Distanzmesser von Le Boulengé
Oberer Teil der Glasröhre, aus der Metallhülse herausgenommen. |
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Aufschrift der Erzeugerfirma: Ch. Tilliere à Bruxelles. 1875 Teil der 38stelligen Skala und Schwimmer |
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Aufschrift: Télémètre Le Boulengé BREVETÉ No 43 Teil eines blaufarbenen Stempels |
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Hier ist der bewegliche Schwimmer noch besser zu sehen. Fotos: P. Amand Kraml |
Etwas unerwartet findet sich im Depot der doch eher pazifistischen Physikalischen Sammlungen der Sternwarte
ein militärisches Messinstrument,
das die Erfindung eines belgischen Majors - P. Le Boulengé - darstellt.
Funktion und Aufbau dieses Instrumentes lassen sich wohl am besten mit Hilfe
der Beschreibung von F. R. Helmert schildern:
Die Idee des Instruments besteht darin, die zwischen dem Sichtbarwerden des Feuers eines Schusses und dem
Hörbarwerden des Schalles verstreichende Zeit so zu markieren, dass die Entfernung daraus bestimmt werden kann.
Zu dem Zwecke besteht dasselbe aus einer sorgfältig kalibrirten Glasröhre von etwa 1 cm Weite, die
mit Schwefeläther gefüllt und an beiden Enden zugeschmolzen ist. In der Glasröhre befindet sich ein Läufer,
bestehend aus zwei durch ein kurzes Stäbchen verbundenen Silberscheibchen, welche den Röhrenquerschnitt nahezu
ausfüllen. Bei horizontaler Stellung der Röhre ist der Läufer in Ruhe, bei verticaler bewegt er sich mit
gleichförmiger Geschwindigkeit abwärts. Die Röhre ist ähnlich gefasst wie eine Libellenröhre und mit einer
auf Papier gedruckten gleichförmig getheilten Scale versehen, welche an der dem Schlitze der Fassung gegenüberstehenden
Seite der Röhre angeklebt ist und durch dieselbe hindurch abgelesen wird. Die Bewegung des Läufers ist so
geregelt, dass 25m Distanz 1mm Scale entsprechen.
Die Temperaturverschiedenheiten, welche bekanntlich die Schallgeschwindigkeit stark beeinflussen, sind
gewissermaassen compensiert durch Construction und Wahl des Materials der einzelnen Theile des Instruments...
(HELMERT, 401)
Die Gasblase, die auf den kleinen Bildern links gut zu sehen ist, soll laut Beschreibunng in Dingler's Polytechnischem Journal (S. 196)
die Verwendung bis zu einer Temperatur von 50° erlauben, ohne dass das Glasrohr zu Bruch geht.
Dieser Distanzmesser wurde in drei Bautypen verschiedener Länge von der Agencie Ch. Tillière
et Cie, 30, rue Plattenstein, à
Bruxelles verfertigt. Bei unserem Instrument handelt es sich um den größten Bautyp,
den Artilleriedistanzmesser für Entfernungen
bis 4000m, der zu einem Preis von 20 Fr ohne Etui feilgeboten wurde.
Wir haben dieses kleine Instrument von einem Freund der Sternwarte zusammen mit einer
größeren Anzahl von meteorologischen Geräten
als Geschenk erhalten.
Quellen und Literatur:
HELMERT, F. R. 1876: Der Distanzmesser von Le Boulengé, in: Zeitschrift für Vermessungswesen im Auftrag und als Organ des Deutschen Geometervereins, V. Bd. Stuttgart, 401-402
S...e 1875: Der Distanzmesser von Le Boulengé in Lüttich. Mit Abbildungen. in: Dingler's Polytechnisches Journal, hrsg. v. Johann Zeman und Ferd. Fischer, 217. Bd. Augsburg, 195-199
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(c) P. Amand Kraml 2014-03-01
Letzte Änderung: 2021-09-16