Das Mikroskop

mit besonderer Rücksicht auf die neuesten Verbesserungen und Anwendungen.



Zum deutlichen Sehen eines Gegenstandes ist erforderlich, daß sein Bild, welches von den Lichtstrahlen mittels der brechenden Feuchtigkeiten des Augapfels erzeugt wird, oder die Spitze des jedem Punkte entsprechenden gebrochenen Strahlenkegels auf die Netzhaut fällt, und eine größere Zahl von Nerventheilen affizirt wird. Beides ist der Fall, wenn der Gegenstand nebst der gehörigen Lichtstärke eine solche Entfernung und Größe hat, daß die von den einzelnen Punkten ausgehenden Lichtstrahlen nahe parallele Richtungen haben, und der Gesichts- oder optische Winkel, welcher durch die von den Endpunkten der betreffenden Dimension zum Auge gezogenen geraden Linien eingeschlossen wird, nicht unter die Größe von 1/2 Minute herabsinkt. Die kleinste Distanz, bei welcher noch ein deutliches Sehen zu Stande kommt, heißt Sehweite. Sie beträgt bei dem gesunden oder normalen Auge 8 - 10 Zoll, ist bei dem kurzsichtigen geringer, bei dem weitsichtigen größer. Das normale Auge kann auch Gegenstände, die weiter als 8 oder 10 Zoll entfernt sind, deutlich sehen, indem es die Fähigkeit besitzt, sich den Entfernungen der Gegenstände innerhalb gewisser Grenzen anzupassen, wobei die Pupille sich verengt oder erweitert, die brechenden Medien des Auges Veränderungen in den gegenseitigen Distanzen, den Krümmungen u. s. w. erfahren. Dieses Anpassungsvermögen besitzen weder die kurzsichtigen für ferne, noch die weitsichtigen Augen für nahe Gegenstände. Ist der Gegenstand zu weit entfernt, oder seine wahre Größe zu gering, kleiner als 1/1000 Zoll, so wird er wegen der Kleinheit des optischen Winkels von keinem Auge deutlich wahrgenommen. Dasselbe erfolgt auch, wenn es ihm an Lichtstärke gebricht, und ihr Abgang durch die Dauer der Einwirkung nicht kompensirt wird. Diese Mängel und Unzulänglichkeiten des Auges finden einerseits in den Brillen, andererseits in den Fernröhren und Mikroskopen Abhilfe und Ersatz. Will der Kurzsichtige ferne, der Weitsichtige nahe Objekte deutlich sehen, so benützt jener Zerstreuungs-, dieser Sammellinsen als Brillen. Und während die Fernröhre den Blick in ungemessene Fernen tragen und mit ihren Meßwerkzeugen noch 1/36000 eines Grades, d. i. 1/70 der Dicke eines Menschenhaares angeben, schließen die Mikroskope in der Nähe ungeahnte Welten auf, machen Messungen kleiner Objekte bis auf 1/10000 Linie möglich und lernen neue Körper kennen, die dem forschenden freien Auge entgehen und oft nur durch die Massenhaftigkeit der Produktion unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wie dieß bei den Infusorien und Diatomeen der Fall ist, aus deren Panzern nach den Untersuchungen Ehrenberg's ungeheure Felsmassen, ja ganze Gebirgszüge aufgebaut, und von welchen einige Individuen, besonders unter den Diatomeen, so klein sind, daß zu Folge einer ziemlich genauen Schätzung 40000 Millionen auf den Raum eines Kubikzolls kommen.
Die Wirkungen der oben genannten, sowie der übrigen optischen Adparate, beruhen auf den Gesetzen der Brechung und Reflexion des Lichtes in sphärischen Linsen und an Spiegeln, die hier zur Vermeidung der Weitläufigkeit größtentheils als bekannt vorausgesetzt werden.
Es unterliegt wol keinem Zweifel, daß unter allen optischen Instrumenten das Mikroskop, wenn es auch anfänglich zur Befriedigung der Neugierde diente, der naturwissenschaftlichen Forschung und dem praktischen Leben die wichtigsten Dienste geleistet hat.
Da nun Gymnasialschüler zuweilen in die Lage kommen, mikroskopische Beobachtungen zu machen und sich auch Mikroskope, wenigstens der einfachsten Art, leicht anschaffen können, so will ich die Konstruktion des Mikroskopes und seine in die neueste Zeit fallenden Verbesserungen und Anwendungen hier kurz auseinandersetzen; vielleicht gelingt es mir, das eine oder andere Talent für mikroskopische Forschungen zu gewinnen und so indirekt eine wissenschaftliche Entdeckung oder einen Vortheil für das Leben anzubahnen. Daß ich mich bei dieser Arbeit, namentlich im praktischen Theile, um Hilfsmittel umgesehen und Schriften analogen Inhaltes zur Hand genommen habe, ist aus der Natur des behandelten Gegenstandes begreiflich; daher in selber nicht so sehr neue Forschungsresultate, als vielmehr eine Zusammenstellung des Bekannten bemerkt werden dürfte. Ich will mit Beachtung des vom Gymnasial-Organisations-Entwurfe ausgesprochenen Wunsches für die Gymnasialjugend eine Erinnerung an die Schule schreiben, die vielleicht auch manche Eltern nicht ungerne durchblättern werden, andere Zwecke habe ich nicht im Auge.

Dioptrische Mikroskope.

Das einfache Mikroskop.

Das Mikroskop, Engyskop, Vergrößerungsglas, ist, wie schon der Name andeutet, ein Instrument, welches kleine und nahe Gegenstände vergrößert und deutlich dem Auge darstellt. Die Vergrößerung läßt sich ohne Mikroskop durch bloße Annäherung des Gegenstandes an das Auge erzielen, womit eine Vergrößerung des optischen Winkels zusammenhängt. Kurzsichtige Augen gestatten ohne Beeinträchtigung des deutlichen Sehens eine größere Annäherung der Gegenstände als normale, oder weitsichtige; es ist dieß ein Vorzug der Kurzsichtigkeit beim Sehen kleiner Gegenstände. Ist der Gegenstand sehr klein, so wird er, da die erforderliche Nähe hinter jeder Sehweite, auch der des kurzsichtigsten Auges, zurückbleibt, wol vergrößert, aber undeutlich gesehen; wenn man aber zwischen das Auge und den Gegenstand eine Sammellinse von kleiner Brennweite stellt, so wird der Gegenstand bei einer bestimmten Stellung vergrößert und deutlich wahrgenommen, indem die Sammellinsen von Objekten innerhalb der Brennweite aufrechte, vergrößerte und geometrische Bilder in der Sehweite des Auges erzeugen können. Der optische Winkel, unter welchem der Gegenstand beim Gebrauch einer solchen Linse gesehen wird, entspricht dem wirklichen Ort des Gegenstandes und wird um so größer, je kleiner die Brennweite der Linse ist. Jede Sammellinse ist daher ein Mikroskop und zwar ein einfaches, selbst auch dann noch, wenn ein Linsensystem, welches die Wirkung einer einzigen Linse von kürzerer Brennweite hat, gebraucht wird. Zu dieser Art von Vergrößerungsgläsern gehören die Lupen und die Lesegläser, welche sich durch den Werth der Brennweite von einander unterscheiden. Bei den einfachen Mikroskopen sind die Brennweiten viel kleiner als 1 Zoll, bei den Lupen betragen sie 1 - 3 Zoll, bei den Lesegläsern haben sie größere Werthe. Die mikroskopischen Linsen werden aus reinem weißen Glase, aus Bergkrystall, Diamant, Granat und Saphir verfertigt. Massive Kugeln und an den Enden sphärisch geschliffene Cylinder von Glas, hohle, mit Terpentinöl gefüllte Glaskugeln, Tropfen von Wasser, Weingeist, Schwefelsäure in einer kleinen runden Oeffnung eines dünnen Platin- oder Messingbleches können gleichfalls als Mikroskope fungiren.
Die einfachen sphärischen Linsen erzeugen jedoch von den Gegenständen farbige und undeutliche Bilder; die einem Punkte entsprechenden Lichtstrahlen werden nämlich durch die Linse wegen der ungleichen Brechbarkeit der farbigen Bestandtheile des weißen Lichtes und ihrer verschiedenen Neigungen oder Elongationen nicht in einem Punkte, sondern in einer Kreisfläche vereinigt (chromatische und sphärische Abweichung). Von mikroskopischen Bildern verlangt man aber, daß sie nach der ganzen Ausdehnung deutlich, also farblos und ohne Verziehung, sowie hell seien. Solche Bilder können bei gehöriger Beleuchtung des Objektes nur durch Linsen erzeugt werden, welche von der chromatischen und sphärischen Abweichung möglichst frei sind (achromatische und aplanatische Linsen). Eine achromatische Linse besteht gewöhnlich aus 2 Linsen von verschiedenen Glassorten (Flint- und Kronglas), oder aus einer Kombination mehrerer solcher Linsen; die Flintglaslinse ist ein Zerstreuungs-, die Kronglaslinse ein Sammelglas, erstere ist dem Gegenstande zugewendet. Es steht zu erwarten, daß die von Prof. Petzval ausgeführten Berechnungen achromatischer und aplanatischer Linsenkombinationen für die Camera obscura und die Fernröhre auch auf die mikroskopischen Linsen ausgedehnt werden. Die chromatische Abweichung ist jedoch beim einfachen Mikroskop, da das Auge wegen der Nähe an der Linse nur wenig divergirende Strahlen empfängt, gering und wird deshalb, sowie wegen der Schwierigkeit der Ausführung, in der Regel nicht gehoben; es werden jedoch auch achromatische Lupen verfertigt. Eine aplanatische Linse muß an der vorderen Fläche eine stärkere Krümmung als an der hinteren haben, eine Linse von der besten Form sein; dieß ist der Fall, wenn die Krümmungshalbmesser sich nahe wie 1:6 verhalten, ein Verhältnis, das auch vom Brechungsexponenten des Glases abhängig ist und z. B. für den Brechungsexponenten 1.53 durch 100:733 ausgedrückt wird. Diesen Linsen nähern sich plankonvexe Linsen, mit der konvexen Seite dem Gegenstand zugekehrt; Hugo v. Mohl zieht die entgegengesetzte Lage vor, um einen größeren Theil des Gegenstandes (Gesichtsfeld) mit einemmal übersehen zu können, was bei naturhistorischen Beobachtungen vortheilhaft ist. Die sphärische Abweichung steht mit der Oeffnung oder dem wirksamen Theil der Linse (Kubus des Oeffnungshalbmessers) und mit der Krümmung der Linse im geraden, mit dem Quadrat der Brennweite im verkehrten Verhältnis. Zur Verminderung derselben bedeckt man den Rand der Linse mit einem geschwärzten Metallringe (Blendung, Diaphragma), wodurch die Randstrahlen abgehalten werden; auch werden statt einer Linse 2, 3 Linsen, meistens plankonvexe, von größerer Brennweite, Dublets, Triplets, oder Cylinderlupen, oder die von Coddington und Brewster angegebenen, mit einer rinnenförmigen, eingefurchten Ausschleifung in der Mitte eines Glascylinders oder einer Glaskugel und dadurch bewirkter Ausschließung der Randstrahlen angewendet. Bei den Dublets sind entweder die konvexen Flächen gegen einander gewendet, wie bei den Plőssl'schen Lupen, oder die Planseiten dem Objekte zugekehrt, die beiden Linsen sind öfters, von einander entfernt, in einer Metallröhre mit einem Diaphragma in der Mitte eingeschlossen (Wilson'sche Lupe), oder nahe unmittelbar übereinander gestellt. Bei den Triplets ist die oberste Linse die schwächste, bei den Cylinderlupen ist die untere, dem Objekte zugewandte Fläche, zur Verminderung der sphärischen Abweichung, schwächer gekrümmt als die obere. Diese, sowie die Coddington'schen Lupen, haben bei vielen sonstigen empfehlenswerthen Eigenschaften den in den kurzen Brennweiten begründeten Nachtheil, daß die Objekte leicht beschattet und in den Vertiefungen nicht erforscht werden können. Die Größe des Gesichtsfeldes wird durch die Dicke und Oeffnung der Linse, sowie durch den Abstand des Auges von der Linse bedingt und ist der Dicke und dem Abstande verkehrt, der Oeffnung direkt proportional. Die Helligkeit des Bildes ist nebst der Beleuchtung des Objektes von der Oeffnung und Brennweite der Linse abhängig und steht mit dem Quadrate des Oeffnungshalbmessers und der Brennweite der Linse im geraden Verhältnis. Bei der Betrachtung des Gegenstandes mit freiem Auge und mit der Linse ist nämlich zu berücksichtigen, daß von jedem Punkte des Gegenstandes ein Lichtkegel ins Auge kommt, dessen Basis im ersten Falle die Pupille, im zweiten die Linsenfläche ist. Die Dublets und Triplets zeigen sich auch in Betreff des Gesichtsfeldes und der Helligkeit vortheilhaft, indem mehrere schwächer gekrümmte Linsen den Effekt einer einzigen stärker gekrümmten geben. Bei den Mikroskopen kommt nebst der Deutlichkeit und Helligkeit des Bildes auch die Vergrößerung in Frage. Sie ergibt sich aus der Vergleichung der Größe des Bildes mit der des Gegenstandes, oder der optischen Winkel, unter welchen der Gegenstand mit der Linse und mit freiem Auge gesehen wird, welches Verhältnis auch dem Quotienten der Durchmesser von Bild und Gegenstand oder ihrer Abstände von der Linse gleich ist. Der Quotient der Bildweite (Sehweite des Auges) und der Gegenstandsweite giebt den Vergrößerungsausdruck oder die lineare Vergrößerung, deren algebraische Form k/a ist, wenn man mit k, a und f Bild-, Gegenstands-, und Brennweite der Linse bezeichnet. Substituirt man für 1/a den äquivalenten Werth aus der Linsenformel: 1/k = 1/f - 1/a mit der Beachtung, daß k, wegen a < f, negativ ist, so erhält die Vergrößerungszahl folgende praktische Gestalt: K/f + 1, die für die Annahme a = f in k/f übergeht. Hieraus folgt, daß die Vergrößerung um so bedeutender wird, je weitsichtiger das Auge und je kleiner die Brennweite der Linse ist. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß man durch Quadrirung oder Kubirung obigen Ausdruckes die Flächen- und Körpervergrößerung erhält, womit reisende Optiker ihrer Waare ein unverdientes Ansehen geben wollen. Die Lupen gewähren 6 – 8 malige, die einfachen Mikroskope 20 — 50 malige Vergrößerungen.
Die Lupen und einfachen Mikroskope werden mit mancherlei Fassungen, z. B. nach Art der Lorgnetten, wie die Plössl'schen Lupen, versehen, und wenn sie zu anatomischen Präparationen oder zur Herstellung von mikroskopischen Objekten dienen, sowie in allen Fällen, wo beide Hände frei sein müssen, auf einem Gestelle befestigt. Bei den Plössl'schen lorgnettenartig gefaßten Dublets können die Bestandlinsen auch einzeln gebraucht werden. An der dem Objekte zugekehrten Seite der Linsenfassung ist öfter ein durchbohrter Hohlspiegel mit kurzer Brennweite aus Silber oder Platin (Lieberkühn'scher Spiegel) angebracht, der das die Linse nicht treffende Licht des Objektes diesem zusendet. Häufig befinden sich zu gleichem Zwecke unter dem Gegenstande ebene oder Hohlspiegel, welche das Licht gegen den durchsichtigen Gegenstand reflektiren und so die Helligkeit des Bildes verstärken. Zu den Dublets gehört das Wollaston'sche Mikroskop, aus einer vertikalen, von innen geschwärzten Metallröhre bestehend, an einem Ende ist der ebene schief aufgestellte Beleuchtungsspiegel, am andern sind die 2 mikroskopischen Linsen angebracht; die vom Spiegel nach aufwärts reflektirten Lichtstrahlen werden mittels einer plankonvexen Linse auf den durchsichtigen Gegenstand konzentrirt, das Auge erhält hier nur das vom Objekt kommende Licht, was die Deutlichkeit des Bildes erhöht. Daß die Bilder an Deutlichkeit und Helligkeit gewinnen, wenn die Linsen aus Substanzen verfertigt werden, welche neben einer geringen Farbenzerstreuung eine große lichtbrechende Kraft und daher bei einer schwächeren Krümmung dieselbe Brennweite, wie stärker gekrümmte Glaslinsen, besitzen, z. B. Edelsteine, Terpentinöl u. s. w., und wenn die Objekte mit homogenem Lichte beleuchtet werden, ist aus dem Vorhergehenden klar und wird durch die Erfahrung bestätigt. In neuester Zeit hat Josef Sedlaczek, Mechaniker des k. k. physikalischen Institutes in Wien, das Terpentinöl zur Konstruktion eines einfachen Mikroskopes benützt. Eine mit Terpentinöl gefüllte Glaskugel gewährt näherungsweise die Vorteile einer achromatisch-aplanatischen Linse. Die Glaskugel ist in einer sphärischen Platinform geblasen und mit Terpentinöl gefüllt; wegen der Ausdehung der Flüssigkeit bei etwaiger Temperaturerhöhung verläuft sie in einen nahe 2 Zoll langen Stiel, dessen unteres Drittel von Terpentinöl frei ist. Die Glaskugel ist durch Kork in einer oben und unten verschlossenen Metallhülse mit 2 diametralen Oeffnungen so befestigt, daß die Mittelpunkte der beiden Hülseöffnungen, der Ein- und Austrittsstellen der Lichtstrahlen, mit dem der Kugel in eine gerade Linie fallen. Die Eintrittsöffnung ist größer als die, aus welcher die Lichtstrahlen ins Auge kommen; dadurch werden vermöge der Ausschließung der Randstrahlen die Bilder schärfer. Eine an der Hülse der Länge nach verschiebbare Leiste dient zur Befestigung des Objektenträgers, einer zugespitzten Stahlfeder, welche mit der Leiste durch eine Mikrometerschraube zusammenhängt, um das beleuchtete Objekt in die gehörige Entfernung von der Glaskugel bringen zu können. Der Mechaniker liefert ein solches Mikroskop von 50maliger Vergrößerung sammt Fassung von Metall, Mikrometerschraube und Etui um den billigen Preis von 1 fl. 30 kr. CM. Das hiesige Kabinet ist im Besitz eines solchen Mikroskopes. Den Nachtheilen des stark vergrößernden Mikroskopes, nämlich: Undeutlichkeit der Bilder in Folge größerer chromatischer und sphärischer Abweichung, kleines Gesichtsfeld, geringe Helligkeit, Nähe der Objekte an der Linse, entgeht man beim zusammengesetzten Mikroskope.

