: Abt. Alexander der III. (Fixlmüllner).
Das Gebäude hat zwey Geschosse unter der Erde. Im ebenen Erdgeschosse ist ein, einem Türkischen Gouverneur errichtetes Denkmahl. [da irrt Trimmel!] Auf dem ersten Absatze der Treppe stehet die Statue des Ptolomäus, auf dem zweyten Tycho de Brahe, Kepler etc.
Erster Stock.
Erstes Zimmer links, der Entomologie gewidmet. Die Exemplare sind aus der Gegend von Kremsmünster.
Die Insecten nach. Fabricius geordnet 2). Zweytes Zimmer, die Ornithologie enthaltend. Man findet da
eine kleine Sammlung von Nestern und Eyern verschiedener Vögelgattungen; eine kleine Rohrdommel
(Ardea minuta, L. 3); einen Gemsgeyer (Vulturbarbatus, L.); eine Rothschnepfe (Scolopax rufa, L.); die
Säge eines Sägefisches (Squallus pristis, L.); die Zähne eines Nilpferdes
(Hippopotamus, L.); das Horn des Einhornes (Monodon monoceros, L.) etc.
Zweyter Stock.
Erstes Zimmer rechts: Gemählde. Von besonderem Interesse sind die Porträte Albrecht Dürer's
(von ihm selbst gemahlt), der Mahler Brand, Kremser-Schmid und Le Neve's.
Zweytes Zimmer: Physicalische Instrumente und Maschinen, Hohl- und Brennspiegel.
Drittes Zimmer: Mechanische und Modelle der im k. k. Salzkammergute bestehenden Maschinen; eine Maschine
zum Ausreißen der Bäume; doppelte Feuerleitern; hydrostatische Maschinen etc.; ferner ein
Tetrachord, Glastafeln zu den Klang Figuren von Chladny, mittelst deren man die Töne dem Auge
darstellet etc.
Dritter Stock.
Erstes Zimmer: Feldmeß-Instrumente; zwey Uhren, wovon bey einer der Zeiger durch einen Magnet
beweget wird; die andere hingegen den Lauf der Sonne, des Mondes und der Planeten darstellet.
Zweytes Zimmer: Mathematische Instrumente; dann ein Bücherschrank mit astronomischen Werken. Hier
ist auch ein Tisch von Marmor, auf welchem ein immerwährender Kalender eingeätzet ist, von
Andreas Pleninger, Organisten zu Gmunden, 1656 verfertiget. In einem anderen Zimmer stehet ein Kasten
voll sehenswerther Kunststücke aus Elfenbein; dann Schränke mit Mineralien. Bemerkenswerth
sind die seltener werdenden blauen Salze des Salzkammergutes; ferner Gypskrusten wie Eisenblüthe,
Bergkrystalle, schöne Dendriten, Papier aus Cyprischem Asbest etc.; mehrere Köpfe (Skelette)
von den bekannten Höhlenbären, die in einem nahen Steinbruche gefunden wurden.
Vierter Stock.
Dieses Geschoß bildet in der ganzen Weite des Thurmes einen Saal (Gemählde-Gallerie).
Bemerkenswerth sind: Das Abendmahl von Sandrart; gegen über eines von Altomonte; Felsengegend
von Salvator Rosa; vier weibliche Bruststücke, Allegorien der vier Jahreszeiten, von Rubens;
mehrere Blumenstücke von Hamilton; ein Paar Jagdstücke von Titian; die Abnehmung Christi
von van Dyk; die Kreuzziehung von Rubens; die zwölf Apostel von Altomonte dem jüngeren;
mehrere Thierstücke von Hamilton; heil. Familie von Michael Coxy aus Mecheln; zwey Skizzen von
Sandrart (die ausgeführten Bilder davon sind in der Kirche zu Lambach); Salvator und Maria von
Dürer; die Geburt Christi von L. Cranach; zwölf Sibyllen aus Ruben's Schule, deren drey
von ihm selbst und Porträte seiner drey Frauen sind; eine gelungene Copie von Christus im Grabe
von M. Angelo (das Original war in der Sakristey des Vaticans, wurde aber von den Franzosen mit nach
Paris genommen 4).
Fünfter Stock.
Ist fest gewölbt, um dem darauf ruhenden astronomischen Saale zur Stütze zu dienen.
Das Gewölbe selbst ist ein Meisterstück der Baukunst. Wer in einem Ende des Gewölbes
leise spricht, wird im anderen sehr vernehmlich verstanden. Es befinden sich hier viele Waffen,
Kleidungen und Geräthschaften der Türken aus der im Jahre 1683 gemachten Beute zu Wien.
(Das Meiste ist dermahl im Ritterschlosse zu Laxenburg.)
Sechster Stock.
Der astronomische Saal, mit den nöthigen Öffnungen und Vorrichtungen für die
Fernröhre und mit Allem versehen, was zu astronomischen Beobachtungen nöthig ist. Der
Professor, nachherige Abt Fixlmüllner [da irrt Trimmel!] stellte hier seine Beobachtungen an (Decennium
astronomicum Cremifanense).
Siebenter Stock.
Hat zwey kleine Altanen, nach Osten und Westen, und enthält ein Zimmer, worin der Astronom
sich wärmen kann.
Achter Stock.
Die eigentliche Sternwarte, mit einer beweglichen Kuppel. Die meisten Beobachtungen wurden jedoch
im astronomischen Saale gemacht. über dieß hat Kremsmünster noch eine Bibliothek von
einigen 50,000 Bänden, darunter bey 40 Arabische und Türkische Gesetze; ein Chines‘sches
Buch auf Seidenpapier etc.
Die Münzensammlung ist ebenfalls nicht unbedeutend. – Die Bildnisse aller Zöglinge der vom Abte Fixlmüllner gestifteten Ritter Akademie (von Joseph dem II. aufgehoben) sind in den Schulsälen aufgehangen. Später wurde Kremsmünster auf ein Gymnasium beschränkt, und unter dem bereits verstorbenen Abte Wolfgang Leuthner das Convict und die theologische Privat-Lehranstalt gegründet.
Den Reichthum, welchen Österreich an noch zu wenig bekannten Kunstschätzen besitzt, wie kein anderer Staat, mag es größten Theils den Klöstern verdanken; schon in dieser Rücksicht mögen sie einiger Aufmerksamkeit würdig seyn.
2) Unter den Insecten finden sich hier: Scarabaeus casideus, Fabr. Demestes serta; Parnus auriculatus, Panz. Ripiphorus paradoxus, T. Rhagium elathratum; Gyrinus villosus; Rhynchaenus Pineti; Meloë tecta Panz. etc.
3) Rohrreiger; die eigentliche Rohrdommel ist Ardea stellaris.
4) General Lecourbe ließ ebenfalls im Jahre 1800 einige der besten dieser Gemählde nach Paris liefern.
EMIL (Pseudonym für: Joseph Franz Emil Trimmel) 1827: Reise-Handbuch für Kranke und Naturfreunde, welche das Thal und Wildbad Gastein in naturhistorischer, archäologischer und pittoresker Hinsicht zu besuchen wünschen, Wien, 134-139