Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Mai 2012


Erythrophytoskop
Erythrophytoskop
Zwei Filterbrillen, eine beschriftet als Erythrophytoscop I.
Größe: 16 x 5 x 5 cm, Glas, Pappe, Papier
Inv. Nr.: 12051803 und 12051804
Foto: P. Amand Kraml



Erythrophytoskop


Ein Erythrophythoskop (griechisch: Erythros: Rot, Phyton: Pflanze) ist eine Filter-Brille, die zum ersten Mal durch den Naturwissenschafter Rudolf Simmler, 1862, in seinem Buch „Vermischte Mittheilungen: Sonnenfinsternis; Das Erythrophytoskop “ und in demselben Jahr in einem Aufsatz in Annalen der Physik beschrieben wurde. Simmler hat die Sonnenfinsternis am 18.7.1860 „auf dem höchsten Gipfel des Ilinterglärnisch“ beobachtet. Auf dem Weg zurück hat er gesehen, dass die Farbe der Blätter nicht grün sondern braungelb ist.

ohne Filter mit Filter 1 mit Filter 2
ohne Filter mit Filter 1 mit Filter 2
Foto in den Konventgarten ohne Filter Foto mit Filterbrille "Erythrophytoscop I." Foto mit Filterbrille ohne Aufschrift

„Unser Weg führte über sehr steile Wiesenhalden längs der imposanten Cascaden des Firnbaches. Auf einmal zerriss der Wolkenschleier auf's Neue und jetzt war ich überrascht durch die magische Beleuchtung, die über die Alp ausgegossen war und das ganze Rossmattthal erfüllte. Die Vegetation hatte nicht mehr das frische Grün an sich, es war vielmehr eine eigenthümliche braungelbe Farbennüance, welche die Matten wie mit einem Schleier überzog. In diesem Momente sah ich nochmals mit dem abgeblendeten Fernrohr nach der Sonne; sie erschien nun mehr als eine schmale Sichel […] Die Verfinsterung mochte für meinen Standpunkt im Maximum stehen.“

Die Beobachtung der Pflanzen unter Sonnenfinsternis hatte zu der Idee geführt, dass durch die Filterung des Lichtes die grünen Blätter eine andere Farbe bekommen, die zur Beobachtung der Vegetation von Bedeutung sein könnte. Simmler hatte zuerst eine Brille mit zwei bis drei Kobaltgläsern und später durch die Empfehlung von Prof. Wild eine Brille mit einem Kobaltglas und einem gelben Glas aufgebaut.

Das Erythrophythoskop besteht aus zwei übereinandergelegten farbigen Gläsern, die in einem mattschwarzen Papier gefasst sind. Die Fassung bedeckt die Augen so, dass nur das Licht durch die Gläser ins Auge gelangt und kein seitliches Licht eindringen kann.

Die zweifarbigen Gläser sind entweder eine Kombination von Kobaltglas und Kupferoxydglas oder Kobaltglas und Eisenoxydglas. Das Kobaltglas lässt nur das blaue und rote Licht durch, während das dunkelrote Kupferoxydglas das rote und orange Licht durchlässt. Wenn man durch das Erythrophythoskop eine Landschaft an einem sonnigen Tag anschaut, sieht man alles dunkelrot, die Pflanzen aber hellrot. Die helle Farbe der Pflanzen ist darauf zurückzuführen, dass die grünen Blätter das mittlere rote Licht absorbieren, während sie das äußerste rote Licht reflektieren. Durch die Brille, die nur rotes Licht durchlässt, gelangt das äußerste rote Licht von den grünen Blättern völlig ins Auge. Deswegen sieht man die grünen Blätter heller als das andere.
Es gibt auch andere Kombinationen von Gläsern, die mehrere Farben durchlassen. Z.B. eine Kombination von Kobaltglas und hellem Kupferoxydglas lässt nicht nur Rot sondern auch Blau durch. Durch eine solche Brille sieht man den Himmel cyanblau und die grünen Blätter hellrot.

Lommel hat 1871 Kupferoxydglas und ein violettes Glas kombiniert (Melanoskop). Da diese Kombination nur das mittlere Rot durchlässt, sieht man die grünen Blätter schwarz.

Beschriftung
Beschriftung von "Erythrophytoscop I."
Foto: P. Amand Kraml
Die Sternwarte hat zwei sehr ähnlich gebaute Filterbrillen dieser Art. Eine trägt die Aufschrift "Erythrophytoskop I.", auf der zweiten fehlt eine solche. Die verwendeten Filtergläser sind etwas unterschiedlich. Jene Brille mit der Aufschrift hat etwas hellere Filter, sodass der blaue Himmmel auch noch blau gesehen wird (vgl mittleres Bild, oben).


Quellen und Literatur:


SIMMLER, Rudolf 1862: Vermischte Mittheilungen. In: Annalen der Physik, Bd. 191 (4), 1862, 593-619

LOMMEL, E. 1871: Erythroskop und Melanoskop. In: Annalen der Physik, Bd. 219 (7), 1871, 483-490.

REIS, Paul 1893: Lehrbuch der Physik, Leipzig, 415

Meyers Konversationslexikon, Bd. 6, Leipzig, 1966, 84-85.



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(c) Mona Mirkamali, P. Amand Kraml 2012-05-15
Letzte Änderung: 2021-09-16