Das zusammengesetzte Mikroskop.

Von dem einfachen Mikroskop unterscheidet sich das zusammengesetzte dadurch, daß man mit der Lupe nicht den Gegenstand unmittelbar, sondern ein durch eine Sammellinse bereits vergrößertes Luftbild desselben betrachtet; erstere Linse zunächst des Auges heißt Okular, letztere Objektiv. Das Objektiv eines vorzüglichen dioptrischen Mikroskopes besteht gewöhnlich aus mehreren, in einer bestimmten Ordnung übereinandergeschraubten, achromatischen und aplanatischen Doppellinsen. Zwischen Okular und Objektiv befindet sich eine dritte Linse, Kollektiv genannt, welche mit der Okularlinse das sogenannte zusammengesetzte oder Doppelokular bildet; beide Linsen bestehen aus Kronglas, sind plankonvex, mit den Wölbungen dem Gegenstande zugekehrt und in eine Messinghülse gefaßt (Okulareinsatz). Die Okularlinse ist 3mal stärker als das Kollektiv gekrümmt.
Jedem Mikroskope sind mehrere Objektive und Okulare von verschiedener Brennweite beigegeben. Zur Vermeidung einer Störung der Deutlichkeit des Bildes durch fremdes Licht, es mag von der Seite kommen oder durch Reflexion entstehen, sind die Linsen in einer von innen geschwärzten Messingröhre eingeschlossen, und ist am Orte des Luftbildes ein Diaphragma, dessen Oeffnung der Größe des Bildes entspricht, angebracht. Auf das Diaphragma werden öfters zur Erreichung besonderer Zwecke Glasmikrometer, d. i. ebene Glasplatten, mit einer feinen Linien-Theilung versehen, gelegt; zuweilen sind auch darin 2 sich rechtwinklig durchkreuzende Spinnfäden oder feine Platindrähte gespannt. Das Objektiv wird an dem einen Ende der Messingröhre angeschraubt, und das Okular am andern eingeschoben, so daß die optischen und Krümmungsmittelpunkte der Linsen in eine gerade Linie, die optische Axe des auf solche Weise zentrirten Instrumentes, fallen. Das Objektiv bringt die Lichtstrahlen von jedem Punkte des Gegenstandes, der außerhalb der Brennweite des Objektivs sich befinden muß, zur Konvergenz; das Kollektiv verstärkt selbe und bewirkt, daß ein kleineres Bild in einer geringern Entferung vom Objektiv entsteht (Campani's Okular). Weit seltner als das Campani'sche Okular wird das vom Ramsden angegeben, welches bei der Entstehung des Luftbildes unbetheiligt ist und wie ein Dublet wirkt, in Anwendung gebracht. Durch das Doppelokular, namentlich der Campani'schen Einrichtung, werden alle Vortheile einer Linsenkombination: Vergrößerung der Helligkeit, des Gesichtsfeldes, besonders Achromatisirung des Okulars, erzielt, indem die durch das Kollektiv bewirkte Divergenz der farbigen Lichtstrahlen im Okular dem Parallelismus genähert wird, so daß man achromatische Okulare nur selten anwendet (Kellner's orthoskopisches Okular, dessen äußerste Linse der Ramsden'schen Anordnung achromatisirt ist). Das Okular eines zusammengesetzten Mikroskopes hat meistens einen unveränderlichen Abstand vom Objektiv, welcher nahe deren Okularröhre in einer Hülse verschiebbar ist. Wird nun das Okular vom Objektiv entfernt, so kann durch Annäherung des Gegenstandes an das Objektiv die Vergrößerung gesteigert werden (Pankratische Einrichtung).
Die Bilder des zusammengesetzten Mikroskopes sind verkehrt; dieß verursacht beim Gebrauch des Instrumentes zum Präpariren seiner Objekttheile eine Störung, die man durch Einführung des Dissektionsmikroskopes beseitigt hat. Dieses Mikroskop liefert aufrechte Bilder, indem zur Umkehrung des Objektiv-Bildes mit dem gewöhnlichen Okular noch 2 Plankonvexlinsen, die plane Seite dem Gegenstand zugekehrt, verbunden werden, oder als Okular ein zusammengesetztes Mikroskop oben nach unten durch dieses, die Verwechslung von rechts nach links durch ein über dem Okular in der Art befestigtes Prisma, daß dessen Hypotenuse der Axe des Mikroskopes parallel ist, bewerkstelligt.
Das die Haupttheile des Mikroskopes, Objektiv und Okular, enthaltende Rohr ist mit einem festen Stativ verbunden. Bei den Plössl'schen Mikroskopen besteht selbes aus einem dreiseitigen, an einer Kante gezahnten Stahlprisma, welches durch ein Winkelgelenk mit einer Messingsäule und einem zusammenlegbaren Dreifuß verbunden ist. Die Röhre ist mittels einer Hülse und eines Zahnrades am Prisma befestigt und kann durch Zahn und Trieb auf und ab bewegt werden, um hiedurch eine solche Stellung des Objektivs gegen den Gegenstand zu erzielen, wie sie zum deutlichen Sehen des Bildes erforderlich ist. Derlei Stangenstative sind auf mannigfaltige Weise ausgeführt worden, alle stimmen darin überein, daß die Mikroskopröhre durch Zahn und Trieb beweglich ist. Meistens sind zu diesem Zweck zwei Schrauben von verschiedener Feinheit zur groben und feinen Einstellung angebracht. Das Winkelgelenk gestattet nebst der vertikalen, gewöhnlichen Stellung der Mikroskopröhre auch die horizontale und schiefe. Bei dem von Chavalier konstruirten Mikroskope ist die Röhre rechtwinklig gebrochen, und am Knie ein Prisma angebracht zur Aenderung der Richtung der Lichtstrahlen; da nur der obere, das zusammengesetzte Okular enthaltende Theil der Röhre horizontal ist, so hat diese Einrichtung vor der Horizontalstellung der ganzen Röhre, wobei auch der Objektentisch vertikal gestellt wird, ihre Vorzüge, indem tropfbare Körper gar nicht, starre aber nur durch Festhalten mit Klammern untersucht werden können, abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Stellung des Beleuchtungsspiegels. Bei andern Mikroskopen ist die Mikroskopröhre in einer vertikalen Messinghülse, welche an der Stativsäule befestigt ist, verschiebbar und wird durch den Widerstand der Reibung in jeder Lage festgehalten (Trommelstativ). Die grobe Einstellung wird durch Verschieben der Röhre, die feine mittels einer die Hülse (vortheilhaftere Einrichtung) oder den Objektentisch bewegenden Mikrometerschraube bewerkstelligt. Die Einrichtung der Stative für kleinere Instrumente kann aus der später folgenden Beschreibung eines solchen entnommen werden. Am Stativ sind ferner der Objektentisch und Beleuchtungsspiegel befestigt. Der Objektentisch, eine oder zwei in der Mitte durchbohrte, übereinander befindliche, nicht glänzende Metallplatten, ist entweder unbeweglich, oder mittels einer Mikrometerschraube dem Objektiv zu nähern oder davon zu entfernen. Im ersteren Fall muß die Mikroskopröhre beweglich sein. Kommen bei dem Objektentisch 2 Platten vor, so liegen sie in einem feststehenden Metallrahmen und sind durch Mikrometerschrauben nach 2 aufeinander senkrechten Richtungen zu bewegen, um den Gegenstand allmälich nach seiner ganzen Ausdehnung betrachten zu können; mittels der einen Schraube kann er z. B. von rechts nach links, mittels der zweiten von vorn nach rückwärts bewegt werden. Beide Schrauben sind oft ganz zweckmäßig, um zur Bewegung mit einer Hand auszureichen, an einer Seite des Tischchens angebracht, wo dann ein Schraubencylinder in der Axenhöhlung des zweiten konzentrisch liegt. Der metallene Objektentisch ist zuweilen zur Verhütung einer Zerstörung durch Säuren und zur Beseitigung des Lichtreflexes mit einer geschwärzten Glasplatte bedeckt. Bei den Robert'schen Instrumenten ist der Objektentisch durch 2 feine Spitzen mit der Stativsäule verbunden und durch eine Schraube dem Objektiv zu nähern oder zu entfernen. Eine Federklammer dient zum Festhalten der Objekte auf dem Tisch. – Sehr wichtig für jedes Mikroskop ist die Beleuchtung des Objektes und der Beleuchtungsadparat. Bei schwachen Vergrößerungen reicht man mit dem unmittelbar auf das Objekt fallenden Tageslichte, dem Licht des blauen Himmels, heller weißer Wolken gegen Norden, oder einer Argand'schen Lampe vollständig aus. Undurchsichtige Gegenstände erscheinen auch heller, wenn sie auf schwarzes Papier oder Glas gelegt werden. Bei stärkeren Vergrößerungen wird das oben angegebene Licht entweder mittels eines Spiegels (Plan- oder Konkavspiegel, auf einer Seite mit einer ebenen, geschwärzten oder spiegelnden, auf der andern mit einer konkaven, spiegelnden Fläche versehen), oder eines großen dreiseitigen Prisma’s mit 2 konvexen und einer planen Fläche (erstere sind die Ein- und Austrittsseiten des Lichtes, die ebene ist die Reflexionsfläche), oder einer bi-, auch plankonvexen Linse, mit der konvexen Seite dem Gegenstande zugekehrt, auf dem Objekt konzentrirt, die Spiegel werden bei durchsichtigen Gegenständen, die Prismen und Linsen bei undurchsichtigen, opaken, benützt, im ersteren Fall ist das zur Beleuchtung verwendete Licht ein durchgehendes, im letzteren ein auffallendes. Das direkte Sonnenlicht ist zu blendend und verursacht namentlich als durchgehendes Licht Täuschungen, z. B. durch Lichtbeugung, ist daher zur Beleuchtung, besonders durchsichtiger Objekte, nicht empfehlenswerth. Bei dem zusammengesetzten Mikroskope findet man auch den Lieberkühn'schen Spiegel zuweilen angebracht, er ist über dem Objektiv befestigt und hat den Zweck, das vom Beleuchtungsspiegel empfangene Licht dem Gegenstande zuzusenden; in diesem Falle muß jedoch die Oeffnung des Tisches weit und der Objektenträger durchsichtig sein. Der Beleuchtungsspiegel ist unter dem Objektentisch angebracht, und im Falle die konkave Seite benützt wird, um die Brennweite vom Objekte entfernt; beim Gebrauche der ebenen Fläche sind öfter eine konkavkonvexe oder achromatische Linse zwischen Spiegel und Objekt zur Konzentrirung des Lichtes vorhanden (Wollaston's und Dujardin's Einrichtungen). Der Spiegel reflektirt das Tages- oder Lampenlicht gegen den durchsichtigen Gegenstand. Der konkave Beleuchtungsspiegel ist nicht bloß innerhalb der Axe des Rohres zur Erzeugung senkrecht auf das Objekt fallenden Lichtes beweglich (ältere Einrichtung), sondern 2 verschiebbare Metallbögen, welche am vertikalen Spiegelträger eingeschaltet sind, damit er sich in einer Kugelfläche, deren Halbmesser seiner Brennweite gleich ist, bewegen kann, machen auch Lagen des Spiegels zur Herstellung jeder Art von schiefer Beleuchtung möglich, die bei Objekten mit Linien oder Streifen, z. B. den Schuppen der Schmetterlingsflügel, Kieselpanzern, Glasmikrometern sehr wichtig ist, besonders wenn das Licht senkrecht gegen die Linien einfällt, sie werden durch die Schatten einer Vertiefung oder, wie Welcker meint, durch die Entstehung einer diakaustischen Fläche sichtbar gemacht. Bei zu grellem Lichte wird der Rand des Konkavspiegels mit einer Blendung bedeckt. Zur Schwächung des Lichtes dienen auch geschwärzte, drehbare Scheiben mit runden Oeffnungen von verschiedener Größe, welche zwischen Spiegel und Gegenstand angebracht werden, und Cylinderblendungen, nämlich enge Metallröhren, am Ende mit kleinen Oeffnungen versehen; sie werden in die Oeffnung des Objektentisches eingesetzt und können durch einen Hebel zur Modifikation der Helligkeit gehoben und gesenkt werden. Die Beleuchtungslinse und das Prisma sind entweder am Tisch oder an dem Stativ des Mikroskopes oder auf eigenen Trägern befestigt.
Die Leistung des zusammengesetzten Mikroskopes hängt von der vergrößernden Kraft und der Größe des Gesichtsfeldes ab. Zur Kenntnis der Vergrößerung eines zusammengesetzten Mikroskopes führen mehrere Wege. Freiherr von Jacquin hat folgende Methode empfohlen. Ueber dem Okular wird ein kleiner, ebener Stahlspiegel, 2-3''' im Durchmesser (Sömmering'scher Spiegel), unter einem Winkel von 45° gegen die vertikale Axe des Instrumentes so gestellt, daß der Beobachter im Spiegel das mikroskopische Bild eines Glasmikrometers von bekannter Theilung auf einer in der Sehweite befindlichen, vertikalen Linienskala projizirt sieht. Man mißt nun den Abstand zweier Theilstriche des Mikrometerbildes an der Skale, nachdem man früher durch Drehung des Mikrometers den Parallelismus zwischen seinen und den Linien der Skale hergestellt hat. Der Quotient der scheinbaren und der wahren Ausdehnung des Bildes giebt die Vergrößerungszahl. Ist die Vergrößerung des Mikroskopes für ein Objektiv, z. B. das schwächste, und die einzelnen Okulare bestimmt, so kann die Vergrößerung für jede Kombination von Objektiv und Okular nach folgender vom Herrn Regierungsrathe, Ritter v. Ettingshausen, angegebenen Methode gefunden werden. Man benötigt ein Mikrometer, dessen Theilung bei der schwächsten Vergrößerung das ganze Gesichtsfeld einnimmt; es sei für diesen Fall die bekannte Vergrößerung m, die Zahl der übersehenen Felder n, so wird, wenn bei Anwendung eines schärferen Objektivs die Zahl der Felder n' ist, die Vergrößerung x, als der Zahl der Felder offenbar verkehrt proportionirt, mittels des Ausdruckes m. n/n' gefunden. Auf ähnliche Weise läßt sich auch die Vergrößerung beim Wechsel der Okulare ermitteln. Die Vergrößerung kann auch mit Rücksicht auf den Umstand, daß selbe durch das Zusammenwirken von Objektiv und Okular erzeugt wird, aus dem Produkte der Vergrößerung des Objektives k/a und des Okulars, welche wie eine Lupe funktionirt, abgeleitet werden. Sind p, p', p'' die optischen Winkel, unter welchen der Gegenstand ab, das wirkliche Bild AB und das imaginäre in der Sehweite erscheinen, so kann die Vergrößerung des Luftbildes rücksichtlich des Gegenstandes durch p'/p und die des imaginären dem Luftbilde gegenüber durch p''/p' ausgedrückt werden. Nun besteht die Gleichung p'/p = AB/ab = k/a. Die Gesammtvergrößerung ist offenbar dem Quotienten p''/p oder p''/p' . p'/p gleich. Der erstere Faktor ist der Vergrößerungausdruck des Okulars = k'/f + 1, wo k' die Sehweite bedeutet; somit p''/p = (k'/f + 1). k/a.
Mit Anwendung der bekannten Linsenformel auf das Objektiv erhält man für k/a den Wert f/a-f', woraus folgt, daß die Gegenstandsweite kleiner als die doppelte Brennweite des Objektivs und größer als die einfache sein muß, wenn anders das Mikroskop mehr als das Okular allein leisten und ein Luftbild entstehen soll.
Die Vergrößerung des Objektivs findet man sehr leicht dadurch, daß 2 Glasmikrometer von gleicher Theilung, das eine auf dem Objektentisch, das andere in das Diaphragma des Okulars gelegt, und die Felder dieses, welche in ein Feld jenes fallen, gezählt werden, diese Zahl gibt die Vergrößerung des Objektivs. Es versteht sich wohl von selbst, daß die Mikrometerlinien vor der Zählung durch Drehung des einen oder andern Mikrometerträgers in eine parallele Lage gebracht werden müssen, und die des Mikrometers auf der Blendung gut gesehen werden, wenn die getheilte Seite dem Kollektiv zugekehrt ist. Man kommt auch mit einem Glasmikrometer von bekannter Theilung zum Ziele, welches als Objekt benützt wird. Der Durchmesser des Diaphragma, durch das Okular allein vergrößert, wird durch die wirkliche Ausdehnung der im Gesichtsfelde erscheinenden Mikrometerfelder, an deren Vergrößerung Objektiv und Okular Antheil haben, getheilt. Aus dem obigen Vergrößerungsausdrucke mit Beziehung auf das über den gleichen Gegenstand beim einfachen Mikroskop Gesagte folgt, daß das Mikroskop um so mehr vergrößere, je kürzer die Brennweite des Okulars, je größer die Bild-, und je kleiner die Gegenstandsweite ist; daher man das Mikroskop mit mehreren Okularen von verschiedener Brennweite versieht. Von dem Mittel, durch Verkleinerung der Gegenstandsweite und die damit zusammenhängende Vermehrung der Bildweite eine Steigerung der Vergrößerung zu erzielen, wird kein Gebrauch gemacht, indem damit eine unbequeme Verlängerung der Röhre zusammenhienge. Die Vergrößerung kann auch durch eine Einrichtung erhöht werden, bei welcher die Gegenstandsweite ohne Aenderung der Bildweite kleiner wird. Mit Rücksicht auf die Linsenformel: 1/k = 1/f - 1/a läßt sich dies nur dadurch erreichen, daß die Brennweite der Objektivlinse in demselben Verhältnis kleiner wird. Man stattet daher das Mikroskop mit mehreren Objektiven aus, die sich durch den Werth der Brennweite, somit auch durch die Größe der Linsenöffnung unterscheiden, gewöhnlich sind selbe numerirt, so daß die schärfste, am meisten vergrößernde Linse die höchste Nummer hat. Es ist vortheilhafter, starke Objektive mit schwachen Okularen zu verbinden, als scharfe Okulare anzuwenden; im ersten Falle erhält man große und deutliche Bilder, im letztern wird häufig die Deutlichkeit vermißt, was darin seine Erklärung findet, daß durch das Objektiv der Gegenstand, durch das Okular das Bild desselben mit den kleinsten Unvollkommenheiten vergrößert wird.
Die Vergrößerung kann auch aus der Gegenstandsweite, aus den Brennweiten der 3 Linsen und aus der Sehweite des Auges nach den bekannten Vergrößerungsausdrücken von Sammellinsen berechnet werden. Man hat schon Mikroskope konstruirt mit einer 2 bis 3000maligen linearen Vergrößerung; solche erzeugen wol große, aber lichtschwache und nicht sehr deutliche Bilder. Derlei Instrumente gehören darum auch mehr in die Reihe optischer Künsteleien und haben weniger praktischen Werth. Da nun an der Deutlichkeit und Klarheit der Bilder alles gelegen ist, so gestatten die größten Mikroskope höchstens eine 900 bis 1500malige Vergrößerung; aber auch diese wird nur dann angewandt, wenn man Einzelnheiten des Gegenstandes studiren will, wobei die Klarheit des Gesichtsfeldes nicht beirrt. Meistens reicht man mit Vergrößerungen unter 600 vollständig aus.
Zu den vorzüglichen Eigenschaften eines Mikroskopes gehört auch ein großes, reines und scharf begrenztes Gesichtsfeld. Dieses wird durch den Winkel gemessen, unter welchem die Oeffnung des Okulars von der Mitte des Objektivs gesehen wird, und ist der Oeffnung direkt, der Vergrößerung verkehrt proportional. Der Ort, wo alle Hauptstrahlen der sichtbaren Punkte des Gegenstandes bei Austritt aus dem Okular sich durchkreuzen, ist für das Auge am günstigsten, um das ganze Gesichtsfeld zu übersehen; man kann ihn gewissermaßen als den Vereinigungspunkt der von einem leuchtenden Punkte in der Mitte des Objektivs ausgehenden, im Okular gebrochenen Strahlen betrachten und seinen Abstand vom Okular der Brennweite desselben nahe gleichsetzen, seine Lage wird durch die Oeffnung der Okularfassung angegeben. Die Größe des Gesichtsfeldes wird mittels eines auf dem Objektentisch befindlichen Glasmikrometers gemessen, indem man die Zahl der im Gesichtsfelde erscheinenden oder übersehenen Felder desselben mit der absoluten Ausdehnung eines Feldes multiplizirt.

