aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
November 2011
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Schachtel mit Objektträger aus Glas Größe der Schachtel: 10 x 4 x 1 cm Diatomaceen=Typen=Platte, Deckglasdicke 1/9 mm, Nr. 91 I. D. Möller Wedel in Holstein Germania, 1869 Physikal. Kabinett Inv. Nr.: 11122420 Fotos: Günther Zeisler |
Foto: P. Amand Kraml
Foto: P. Amand Kraml
Diese Diatomeenplatten, in denen Kieselalgenpanzer kunstvoll im mikroskopischen Präparat aufgelegt sind,
verfertigte J. Möller in unterschiedlichen Versionen. Die hier vorgestellten "Typenplatten" erfüllten eher den
wissenschaftlichen Zweck, Kieselalgen zu bestimmen. Eher ästetischen Zwecken dienten die von Möller als "irregulär gelegte
Typenplatten" bezeichneten Präparate, die aber wunderschön die Vielfalt dieser Lebenswesen veranschaulichen.
Ein dritter Typ von Diatomeen-Präparaten, mit dem Möller sein Geld verdiente, waren die sogenannten "Salonpräparate".
Sie sollten den Betrachter mit den feinen Strukturen der Kieselagenpanzer und deren kunstvoll-ästetischer Anordnung ergötzen.
Angaben, wie die physikalischen Sammlungen zu den beiden Diatomeen-Typenplatten gekommen sind, haben wir nicht. Auch eine Publikation zu
diesen Sammelstücken fehlt.
Foto: P. Amand Kraml
Foto: P. Amand Kraml
Die bei Xaver Pfeifer zitierte Beschreibung, die "jene gepriesenen Mikroorganismen" (508) lobt, kann hier ihrer gewählt blumigen
Ausdrucksweise wegen dem Leser kaum vorenthalten werden:
„Die Krone der mikroskopischen Objekte, die edelsten und vollkommensten aller Mikroorganismen sind die Diatomaceen,
Geschöpfe, die wir ihren Lebensäußerungen nach unzweifelhaft zu den Pflanzen rechnen müssen, obschon Ehrenberg,
der sich vielfach mit ihnen beschäftigte, sie hartnäckig als Tiere angesprochen hat. Die Diatomaceen sind einzellige
Geschöpfe, aber, wie die Pflanzenzelle überhaupt schärfer begrenzt ist als die tierische, so haben auch die Diatomaceen
eine scharf begrenzte Gestalt. Der protoplasmatische Zellinhalt ist durch einen braunen Farbstoff schön goldig gefärbt
und von einer festen Membran umhüllt. Diese Membran nun ist das Merkwürdigste an dem ganzen Geschöpfe; sie ist nicht,
wie die Zellmembran der höhern Pflanzen aus Zellulose aufgebaut, sondern aus Kieselsäure, sie ist daher unverweslich
und unverbrennlich, wie die Kalkpanzer der Foraminiferen und die Kieselskelette der Radiolarien. Aber die Diatomeen
begnügen sich nicht damit, sich ebenso wie jene Tiere, Panzer anzufertigen, deren zierliche Form ins Unendliche variiert,
sondern sie versehen außerdem noch diese Panzer mit den wunderbarsten und merkwürdigsten Oberflächenzeichnungen.
Diese Zeichnungen sind so kompliciert, dabei von so ornamentaler Vollendung und solcher Präcision der Durchführung,
daß sie jeglicher Beschreibung spotten, und daß in der gesamten übrigen belebten Natur nichts mit ihnen Vergleichbares
vorkommt. In den Diatomeen ist eine solche Fülle von ornamentaler Schönheit enthalten, daß jedem, der sich ihrem
Studium hingiebt, nicht nur Wissenschaftlich, sondern auch künstlerisch eine neue Welt aufgeht.“ (Pfeifer, 507-508)
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Gravur mit Diamantgriffel, am Objektträger links Foto: P. Amand Kraml, Dunkelfeld-Blitz |
Gravur mit Diamantgriffel, am Objektträger rechts Foto: P. Amand Kraml, Dunkelfeld-Blitz |
ANONYMUS [2007]: Johann Diedrich Möller
1844 - 1907
Die Kunst, Diatomeen zu legen, Ausstellung im Zoologischen und Botanischen Museum der Universität Hamburg, 15. November 2007 - 15. April 2008
BURBA, Matthias 2007: Johann Diedrich Möller (1844-1907) - Über die Kunst, Diatomeen zu legen,
in: Mikrokosmos, Bd. 96, Berlin, 7
BURBA, Matthias 2009: Mikroskopische Salonpräparate - Naturschönes und Kunstschönes
auf kleinstem Raum, in: Mikrokosmos, Bd. 98, Berlin, 70
GÖKE, G. 1974: Gelegte Präparate von Diatomeen, Radiolarien und Foraminiferen, in: Mikrokosmos, Bd. 63, Berlin, 223
GÖKE, G. 2003: Gelegte Präparate von Protisten - Vergessene und neue Methoden, in: Mikrokosmos, Bd. 92, Berlin, 99
GRUNOW, A. 1878: Celve's und Möller's Diatomeen, in: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen
Gesellschaft, Bd. 28 (Sitzungsberichte) Wien, 28
H. R. [=HANDMANN, P. Rudolph] 1900: Mikroskopische Salonpräparate, in: Natur und Offenbarung, Bd. 46, Münster, 335
HANDMANN, R. 1900: Diatomaceen-Präparate, in Natur und Offenbarung, Bd. 46, Münster, 169
LANGE-BERTALOT, Horst (Ed.) 2011: Diatomeen im Süßwasser-Benthos von Mitteleuropa. Bestimmungsflora Kieselalgen für die ökologische
Praxis - Über 700 der häufigsten Arten und ihre Ökologie, Rugeli
NEUWEILER, N. G. 1941: Mechanischer Führungsapparat zum Legen von Diatomeenpräparaten, in: Mikrokosmos, Bd. 34, Berlin, 163
PFEIFER, Xaver, 1892: 59 Lichtdrucktafeln Möllerscher Diatomaceenpräparate [Recension], in: Natur und Offenbarung, Bd. 38, Münster, 507
ROSENBAUER, Karlheinz A. 2003: Mikroskopische Präparate. Hersteller und Lieferanten, eine Zusammenstellung aus zwei Jahrhunderten,
Band 1: Deutschland - Niederlande - Belgien - Österreich - Schweiz - Spanien - Tschechoslowakei - Dänemark, Darmstadt
SCHMIDT, K. E. 1938: Wie stellt man Diatomeen-Reihen- und Kreispräparate her?, in Mikrokosmos, Bd. 31, Berlin, 57
SCHRADER, H. J. 1961: Diatomeen-Legepräparate, in: Mikrokosmos, Bd. 50, Berlin, 21
WEISS, Sabine & MÖLLER, Klaus (Hrsg.) 2006: J. D. Möller Optische Werke Wedel, 1864-1989, Erfurt