Beigaben des zusammengesetzten Mikroskopes.

Am Objektentisch eines zusammengesetzten Mikroskopes ist zuweilen das Frauenhofer'sche Schraubenmikrometer zur Messung kleiner Dimensionen angebracht. Selbes besteht aus einer feinen, ganz gleichmäßig gearbeiteten, am Kopfe gewöhnlich in 100 gleiche Theile getheilten Schraube mit Nonius zur Angabe der Bruchtheile einer Schraubenumdrehung. Die vollen Umdrehungen der Schraube werden an einer Skale abgelesen. In der Blendung des Okulars muß ein Spinnenfaden oder ein feiner Platindraht senkrecht gegen die Axe der Schraube gespannt sein. Die Stelle des Fadens oder Drahtes vertritt zuweilen ein feiner, auf Glas gezogener Diamantstrich. Vorerst ist durch Bewegung des Objektentisches und des Gegenstandes das eine Ende der zu messenden Dimension mit dem Faden in Berührung zu bringen, hierauf durch Drehung der Mikrometerschraube die ganze Dimension unter dem Faden durchzuführen; aus der Zahl der Umdrehungen der Schraube kann die Länge der Dimension, wenn der Werth einer Umdrehung der Schraube aus Versuchen mit bekannten Ausdehnungen gegeben ist, berechnet werden. Sollen Messungen auf Genauigkeit Anspruch machen, so müssen mehrere mit verschiedenen Stellen der Schraube ausgeführt werden; das arithmetische Mittel ist dann das von den Fehlern der Schraube nahe unabhängige Maß der fraglichen Dimension, dieß ist jedoch zeitraubend; berücksichtigt man überdieß, daß die genaue Einstellung des Endpunktes der zu messenden Dimension Schwierigkeiten unterliegt, die Schraube leicht beschädigt werden kann, und das ganze Instrument hoch im Preise steht, so ist der seltenere Gebrauch dieses Meßadparates und die Verdrängung desselben durch ein einfaches Glasmikrometer in der Blendung des Okulars erklärbar. Um mit Hilfe eines Glasmikrometers in der Okularblendung Messungen ausführen zu können, muß für die einzelnen Vergrößerungen der Werth seiner Theilung bekannt sein, d. h. wieviel Felder des Okularmikrometerbildes einer bestimmten Felderzahl eines Glasmikrometers von bekannter Theilung auf dem Objektentische entsprechen. An dem zusammengesetzten Plössl'schen Mikroskope des hiesigen physikalischen Kabinetes decken 6 Felder des Okular- ein Feld des Objektivmikrometers bei der Anwendung der Objektivlinsenkonbination Nro. 1 + 2 + 3 und des Okulars Nro. II. Wenn nun 1/2 Linie des Objektivmikrometers in 60 gleiche Theile getheilt ist, so haben obige 6 Felder des Okularmikrometers den Werth von 1/120 Linie. Hat man für die verschiedenen Linsenkombinationen den Werth der Theilung des Okularmikrometers ausgemittelt, so können die Gegenstände, ohne des Objektivmikrometers weiter zu bedürfen, gemessen werden, indem man beobachtet, wie viele Felder des Okularmikrometers über die zu messende Dimension fallen. Bei nicht sehr kleinen Gegenständen, die schon mit schwachen Vergrößerungen gut gesehen werden, reicht man mit dem Objektivmikrometer aus, indem der Gegenstand darauf gelegt und seine Größe aus der bekannten der durch ihn gedeckten Felder entnommen wird. Sehr kleine Gegenstände, welche eine starke Vergrößerung erheischen, kann man zugleich mit dem Mikrometer nicht in gleicher Deutlichkeit sehen; in diesem Falle ist die Messung nach der frühern Methode durch Anwendung des Okularmikrometers auszuführen. Zur Messung der Winkel eines mikroskopischen Krystalls wird der Okularfaden benützt, das Okular mit einer Kreiseintheilung versehen und zur Drehung eingerichtet. Das Okular wird anfangs so gestellt, daß der Faden mit einer Kante zusammenfällt, hierauf bis zur Deckung der zweiten gedreht; der Drehungswinkel ist der fragliche Winkel. Der Krystall muß anfänglich eine solche Lage bekommen, daß der Eckpunkt mit der Mitte des Fadens koinzidirt.
In neuerer Zeit bringt man mit dem Mikroskope auch einen Polarisationsadparat in Verbindung, um das Verhalten kleiner durchsichtiger Körper im polarisirten Licht zu untersuchen. Als polarisirender Theil wird ein Nicol'sches Prisma zwischen Objektiv und Objektentisch aufgestellt, als analysirender gleichfalls ein solches Prisma über dem Objektiv in der Röhre oder auch über dem Okular. Der Zweck der Anwendung des Polarisationsadparates bei Mikroskopen ist, Aufschlüsse über die materielle Beschaffenheit der Körper, die Gruppirung der Elemente, die Spannungs- und Dichtigkeitsverhältnisse in der Masse und, indem Krystalle des regulären Systems das polarisirte Licht nicht affiziren, über das System der Mikroskopkrystalle zu erhalten; die hübschen Farbenerscheinungen, welche zuweilen sich zeigen, sind eine mehr störende Nebensache.
Weitere Zugaben eines zusammengesetzten Mikroskopes sind: eine Lupe, ein Zeichenprisma, ein Sömmering'scher Spiegel, mehrere Glasmikrometer unter diesen auch das Norbert'sche, Nadeln, Pincetten, darunter eine zum Befestigen am Stativ oder Objektentisch, ein Kompressorium, eine größere Zahl von Deckgläsern und andern Glasgeräthen, sowie von Probeobjekten, besonders einigen zur Beurtheilung der Güte eines Mikroskopes, wie: die Schuppen des Weibchens von Hipparchia Janira und der Kieselpanzer der Navicula Hippocampos angulata. Ich will nun die Einrichtung und Handhabung der zum Nachzeichnen, Präpariren und zur Beurtheilung der Güte eines Mikroskopes dienenden Adparate und Objekte, in den Einfluß der Deckgläser, so weit es zum Verständnis nötig ist, eingehen.
Das Nachzeichnen mikroskopischer Bilder hat für den geübten Zeichner keine Schwierigkeit. Der Ungeübte benützt zur Ausführung solcher Zeichnungen Hilfsadparate, nämlich: 1. den Sömmering'schen Spiegel, 2. das Prichard'sche Prisma mit parallelen Flächen, 3. die Camera lucida von Wollaston, und 4. den durchbohrten Spiegel mit (Chevalier's Einrichtung) oder ohne Prisma, 5. Hagenow's Dikatopter. Jeder dieser Adparate macht das mikroskopische Bild, das Zeichenpapier und den Zeichenstift zugleich sichtbar. Beim Zeichnen ist es notwendig, beide Augen offen zu halten, die Mikroskopröhre wird meistens in die horizontale Lage gebracht, oder auf die vertikale Röhre ein rechtwinklig gebogenes Röhrenstück mit einem Glasprisma zur Ablenkung der Lichtstrahlen um 90° aufgesetzt. Das Sömmering'sche Spiegelchen wird an der Röhre seitwärts vom Okular so befestigt, daß die spiegelnde Fläche mit der Axe des Mikroskopes unter einen Winkel von 45° geneigt und aufwärts gekehrt ist, ganz auf gleiche Weise wird auch das Prisma benützt; in beiden Fällen sieht man das Bild mittels des reflektirten, das Papier und den Zeichenstift mittels des direkten Lichtes. Bei der Camera lucida, dem durchbohrten Spiegel und dem Zeichenadparat von Hagenow, die auf ähnliche Weise, wie die früher besprochenen 2 Adparate, vor dem Okular befestigt werden, wird das mikroskopische Bild direkt, das Papier und der zeichnende Stift mittels des reflektirten Lichtes gesehen. Die Camera lucida, aus einem vierseitigen Glasprisma bestehend, dessen zwei Flächen einen rechten, die 2 andern einen Winkel von 135° bilden, wird so an das Okular befestigt, daß letztere 2 Flächen diesem zugewandt sind. Das Auge sieht das mikroskopische Bild durch das Okular, das Papier und den Zeichenstift mittels der vertikalen, von diesen beiden kommenden, im Prisma 3mal reflektirten Strahlen. Der Gebrauch des durchbohrten Metallspiegelchens wird aus dem Anblick klar. Die Ausführung solcher Zeichnungen setzt jedoch immer einige Geschicklichkeit und Uebung voraus. Bequemer ist es, die Bilder durchsichtiger Objekte bei vertikaler Mikroskopröhre auf ein horizontales, transparentes Papier zu projiciren und dort unmittelbar zu kopiren; das Objekt muß in diesem Falle durch Anwendung von Sonnenlicht stark beleuchtet sein, und das Kopirpapier im dunklen Raum sich befinden.
Bei der Präparirung der Objekte gilt als Regel, die einzelnen Theile mittels Nadeln und Pincetten rein loszutrennen und dünne Schichte mit Hilfe von Scheeren, Rasirmessern zart und gleichförmig abzuschneiden. Eine sichere Hand ist mehr werth als komplizirte Adparate; der Ausspruch Franklin's paßt hier vollständig; der Naturforscher müsse mit dem Bohrer sägen und mit der Säge bohren können. Harte Theile, wie Knochen und Zähne, werden durch Sägen hergestellt, oder wenn die Härte in der Einlagerung von Salzen begründet ist, durch Auflösung derselben mittels Säuren erweicht und dann erst geschnitten. Meistens werden sie auch wenigstens auf einer Seite geschliffen und polirt. Entziehen sich die Körper vermöge ihrer Kleinheit der Zergliederung durch Nadeln und Messer, so wird durch eine Quetschung mittels der Finger oder eines durch Drehung einer Schraube in Bewegung zu setzenden Instrumentes (Kompressorium) eine Trennung der Theile bewerkstelligt. Das Präpariren feiner Objekte wird unter der Lupe oder dem einfachen Mikroskope vorgenommen. Viele Präparate werden zwischen dünnen, länglich viereckigen, am Rande mit Papier verklebten Gläsern zum Schutze gegen äußere Einflüsse: Staub, Verdunstung, Verwitterung, Fäulnis, trocken aufbewahrt, z. B. Schnittchen von Hölzern, Splitter von Steinen, Knochen, Zähnen, Diatomeen-Panzer, Schmetterlingsschuppen u. s. w.; andere namentlich frische Pflanzentheile, weiche thierische Gewebe, bringt man in einen zwischen Gläsern enthaltenen Tropfen einer durchsichtigen Flüssigkeit, Wasser, Oelsüß für Pflanzentheile, Alkohol und Terpentinöl für thierische Gewebe, Canadabalsam für fossile Hölzer; dadurch wird bei den Pflanzentheilen die Austrocknung, das Aneinanderkleben getrennter und das Zusammensinken weicher Theile verhindert, oder die Durchsichtigkeit der Objekte, namentlich thierischer Substanzen, erhöht.
Die Nobert'schen Prüfungsskalen der Güte des Mikroskopes sind mit Diamant mittels einer Theilmaschine auf einer Glasplatte gezogene Liniengruppen von großer, immer zunehmender Feinheit, welche sich unter dem Mikroskop in 10 oder mehr Gruppen parallel gezogener Striche auflösen. Die Striche der einzelnen Gruppen sind 1000, 857, 735, 630, 540, 463, 397, 340, 292, 225 Milliontel einer Pariserlinie von einander entfernt, die Querstreifen der Hipparchia Janira haben einen Abstand von 1/1200 Millimeter. Dr. Hermann Schacht zieht der Nobert'schen Skala, da ein Exemplar nicht wie das andere ausfällt, die Navicula Hippocampos angulata vor, deren 3 Liniensysteme ein vorzügliches Mikroskop zeigen muß. Auch Dr. Pohl hat gegen die Genauigkeit der Nobert'schen Prüfungsskala Einwendungen gemacht. Gegen alle organischen Substanzen kann man geltend machen, daß verschiedene Exemplare, z. B. die Schuppen desselben Flügels, nicht die gleiche Größe und Beschaffenheit haben, während die feinen Glasmikrometertheilungen bei aller Genauigkeit, da so viele Umstände zusammenwirken: Form der Diamantspitze, Beschwerung derselben, Härte des Glases, bald flach und hell, bald tief und dunkel ausfallen, oder in der Breite variren, und daher die Trennung der Liniengruppen bei verschiedenen Platten nicht gleich leicht sein kann; klar ist es übrigens, daß man mit derselben Platte die Prüfung verschiedener Mikroskope mit Sicherheit vornehmen könne. Die Deckgläser sind kleine, dünne, viereckige Plättchen aus farblosem Glas, sie haben einen nachtheiligen Einfluß auf die Deutlichkeit der mit dem Mikroskop gesehenen Bilder der damit bedeckten Objekte, indem die einzelnen Punkte letzterer in Folge der 2maligen Brechung der von ihnen ausgehenden divergirenden Lichtstrahlen nicht nur dem Objektive genähert werden, sondern auch als kleine Kreisflächen erscheinen; zur Entfernung dieses Nachtheiles sind besondere Konstruktionen der Objektivlinsen nötig, welche bei Betrachtung von freien Objekten durch Einschaltung, Entfernung oder Verschiebung einer Linse die gehörige Korrektion erfahren. Der Einfluß der Deckgläser ist besonders bei starken Vergrößerungen beachtenswerth; er ist zuerst von Amici berücksichtigt worden.

Prüfung des zusammengesetzten Mikroskopes.

Die Güte des Mikroskopes wird nach den Bildern von zweckmäßigen Probeobjekten: Schuppen oder Staub der Schmetterlingsflügel, namentlich der Hipparchia Janira, eines häufigen Tagschmetterlings, und Kieselpanzern der Diatomeen, besonders Navicula Hippocampos, sowie mit dem Nobert'schen Glasmikrometer beurtheilt. Die Schmetterlingsschuppen erscheinen wie kleine Federn, der Länge nach gerippt und die Rippen nach der Quere linirt. Die langen hellen Schuppen gehören zu den delikatesten Objekten. Die Kieselpanzer sind auf einer Seite mit sehr feinen Querlinien, auf der andern mit noch feineren, sich kreuzenden Linien versehen. Die Querlinien der Schmetterlingsschuppen und die 3 Liniensysteme der Kieselpanzer sind jedoch nur bei schiefer Spiegelstellung und senkrecht gegen die Querstreifen einfallendem Lichte wahrzunehmen. Wenn das Mikroskop bei einer 300 bis 400maligen Vergrößerung die Querstreifen der Hipparchia-Schuppen als scharfe, von einander getrennte, nicht körnig aussehende Linien zeigt, oder die Linien der Navicula Hippocampos angulata sichtbar macht, ist seine Güte außer Zweifel gestellt. Ebenso steht der Werth des Mikroskopes mit der auflösenden Kraft an der Nobert'schen Probeplatte im direkten Zusammenhang: je mehr Liniensysteme gelöst werden, desto vorzüglicher das Instrument. Ein deutliches Bild muß scharfe Umrisse und ein genaues Detail besitzen, von ersterer Eigenschaft hängt die definirende, von letzterer die penetrirende Kraft des Mikroskopes ab. Zur Beurtheilung der definirenden Kraft dienen Haare der Haus- und Fledermaus, zur Bestimmung der penetrirenden Kraft die oben erwähnten Schuppen und Panzer. Wenn die weißen Stellen der Haare scharf begrenzt und die Trichterchen deutlich sichtbar sind, so besitzt das Mikroskop eine große definirende, wenn sich die feine Struktur der Schuppen und Panzer mit Leichtigkeit erkennen läßt, eine bedeutende penetrirende Kraft. Eine zum Beobachten bequeme Höhe gehört gleichfalls zu den vortheilhaften Eigenschaften eines Mikroskopes.
Beim Gebrauche des Miktroskopes hat man sich unter andern folgende Regeln gewärtig zu halten:
1. Das durchgehende Licht ist dem auffallenden stets vorzuziehen, schon aus dem Grunde, weil letzteres bei starken Objektiven wegen ihrer Nähe am Objekte keine Anwendung mehr zuläßt; daher sollen die Objekte in einer zur Durchlassung des Lichtes hinreichenden Dünne präparirt werden.
2. Zur Erlangung des größten Gesichtsfeldes halte man das Auge möglichst nahe an das Okular.
3. Bei starken Vergrößerungen und daher großer Nähe der Gegenstände am Objektive ist zur Verhinderung des Anstoßens und zur Schonung der Deck-, noch mehr der Objektivgläser die Objektivröhre so zu stellen, daß man seitwärts über das Deckglas wegsieht, bis das Objektiv möglichst nach dem Objekte ist, und dann erst, während man ins Mikroskop sieht, durch die gegengesetzte Bewegung der Röhre ein deutliches Bild oder ein richtiges Einstellen erzielt. Diese Vorsicht ist übrigens nur ganz Ungeübten zu empfehlen.
4. Man beginne mit schwachen Vergrößerungen, um sich wegen des größeren Gesichtsfeldes im Bilde orientiren und jene Stellen leicht zu finden, die bei einer starken Vergrößerung untersucht werden sollen. 5. Zum Reinigen der Linsen gebrauche man alte, gut ausgewaschene, feine Leinwand oder Fliedermark.
Das hiesige physikalische Kabinet besitzt ein großes zusammengesetztes Mikroskop und zwei kleinere zusammengesetzte, sogenannte Reisemikroskope aus der Werkstätte des ausgezeichneten Optikers S. Plössl. Das große zusammengesetzte Mikroskop besteht aus der Mikroskopröhre, in welcher das Okular, Diaphragma, Kollektiv und Objektiv sich befinden. Das Stativ ist das bekannte Stangenstativ mit Zahnleiste und Triebrad, daran sind die Mikroskopröhre und der Objektentisch mittels Hülsen befestigt. Der Objektentisch besteht aus zwei über einander befindlichen, durchbohrten Messingplatten, welche mit eben so vielen, rechtwinklig gestellten, feinen Schrauben das Objekt durch alle Punkte des Gesichtsfeldes zu führen bestimmt sind, ohne daß eine neue Einstellung notwendig wird, eine vorn offene Federklammer, durch einen Druck zu öffnen, dient zum Festhalten der Objekte, eine Mikrometerschraube zur feinen Einstellung; die Hülse des Objektentisches ist überdieß mit einer Druckschraube versehen. Ein Schenkel des Dreifußes trägt den hohlen Beleuchtungsspiegel, dessen Befestigungsweise zur Herstellung einer schiefen Beleuchtung im Schuljahre 1855 eingerichtet wurde, auf den Dreifuß kann auch der Träger des Beleuchtungsprisma's gesteckt werden, die große Beleuchtungslinse befindet sich an einem Messingstab mit schwerem Fuß. Das Mikroskop hat 6 achromatisch-aplanatische, übereinander schraubbare, numerirte Objektive und einen scharfen Linseneinsatz, an dem für bloß liegende Objekte die kleine äußerste Linse auszuziehen, bei den mit Deckgläsern versehenen zur Kompensirung des Einflusses der Deckgläser aber einzuschieben ist, und 4 gleichfalls numerirte, zusammengesetzte Okulare. Dem Mikroskope ist folgendes Zubehör beigegeben: eine Blendung zum Auflegen auf den Beleuchtungsspiegel bei grellem Lichte, eine Wilson'sche Lupe, eine Objektennadel, ein Hohlglas zur Aufnahme von Flüssigkeiten, eine messingene Pincette, zwei Glasmikrometer, eine Linie in 30, eine Linie und eine halbe Linie, in 60 gleiche Theile getheilt, ein Messingring zur Aufnahme der Mikrometer und zum Einlegen in den Objektentisch, die Mikrometer passen auch in das Diaphragma des Okulares Nr. II, 6 Objektenschieber mit 20 Probeobjekten, welche vor zwei Jahren mit frischen ausgewechselt und um zwei neue, nämlich: Schuppen von Papilio Alexis und Hipparchia Janira vermehrt worden sind. Im Jahre 1855 wurden, durch die freundliche Zuvorkommenheit des Herrn Optikers Plössl, die alten Objektivlinsen mit neuen vertauscht, auch erhielt das Instrument eine neue Beleuchtungslinse, ohne daß eine Entschädigung verlangt wurde. Durch diese unentgeltliche Verjüngung des Mikroskopes hat Herr Plőssl das Gymnasium und alle Freunde der Naturwissenschaften unsers Hauses zum freudigen Dank verpflichtet, der ihm von der Gymnasialdirektion bereits ausgedrückt worden ist. — Die Kombinirung der Linsen, die Fokaldistanz der Objektive, bie Größe des Gesichtsfeldes, die linearen Vergrößerungen und Leistungen des Mikroskopes macht folgende Zusammenstellung ersichtlich.

Als Sehweite liegt den Rechnungen die Distanz von 250 Millimetern zu Grunde. Die Plössl'schen Vergrößerungen weichen von den obigen Bestimmungen, welche das Kabinet der Güte des Herrn Dr. Pohl verdankt, etwas ab, sie sind in der nachstehenden Tabelle ersichtlich gemacht.

Die Kombination Okular I und Objektiv 1 + 2 + 3 ist ausgezeichnet. Mit Okular II, Einsatz und schiefer Beleuchtung wird die 15. Gruppe Nobert's gelöst, die Querstreifen der Schuppen von Hipparchia Janira und Papilio Alexis erscheinen ganz deutlich, und auf der Navicula Hippocampos angulata sind alle 3 Streifensysteme sichtbar; somit ist das Instrument für die schwierigsten Untersuchungen brauchbar. Dagegen sind alle Kombinationen mit Okular IV für wissenschaftliche Untersuchungen werthlos. Die 2 Reisemikroskope sind auf ähnliche Weise konstruirt. Jedes kann mittels des Fußes auf den Deckel des Futterals geschraubt werden. Der Fuß besteht aus 2 konzentrischen Messingröhren, die innere, durch Triebwerk gegen den feststehenden Objektentisch beweglich, trägt mittels eines horizontalen Metallbügels die Mikroskopröhre mit einem Okular und 3 Objektivlinsen zum Uebereinanderschrauben. Der Fuß dient auch zur Befestigung des Beleuchtungsspiegels. Am Objektentisch ist eine offene Federklammer mit Drücker und eine kleine Oeffnung zum Einstecken eines die Beleuchtungslinse tragenden Metallstäbchens befindlich. Ferner sind ein flaches und hohles Glas zur Aufnahme von Objekten, 2 Objektenschieber mit 8 Probeobjekten, eine Objektennadel und eine Pincette beigegeben. Die 3 Objektive vergrößern 25, 60 und 100mal.

Katoptrisches Mikroskop.

Die bis jetzt behandelten Mikroskope heißen, da bei ihren Leistungen die Brechung der Lichtstrahlen in sphärischen Linsen eine Hauptrolle spielt, dioptrische; von ihnen unterscheiden sich die aus Linsen und Spiegeln bestehenden, welche katoptrische Mikroskope genannt werden. Die katoptrischen Mikroskope wurden von Newton in Vorschlag gebracht, von Amici in Modena ausgeführt und von Dr. Goring vervollkommnet. Ein solches Instrument besteht aus einer horizontalen, an der untern Seite mit einer kleinen Oeffnung versehenen Röhre, an deren einem Ende ein sphärischer oder elliptischer Hohlspiegel, am andern eine Okularlinse sich befindet. In der Röhre, der Seitenöffnung gegenüber, befindet sich ein kleiner Planspiegel, unter einem Winkel von 45° gegen die Axe der Röhre geneigt, die spiegelnde Fläche der Seitenöffnung und dem Hohlspiegel zugekehrt. Außerhalb der Röhre unter der Oeffnung ist der Objektentisch angebracht und darunter der Beleuchtungsspiegel. Die Lichtstrahlen des Objektes werden vom Planspiegel gegen den Hohlspiegel (Objektiv) reflektirt, und dieser bringt innerhalb der Brennweite des Okulars ein Luftbild zu Stande. Dieses Instrument ist wegen der horizontalen Lage der Röhre bequem zum Gebrauche, es gestattet auch große Objekte, selbst wenn sie im Wasser schwimmen, zu beobachten, da selbe 1 Zoll weit und darüber von der Mikroskopröhre entfernt bleiben können; die Objektivbilder sind von der chromatischen Abweichung frei, aber wegen 2maliger Lichtreflexion minder hell; durch Verwechslung der Okulare sind verschiedene Vergrößerungen ohne Aenderung der Gegenstandsweite möglich. Instrumente dieser Art sind aber wegen der schwierigen Ausführung der einzelnen Theile, namentlich des Hohlspiegels, hoch im Preise.

Sonnen-, Gas- und photoelektrische Mikroskope.

Zu den Mikroskopen gehören noch die Sonnen-, Gas- und photoelektrischen Mikroskope, welche von der angewandten Beleuchtung der Objekte ihren Namen haben. Ihr Zweck ist mehr Unterhaltung als Belehrung. Das Objektiv, gewöhnlich aus mehrern übereinandergeschraubten, achromatisch-aplanatischen Linsen bestehend, macht von dem stark beleuchteten, um etwas mehr als die Brennweite von der Linse entfernten kleinen Objekte ein vergrößertes Luftbild, welches auf einer weißen Wand oder einem transparenten Schirm dargestellt wird, damit selbes wie ein wirklicher Gegenstand von mehreren Personen betrachtet, und eine Detailkenntnis des Objektes erworben werden kann. Zur Beleuchtung wird Sonnen-, Drummond’sches oder elektrisches Kohlenlicht angewendet. Die Sonnenstrahlen werden mittels eines Heliostats in ein dunkles Zimmer geleitet und durch eine oder 2 Sammellinsen (Beleuchtungslinsen) auf das in ihrem Brennpunkte befindliche Objekt, unmittelbar oder mittels eines Hohlspiegels, konzentrirt, je nachdem selbes durchsichtig oder opak ist. Wird ein Kalkcylinder in eine Knallgasflamme gestellt, so kommt er ins Glühen und verbreitet ein sehr intensives Licht, Drummond's Licht; werden zwei in geringem Abstand einander gegenüberstehende Kohlenspitzen mit den Polen einer starken Volta’schen Batterie aus 30 bis 50 Grove'schen oder Bunsen'schen Elementen in leitende Verbindung gebracht, so entsteht zwischen den Spitzen eine dem direkten Sonnenlichte sich nähernde Beleuchtung, die beim photoelektrischen Mikroskope zur Beleuchtung der Objekte benützt wird. Das Licht einer Bunsen'schen Kette von 50 Elementen kommt an Stärke dem von 500 bis 600 Wachskerzen gleich. Wenn auch das Instrument eine starke Vergrößerung, welche offenbar dem Quotienten aus der Bild- und Gegenstandsweite gleich ist, und obendrein den Vortheil bietet, daß das Bild von mehreren Personen zugleich gesehen werden kann, so fehlt doch den Bildern die Schärfe; auch lassen sich die Objekte während der Beobachtung nicht weiter präpariren und gehen durch die Konzentration der Wärmestrahlen im Brennpunkte der Beleuchtungslinsen leicht zu Grunde; daher diese Art der Mikroskope zu wissenschaftlichen Untersuchungen weniger brauchbar ist. Im physikalischen Kabinette befindet sich ein Sonnenmikroskop mit 4 achromatisch aplanatischen Objektlinsen des Optikers Plössl, welche auf 5 Arten kombinirt werden können, nämlich 1 + 2, 2 + 3, 3 + 4, 1 + 2 + 3 und 2 + 3 + 4, mit 2 Beleuchtungslinsen, deren größere 3'' Oeffnung hat, und 16 Probeobjekten aus dem Pflanzen- und Thierreiche, nämlich Querschnitte von Pflanzen, facettirte Augen, Insektenflügel, Schmetterlingsschuppen und Haare.
Die Bilder des Sonnenmikroskopes machen Einzelnheiten, selbst von kleinen Gegenständen, noch gut sichtbar und reitzen durch die Regelmäßigkeit oder Symmetrie der Formen zur Bewunderung hin. Der Blick des Naturforschers entdeckt oft Dinge, die er auf andern Wegen weiter verfolgt. Die Krystallisationen von Salzauflösungen liefern die mannigfaltigsten Gebilde, ähnlich den Eisblumen an unsern Fenster, lassen das Walten und Wirken der Molekularkräfte nicht bloß erkennen, sondern auch studiren, ästhetischer Sinn und rege Phantasie weiß ihnen noch andere Reize abzugewinnen: Während der Mineraloge auf die Richtung der Bewegung kleinster Theile und die Gruppirung derselben zu größeren Partien sein Augenmerk richtet, fesseln den Mann des Vergnügens die rasche Bewegung, die hübschen Gebilde und schönen Farben, Dinge, welche dem ersteren die Lösung seiner Aufgabe oft erschweren. Außer den Auflösungen sind auch Theile von Pflanzen und Thieren interessante Objekte für diese Mikroskope, ihre Bilder liefern dem Verstande reichen Stoff zu Reflexionen und versetzen das Gemüth in eine angenehme Erregung; an diesen Bildern von kleinen, unscheinbaren Gegenständen sieht auch der Mindergebildete das Walten der ewigen Weisheit und lernt die Allmacht des Schöpfers ebenso eindringend bewundern, als dieß etwa der Anblick der zahllosen Sterne vermag, die in einer heitern Nacht am Himmelsgewölbe prangen

Anwendungen

des dioptrischen Mikroskopes, vorzüglich des zusammengesetzten.

Die Wissenschaft und das Leben haben von mikroskopischen Untersuchungen, namentlich der neueren Zeit, Vortheile gezogen. Der Zoologe und Botaniker, der Anatom und Physiologe erkennen dieß dankbar an, auch in der Mineralogie wurden mit Hilfe des Mikroskopes viele Zweifel gelöst. Der Arzt, der Gewerbtreibende, der Landwirth und selbst die Hausfrau haben an dem Mikroskope einen sicheren Führer und untrüglichen Rathgeber, ja das Mikroskop ist sogar für die Kriminaljustizpflege ein werthvolles Hilfsmittel geworden. Die Diatomeen und Desmidiaceen, die einfachsten und kleinsten Pflänzchen (einzellige Algen, jene erst von Kützing ohngeachtet der Ehrenberg'schen Autorität als solche erkannt), sowie die Infusorien wurden Gegenstand der sorgfältigsten Prüfung. Die Diatomeen sind so klein, daß erst 3600, neben einandergelegt, die Länge eines Zolls ausmachen, haben die verschiedensten Formen, vermehren sich durch Theilung, daher ihr Name, und vervielfältigen sich, da die Ausbildungszeit sehr kurz ist, ins unendliche, bei der 20. Theilung sind schon über eine halbe Million Individuen vorhanden. Diese ans Fabelhafte grenzende Vermehrung und die Unverweslichkeit der Kiefelpanzer macht es erklärbar, daß nicht bloß Erdablagerungen, wie die Kieselguhr zu Franzensbad und das Bergmehl von Lappland und Schweden, sondern selbst ganze Gesteinsmassen und Gebirge, wie die Trippel-, Schiefer-, Mergel- und Kreidelager, aus Panzern meist fossiler, d. i. ausgestorbener Formen dieser Thiere oder anderer mikroskopischer Geschöpfe zusammengesetzt sind, Der Polierschiefer von Bilin ist eine Anhäufung von Panzern der zierlichen Diatomee, Gallionella distans. Die Bergmehle sind auch noch dadurch merkwürdig, daß sie unter das Brotmehl gemischt und, obwol ohne Nahrungsstoff, dennoch als Nahrungsmittel benützt werden; in Nordasien und Südamerika soll es ganze Völkerschaften geben, welche feine Erd- und Thonarten als Zukost zu den Speisen genießen, und bei vielen Indianern und Negern ist das Erdessen eine Leidenschaft geworden. Der englische Capitän Scoresby fand bei der mikroskopischen Untersuchung des leuchtenden Meerwassers, welches er in einen Trinkbecher schöpfte, eine erstaunliche Menge, 150 Millionen Infusorien (Leuchtmonaden), deren Phosphorescenz die prachtvolle Erscheinung, das Leuchten der Meeresfläche, besonders wenn das Wasser in Bewegung gesetzt wird, erzeugt. Der Weinstein, welcher die Zähne verdirbt, soll das Produkt eines sich rasch vermehrenden Infusoriums, des Zahnthierchens, sein. Dieses Thier besteht aus einem hohlen Schlauche mit einer an die Zähne sich anhängenden Mundőffnung, zerstört nach und nach das Email und bringt eine Auflockerung der Zahnsubstanz hervor, die dann in Verwesung übergeht und in Verbindung mit vielen Tausenden dieser traubenartig sich aneinanderhängenden Thierchen den Weinstein bildet. Das Ausspülen des Mundes mit Seifenwasser, das die Zahnthiere tödtet, das Putzen der Zähne mit Kohlenpulver, wodurch die Fäulnis der Speisereste verhindert wird, und das Abfeilen des Weinsteins sind die entsprechenden Präservativ- und Heilmittel. In den Kulturerden des Acker- und Gartenbodens hat Ehrenberg Diatomeen- und Infusorienpanzer um so reichlicher gefunden, je fruchtbarer sie waren; das untergegangene mikroskopische Leben ist also für den Menschen wichtig, das Mikroskop ein Prüfungsmittel der Güte des Ackerbodens. Aermer an Resten von Thieren und Pflanzen sind Thon, Lehm und Sand, sehr reich der Guano oder Vogelmist auf den Gallopagos-Inseln des großen Oceans. Auch bei dem Schwefel- Staub- Sand- Schlamm- und Blutregen, dem rothen Schnee spielen Diatomeen, Infusorien, Pilzsamen, Blüthenstaub, kleine Algen u. s. w. eine Hauptrolle, indem diese Substanzen, durch den Wind in die Atmosphäre geführt, bei wäßrigen und festen Niederschlägen wieder auf die Erde fallen und so durch ihre Farbe und Menge Staunen erregende Erscheinungen hervorbringen.
Das Mikroskop macht aber nicht bloß mit Geschöpfen und Formen bekannt, die dem freien Auge sich entziehen, es enthüllt uns auch die Wunder der sichtbaren Schöpfung und macht uns mit den Strukturverhältnissen, d. i. dem innern Baue des Pflanzen- Thier- und Menschenkörpers bekannt. Einige Pflanzen und Pflanzentheile, ein gleiches gilt auch von dem Thierkörper, sind an und für sich wegen ihrer Kleinheit zur mikroskopischen Untersuchung brauchbar, andere müssen präparirt oder sezirt werden. Körper der ersten Art sind die Pilze, namentlich die Fadenpilze, wie die Schimmel, Kartoffel- und Traubenschimmel, Brand und Rost des Getreides, Mehlthau, Kopfgrind des Menschen, Rotz der Pferde u. s. w., welche auf absterbenden oder abgestorbenen Pflanzen und Thierkörpern leben oder schmarotzen und selben im lebenden Zustande bei ihrer schnellen Vermehrung sehr gefährlich werden, obwol bei manchem Schimmel, z. B. dem der Kartoffeln, die Frage noch unentschieden ist, ob er als Ursache oder Wirkung der Krankheit auftritt, dann die Flechten, Algen, Moose und Farren; die Insekten und ihre Theile: Eier, Füße, Augen, Haare, Schuppen, obwol hier, sowie bei den höheren Thierformen, zuweilen die Nothwendigkeit einer Sektion eintritt. Zur Untersuchung der Oberhaut der Pflanzen, des Zellengewebes, der Spiral- und Samengefäße eignen sich Ablösungen kleiner Theile oder dünne Durchschnitte derselben, in Wasser oder andern Flüssigkeiten schwimmend. Nur mit Hilfe des Mikroskopes war es möglich, die Saftbewegung im Gewebe durchsichtiger Pflanzen, die Bildung der Zellenkerne, der Zellenmembranen, die Gefäße und Gefäßbündel, welche im Pflanzenkörper eine ähnliche Rolle spielen, wie die Adern im Thierkörper, das Ausschlüpfen oder die Lostrennung von der Mutterpflanze, die Neubildung von Zellen im Innern, den sogenannten Sporen bei den keimlosen Gewächsen zu studiren und manches Dunkel zu erhellen. Das Auge wird durch die Mannigfaltigkeit und Eleganz der Formen überrascht. Der Verstand aber findet Anhaltspunkte genug, um Fragen der Wissenschaft und des Lebens zu beantworten. So hat man auf diesem Wege in Deutschland allein 558 Arten Laubmoose unterschieden und ohngeachtet dieser Menge eine große Uebereinstimmung in ihrer Organisation gefunden. Das Vergrößerungsglas hat die Gewisheit verschafft, daß das sogenannte Mehligwerden der Früchte, Aepfel und Birnen, in der Trennung der Gewebezellen begründet sei; die mehlige Birne enthält eben soviel Flüssigkeit als die saftige, nur ist sie bei jener bereits aus den Zellen getreten, bei diesen noch in den Bläschen eingeschlossen; werden sie durch das Kauen zerrissen, so ergießt sich die Flüssigkeit und erzeugt einen angenehmen Geschmack, während im ersten Falle die Häute der leeren Zellen empfunden werden. Wenn nun schon der Bau der Pflanzen oder auch nur einer Zelle zur Bewunderung der Weisheit des Schöpfers hinreißt, weil er mit den einfachsten Mitteln mehr leistet als der Mensch mit den komplizirtesten Maschinen, so liefert die Thierwelt schon wegen des größeren Formenreichthums, indem eine der 13 Klassen, nämlich die Klasse der Insekten, mehr als 80000 Arten in sich faßt, während man kaum 100000 Pflanzenarten zählt, eine viel größere Menge merkwürdiger Objecte.
Die niedern Thiere machen wegen ihrer Verschiedenheiten im äußern und innern Bau dem Mikroskope mehr zu schaffen als die höhern (Säugethiere, Vögel, Amphibien und Fische), da letztere, trotz der äußern Unähnlichkeit, soviel Uebereinstimmendes in der innern Structur bis zu den feinsten Geweben hinab besitzen. Ein interessantes mikroskopisches Objekt ist die Fliege, besonders ihr Kopf mit den beiden kugeligen facettirten Augen, ihre Flügel, der Saugrüssel und die Füße. Die Augen der Fliegen, sowie der meisten Insekten, bestehen aus regelmäßig sechsseitigen, gleich großen, an der Oberfläche einer Kugel angeordneten Facetten, 7000 bis 34650 solcher Facetten wurden bereits an einem Auge gezählt, sie sind die Endflächen von sechsseitigen, am Ausgange mit kleinen Krystalllinsen versehenen, hohlen Prismen, welche gegen das Innere des Auges oder den Sehnerv gleich den Radien einer Kugel konvergiren; daher Insekten mit derlei Augen alles um sie herum befindliche mit größter Leichtigkeit sehen können. Die Fliegen sind noch in anderer Beziehung, nämlich durch ihre fabelhafte Vermehrung, eine zoologische Merkwürdigkeit. Eine Schmeißfliege legt 2000 Eier und erzeught sonach ebensoviele Maden, welche von rohem Fleische leben und schon in 24 Stunden das 200fache ihres Gewichtes als Nahrung aufnehmen. Auf diese Gefräßigkeit der Maden gründet sich die Behauptung Linné's, daß die Nachkommenschaft von 3 Schmeißfliegen ein todtes Pferd in derselben Zeit verzehren kann, die ein Löwe dazu braucht. Die Maden sind in fünf Tagen verpuppt und wenige Tage später in Fliegen umgewandelt.
Ein bekanntes und von Jung und Alt wegen der hübschen Farben und der netten Zeichnungen gern gesehenes Insekt ist der Schmetterling. Welch eine Ueberraschung für das bewaffnete Auge, wenn es in dem Staub der Flügel ein Schuppengefieder, eine Menge schön gefärbter Federn mit Kiel und Fahne erblickt, die wie Dachziegel oder Federn der Vögel an- und übereinander gelegt und mit ihren Kielen in die feine Flügelhaut befestigt sind! Bei jeder Art Schmetterlinge haben die Schuppen einen andern Bau und eine andere Form. Jede Schuppe läßt parallele Streifen erkennen, die wieder durch Querlinien untereinander zusammenhängen, von ihren haben wir bei der Prüfung eines Mikroskopes gesprochen und bedeutet, daß letztere nur bei schief durchgehendem Lichte gesehen werden. Nach der Berechnung von Lichtenberg befinden sich auf dem Quadratzoll eines solchen Flügels 100736 Schuppen.
Weniger beliebt, ja sogar gefürchtet und gehaßt sind die Milben und Spinnen, erstere Tracheen- letztere Lungen-Arachniden. Die Antipathien gegen diese Thiere sind aber nur theilweise begründet. Mit Recht gehaßte Thiere sind die Milben, da sie Menschen und Thieren vielfachen Schaden zufügen. Das Mikroskop zeigt dem forschenden Blick an einer ausgedrückten Pustel der Finnen, wie sie zuweilen auf dem Gesichte oder der Stirne manches Menschen vorkommen, neben erkrankten Haarbälgen eine Menge solcher schmarotzender Akariden. Den Haarbalgmilben ähnlich sind die Käse- und die Krätzmilbe. Die Käsemilbe findet sich im alten Käse, den sie allmählich in Pulver verwandelt. Die Krätzmilbe bohrt sich in die Oberhaut des Menschen ein, gräbt sich in selber einen Gang, legt Eier hinein, woraus eine pustulöse Hautentzündung, die Krätze, entsteht. Diese Krankheit kann durch Entfernung oder Tödtung der Milbe in ein paar Tagen geheilt werden. Die Krätze verbreitet sich wegen der raschen Vermehrung der Milben sehr schnell und erzeugt bei verkehrter Behandlung, da die Hautthätigkeit gestört ist, langwierige und eigentliche Krankheitserscheinungen. Mehr die Liebe als den Haß der Menschen verdienen die Spinnen, sie haben einen hübschen Körper und zierlichen Gliederbau und bringen durch Tödtung von Fliegen, Mücken und anderm Ungeziefer Nutzen. Es giebt mehr als 1000 Arten Spinnen, welche eben so viele charakteristische Unterschiede zeigen. Die Pracht und Regelmäßigkeit eines Kreuzspinnennetzes ist bewunderungswürdig. An den Spinnen sind besonders die Füße und die Spinnwerkzeuge interessante Gegenstände für das Mikroskop. Die Spinne hat an jedem ihrer 8 Füße zwei Kämme und eine Bürste zur Bearbeitung, Befestigung und Reinigung des Gewebes, welche besonders bei der auf Feldern lebenden und horizontale, wattenartige Gewebe verfertigenden Labyrinthspinne sich gut wahrnehmen lassen.
Unter den innern Theilen des Menschen- und Thierkörpers bietet das Blut und sein Kreislauf die größten Merkwürdigkeiten dar. Die Chemie findet im Blute nach Hassal 40 Bestandtheile; mit Hilfe des Mikroskopes unterscheidet man zweierlei Körper, eine farblose wässrige Flüssigkeit und Blutkügelchen von röthlicher Farbe, welche sich aneinanderreihen und umgeworfenen Geldrollen gleichen. Diese Kügelchen ertheilen dem Blute die rothe Färbung, sind zarte, kleine mit einem Kerne begabte Zellen, bei den Menschen und meisten Säugethieren kreisrund, scheibenförmig, bei den Vögeln, Fischen Kriechern oval. Der Durchmesser der Kügelchen hat bei jedem Thier eine andere Größe, beträgt bei den Menschen 1/300, bei den Wiederkäuern 1/500, bei dem Elephanten 1/200 Linie, die letzten 2 Zahlen sind zugleich Grenzwerthe, so daß kleinere oder größere Blutkügelchen nicht vorkommen. Das Menschenblut strotzt von solchen Kügelchen, daher in einem Tropfen Menschenblut von der Größe einer Kubiklinie 30 Millionen Blutkörperchen enthalten sein mögen. Aus der Bewegung der Blutkörperchen ist das Strömen des Blutes erkannt worden, ein Schauspiel, welches man sich durch die mikroskopische Beobachtung der Schwimmhaut eines Frosches verschaffen kann. Die Entdeckung des Blut-Kreislaufes durch den Engländer Harvey gehört zu den ersten Errungenschaften der Naturforschung durch das Mikroskop. Aus der Eigenthümlichkeit und Form der Blutkügelchen lassen sich Blut und blutähnliche Substanzen, Menschen- und Thierblut ohne viele Schwierigkeit von einander unterscheiden. Das Mikroskop sagt uns, ob ein brauner Rost auf einem Taschen- oder Rasirmesser Blut - ja noch mehr, Menschenblut sei, oder von Orangen-, Citronensaft herrühre, die Flecken eines Tuches Blut- oder von rothem Eisenoxyd gebildete Malerflecken seien. Das Chambers' Journal berichtet aus England mehrere Fälle, in welchen das Mikroskop den letzten Anstoß gegeben hat, einen des Mordes angeklagten oder verdächtigen Gefangenen zu verurtheilen oder von der Schuld frei zu sprechen. Daß in einer so wichtigen Sache nur vertrauenswürdige und geschickte Mikroskopisten konsultirt werden dürfen, liegt auf der Hand. Auf diesem Wege wies Herr Professor Czermak in Wien den Betrug des Bluthustens eines Mädchens nach, welche sich in der Rolle einer Seherin gefiel. Das ausgespieene Blut wurde mikroskopisch untersucht und sieh da, es war Hühnerblut. Sowie hier die Wahrheit konstatirt und der Betrug entdeckt wurde, so kann auch in andern Fällen die Echtheit oder Verfälschung der Stoffe auf mikroskopischem Wege sehr leicht erkannt werden. Die neuere Industrie hat die Baumwolle wegen ihrer Wohlfeilheit benützt, sie unter andere Stoffe, besonders Leinen, zu mischen, diese zu verfälschen und zu verschlechtern. Gewöhnlich bestehen die Längsfäden aus dem einen, die Querfäden aus dem andern Stoffe; ja man hat schon Baumwoll- und Leinenfasern zusammengesponnen, was jedoch wegen der ungleichen Steifheit der Faser technischen Schwierigkeiten unterliegt und daher seltener vorkommt. Betrachtet man die Leinenfaser unter dem Mikroskop, so erscheint sie mehr gerade, rundlicht, steif, ähnlich einem soliden Stäbchen, während die Baumwolle aus dünnen, hohlen, biegsamen, zusammengedrückten Fasern besteht, die wie ein Haufen durcheinandergeworfener Bänder oder aufgeblasener, getrockneter und plattgedrückter Därme aussehen. Der Prüfung des Gewebes muß eine Entfaserung vorausgehen, da ja nicht die Fäden sondern die Fasern die Anhaltspunkte bei der Untersuchung bilden.

Das Mikroskop giebt über die Natur von färbenden Flüssigkeiten und andern Körpern die besten Aufschlüsse. Es entscheidet, ob das Chromgelb, das Berlinerblau mit Stärke vermengt ist, um diese schweren Stoffe leichter zu machen, oder der Indigo mit schwefelsaurem Baryt oder schwefelsaurem Blei, um das Gewicht zu vergrößern, ob Bleiweiß mit Kreide, die Thierkohle mit Holzkohle vermischt, ob dem Opium unwirksame Substanzen zugesetzt wurden. Der Feinheitsgrad der Wolle, die Dicke der Haare, welche man bei der Verfertigung der Hüte anwendet, der Unterschied zwischen Menschen- und Thierhaaren, das thierische, vegetabilische und künstliche Elfenbein (das letztere zeigt keine Spur vom zelligen Bau), die metallischen oder metallähnlichen Ueberzüge auf Holz, Papier, Leder, Gips werden auf diesem Wege mit Leichtigkeit erkannt. Aus der Gestalt der Stärkmehlkörner entdeckt man die Vermischung des Korn- und Weizenmehls mit Kartoffelstärke, mit Hafer-, Erbsen-, Bohnenmehl oder mit Mineralsubstanzen, z. B. Kalk, Gips, den Zusatz von Stärkmehl zu Butter oder Wachs. Mittels des Mikroskopes erkennt der Arzt die wahre Beschaffenheit der krankhaften Absonderungen und die Natur der Krankheit, der Bücherkundige das Original und die Kopie eines Druckwerkes oder Manuskriptes. Soll aber das Mikroskop wahrhaft nützen, soll der Botaniker, der Anatom, der Physiolog, der Chemiker, der Arzt aus seinen mikroskopischen Untersuchungen den vollen Vortheil ziehen, ja soll das Instrument auch nur den Zweck der Unterhaltung ganz erfüllen, so müssen die zu betrachtenden Objekte die gehörige Beschaffenheit haben, oder doch durch ein sorgfältiges Präpariren erhalten. Die Vorbereitung der mikroskopischen Objekte erfordert in den meisten Fällen neben geschickten Händen und den feinsten Werkzeugen vielseitige Uebung; Bedingungen, welche man nur selten vereinigt antrifft. Mit um so größerer Freude können wir die Unternehmungen einzelner Männer, wie Heeger's in Maria Enzersdorf bei Brunn am Gebirge, besonders aber des mikroskopischen Institutes von Engell zu Wabern in der Schweiz begrüßen. Der Mikroskopiker Heeger liefert aus dem reichen Schatze seiner Studien wunderhübsche und seltene Präparate, die bei Lenoir in Wien zu haben sind. Das Schweizer-Institut präparirt die schönsten Organismen zur mikroskopischen Beobachtung, begleitet selbe mit Beschreibungen aus der Feder bedeutender Forscher und will die Entdeckungen durch das Vergrößerungsglas dem großen Publikum und selbst Gelehrten nicht bloß vorführen, sondern dazu auch anregen. Professor Oken empfahl dieses Institut mit den Worten: „Ich halte es für eine angenehme Pflicht, dem vorliegenden Unternehmen einige empfehlende Worte voranzuschicken, theils weil ich es mit gutem Gewissen thun kann, indem ich die Verhältnisse kenne, welche ihm zu Grunde liegen, sowie den Zweck, welchen es zu erreichen strebt, theils weil ich den Nutzen hoch anschlage, den es sicherlich stiften wird, besonders wenn andere Freunde der Natur zur Empfehlung und Verbreitung desselben beitragen.“ Nachdem der berühmte Forscher sodann darlegt, was er selbst durch das Mikroskop gewonnen hat, fährt er fort: „Man muß vielen die möglichen Wege zeigen und ihnen die Mittel an die Hand geben, durch welche sie vorwärts kommen. Hunderte von Talenten schlummern und wachen nicht auf, weil sie Niemand weckt, und weil sie nicht wissen, was es alles in der Welt giebt, was zu suchen und zu ergründen eine erwünschte und würdige Laufbahn werden könnte. Giebt man vielen das Mikroskop in die Hand mit einer Anzahl von reizenden Präparaten, so wird sich der eine oder andere finden, der dafür geboren ist, und der daher seine Lebensfreude darin findet, die Sache ernsthaft zu ergreifen, zu verfolgen, die Wissenschaft durch Entdeckungen zu bereichern und das Leben zu verschönern.“ Das Institut liefert Sammlungen von 24-26 Präparaten, die von einer erläuternden Broschüre begleitet sind. Bis jetzt sind meines Wissens 5 Sammlungen erschienen. Die erste Sammlung repräsentirt die Hauptklassen des Thierreichs, die Zellenbildungen der Pflanzen und die künstliche, sowie natürliche Krystallformation. Die beigegebene Broschüre enthält eine Beschreibung der Präparate und des Mikroskopes, sowie eine Anleitung zur Selbstverfertigung solcher Präparate. Die 2. und 3. Sammlung umfaßt vorzugsweise zoologische und botanische Präparate aus dem Meere und ist bestimmt, nicht nur den Laien, sondern auch den Naturforscher in das mikroskopische Leben des Oceans auf seinem Grunde, in seinen Felsen und jedem seiner Tropfen einzuführen. Die 4. und 5. Lieferung bietet Repräsentanten aus den höhern Classen der Thiere und Pflanzen. Der die 4 letzten Sammlungen erläuternde Text ist für den zoologischen Theil vom Professor Heinrich Frey, für den botanischen vom Professor Karl Nägeli bearbeitet. Die hier aufgeführten Sammlungen hält ebenfalls der Mechaniker Lenoir in Wien, Laimgrube, Wienstraße Nr. 33 und die Brüder Rospini in Graz auf dem Lager, der Preis einer einzelnen Lieferung ist 6 bis 7 fl. Wenn es gleich wahr ist, daß zu gründlichen mikroskopischen Studien die Selbstanfertigung der Präparate gehört, indem man sich nur dadurch eine richtige Bekanntschaft und eigentliche Vertrautheit mit dem Objekte und Instrumente erwirbt, so läßt sich doch mit obigen Sammlungen nicht bloß der Zweck der Unterhaltung erreichen, sie gewähren auch dem Lehrer ein reiches Material, dem strebsamen Schüler das beste Mittel zur Fortbildung.


Die Erfindung des Mikroskopes fällt in den Anfang des 17. Jahrhunderts, als Erfinder werden die Holländer Zacharias Jansen und Cornelius Drebbel, sowie der Italiener Franz Fontana genannt; einfache Mikroskope kannte man schon im 13. Jahrhunderte, so soll Roger Baco ein solches verfertigt haben; auch den Alten war die Vergrößerung der Gegenstände durch Glaskugeln bekannt, so sagt Seneca: „Literae quamvis minutae et obscuratae per vitream pilam aqua plenam majores clarioresque cernuntur." Die ersten Mikroskope hatten jedoch mancherlei Mängel und waren unbeholfene Instrumente, erst nach und nach gelang es, sie zu der Vollendung zu bringen, in welcher wir sie gegenwärtig bewundern. Die erste bedeutende Verbesserung erfuhren sie durch den Engländer Hooke im Jahre 1656, aber erst in der Neuzeit geschah Außerordentliches; diese Aera eröffnet das Jahr 1778, in welchem Nikolaus Faß achromatische Linsen einführte. Harting behauptet, daß am Ende des 18. Jahrhunderts François Beedsnijder in Amsterdam die ersten guten Mikroskopobjektive und im Jahre 1807 Hermann van Deyl solche Objektive in großer Vollkommenheit verfertigt habe. Im Jahre 1811 lieferte der berühmte Münchner Gelehrte und Künstler, Fraunhofer, die ersten achromatischen Mikroskope, welche zu wissenschaftlichen Forschungen benützt wurden. Wenn auch der Name des ersten Erfinders des Mikroskopes zweifelhaft ist, so sind dafür die Namen der vorzüglichsten Verbesserer desselben, eines Plössl in Wien, eines Oberhäuser in Paris (geboren zu Ansbach in Baiern), und eines Schieck in Berlin, welche sämmtlich Deutsche sind, in aller Munde. Amici in Florenz hat sich durch die Einführung der schiefen Beleuchtung der Objekte und die Berücksichtigung des Einflusses der Deckgläser bei der Konstruktion der Objektive unvergeßlich gemacht. An den reißenden Fortschritten, welche die Konstruktion des Mikroskopes in der neuesten Zeit machte, haben Chevalier, Selligues und Pritchard einen großen Antheil. Vortreffliche Mikroskope mit allen bei mikroskopischen Untersuchungen nötigen Adparaten um verhältnismäßig niedere Preise liefern die Optiker Plössl und Prokesch in Wien, Oberhäuser, Chevalier und Nachez in Paris, Amici in Florenz, Merz und Söhne in München, Schieck, Bénèche, Wasserlein, Wappenhans in Berlin, Nobert in Greifswald und Kellner in Wetzlar.
Die Mikroskopisten geben gewöhnlich den französischen Mikroskopen von Oberhäuser und Nachez vor den deutschen, z. B. denen von Plössl und Prokesch, den Vorzug; erstere haben, da ihre Linsensysteme nicht ganz fehlerfrei konstruirt sind, eine große penetrirende Kraft und machen auch Objekttheile verschiedener Ebenen sichtbar, während die Plössl'schen Mikroskope nur die in einer Ebene liegenden Umrisse höchst deutlich zeigen und eine große definirende Kraft besitzen.
Das Sonnenmikroskop wurde im Jahre 1738 von Lieberkühn erfunden und von Cuff, Gleichen, Martin und Chevalier verbessert. Wie bei dem zusammengesetzten Mikroskope beruht auch beim letztgenannten Instrumente die Hauptverbesserung in der Einführung achromatischer Objektive.
In der Mikrographie, nämlich Beschreibung des Mikroskopes und des bei mikroskopischen Untersuchungen zu beobachtenden Verfahrens, sowie der mikroskopischen Hilfsadparate haben sich rühmlich hervorgethan: Hugo von Mohl, Mikrographie; Hannover, das Mikroskop, seine Konstruktion und sein Gebrauch; Schacht, das Mikroskop und seine Anwendung besonders für Pflanzenanatomie; Vogel, Anleitung zum Gebrauch des Mikroskopes; Quekett, Mikroskopie; Unger, Physiologie; Heller, das dioptrische Mikroskop; Willkomm, die Wunder des Mikroskops u. s. w. Das zuletzt genannte Werk mit mehr als 1000 Illustrationen, zu 1 fl. 48 kr. CM. dürfte der Jugend am meisten zusagen und ist in dieser Schrift hie und da benützt worden. Ein solches Werk oder ein Mikroskop um 3 — 5 fl. wäre ein weit passenderes Festgeschenk als so mancher kostspielige Tand, womit die Kinder zu Weihnachten und andern Zeiten von den Eltern überschüttet werden.
Die Bedeutung des Mikroskopes ist, dieß erhellet aus den vorausgegangenen Andeutung zur Genüge, für die Menschheit ebenso groß, wie die wichtigste Erfindung der Neuzeit, die elektrische Telegraphie.
Das Mikroskop gewährt nicht bloß Vergnügen, sondern auch Nutzen und veredelt durch die Vertiefung des Blickes unsern Geist. Wir nehmen auch dort noch Leben und zahllose Geschöpfe wahr, wo dem freien Auge das Bild einer öden Wüste oder kahlen Fläche entgegentritt; unser Auge, mit dieser Waffe gerüstet, wird bald durch die Symmetrie und Eleganz der Formen, bald durch die Mannigfaltigkeit und Pracht der Farben überrascht; die Werke Gottes im kleinen Raum machen die menschliche Weisheit zu Schaden, die gepriesenste Kunstfertigkeit erscheint als Stümperei. Das Mikroskop läßt uns auch an dem Kleinen der Schöpfung Gottes Macht und das Walten seiner Weisheit erkennen, sonst ganz unbeachtete Körperchen werden auf diesem Wege die Ausgangspunkte der mannigfaltigsten Betrachtungen. Eine vergrößerte Schneckenzunge mit ihren 13 bis 19000 Zähnen, d. i. kleinen, festen, hackenförmigen, in die Haut sehr regelmäßíg eingefügten Körpern verkündet Gottes Macht und Herrlichkeit nicht minder eindringlich, als Gebirgsmassen und Ozeane, oder Sonnen und ganze Welten. Roßmäßler, der die Mollusken zu einem Gegenstande vieljähriger Studien gemacht hat, behauptet mit Recht, daß das ganze Thier- und Pflanzenreich nichts darbiete, woran der Ideenreichthum der Natur und eine unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der elegantesten Schönheit auf kleinem Raum in dem Grade sich ausdrücke, als an der Schneckenzunge. Der Blick in das Mikroskop, so sehr er unsere Kenntnisse erweitert und uns erhebt, macht den Menschen klein und bescheiden. Wir müssen uns daher freuen, daß die Mikroskopie in neuester Zeit einen so großen Anklang und eine Verbreitung gefunden hat, welche die Erfüllung des von Isaak Newton vor 153 Jahren gesprochenen Wortes in nahe Aussicht stellt, daß nämlich das Vergrößerungsglas nach wenigen Jahrzehnden auf dem Tische eines jeden gebildeten Mannes stehen werde, und es keine Familie mehr entbehren wolle, in der noch etwas anderes als der tägliche Broterwerb getrieben werde.
Sowie nun die Untersuchung mit dem Mikroskope den Menschen veredelt, so übt jede Beschäftigung mit der Natur und ihren Gesetzen den wohlthätigsten Einfluß auf sein geistiges Wesen aus und lenkt durch die Betrachtung der Schöpfung die Blicke auf den Schöpfer. Der große Chemiker Liebig sagt: die Naturwissenschaften stehen mit dem Christenthume im Bunde, indem sie von der Außenwelt unabhängig machen und die schweren Arbeiten den Naturkräften überlassen, damit so der Mensch dem Hohen und Höchsten nachstreben kann.
Die Eroberungen, welche wir den neueren naturwissenschaftlichen Forschungen, namentlich der Physiker, verdanken, sind großartig; die meisten haben eine unmittelbare praktische Wichtigkeit, andere machen uns mit neuen Erscheinungen und Naturgesetzen, sowie mit Theorien von großer Wahrscheinlichkeit bekannt, wie die Benützung der Wasserdämpfe bei hohen Temperaturen, die Photographie, Galvanoplastik, elektrische Telegraphie, der Diamagnetismus, die Fluorescenz, das Aequivalent der Wärme, die Umsetzung der Arbeitskraft in das Arbeitsprodukt und die in der Gruppirung der Molekule begründeten allotropischen Zustände der Körper; welch einen Schatz von Interessantem und Nützlichem das Mikroskop zu Tage gefördert hat, wurde des näheren auseinandergesetzt.
Es ist gewis ein erhebendes Gefühl, diese geistigen und materiellen Errungenschaften würdigen, in das Leben einführen und an der Beglückung der Menschheit theilnehmen zu können, ganz abgesehen von dem beneidenswerthen Loos eines wissenschaftlichen Baumeisters. Die Wege, die zu diesen Genüssen und solchen Höhen führen, sind Unterricht und Studium von Jugend an. In gerechter Würdigung dieser Momente hat die österreichische Regierung den Naturwissenschaften eine Stelle im Gymnasialunterricht eingeräumt, schon jetzt nach 8 Jahren der neuen Organisirung sieht man bereits das Zweckmäßige dieser Umstaltung; die Naturwissenschaften rüsten die Jugend mit verwerthbaren Kenntnissen aus und erhalten einen Schatz von Bildungsstoff, welcher wegen der anziehenden Außenseite von ihr mit großem Eifer und vieler Liebe aufgenommen wird; durch die Einführung der sogenannten Realien in die Gymnasien ist, da der Physiker und Naturhistoriker die Gesetze und Grenzen der Naturkräfte, sowie die wahre Beschaffenheit der Körper kennt, eine Vergötterung der Natur oder ein Versinken ins Materielle nicht nur nicht zu besorgen sondern wird sogar fern gehalten. Wenn auch Ausschreitungen eines phosphoreszirenden Gehirns vorkommen, so bleiben sie vereinzelt und werden von dem besonnenen, wahren Naturforscher mit Entrüstung zurückgewiesen und in ihrer Absurdität dargestellt. Keine Wissenschaft birgt in ihrem Schoose, behauptet W. Stein in Dresden, so starke und reichliche Elemente zur eigenen Rektifikation und Purifikation von möglichen Abwegen und Irrthümern, als die Naturwissenschaften. In unserm Vaterlande sehen wir den Crédit mobilier ebenso verbreitet, wie in der übrigen Welt, auch in Oesterreich finden wir die Praxis und das Utilitätsprinzip dominirend; der Unterricht in den Naturwissenschaften an den Gymnasien und Realschulen kann daran nicht Schuld sein, da selber erst in der jüngsten Zeit begonnen hat. Wäre das Studium der Physik allgemeiner gewesen, so hätten die gehenden, schreibenden und sprechenden Tische, der sogenannte Polarismus oder animalische Magnetismus und andere Produkte einer abenteuerlichen Phantasie, an hysterischen und mondsüchtigen oder sensitiven Personen sichtbar, deren Komödien meistens Gefallsucht oder Betrug zu Grunde liegen, in neuester Zeit nicht soviel Anklang, ja sogar Huldigungen finden können. Die Unbekanntschaft mit den einfachsten physikalischen Gesetzen hat damals eine Begriffsverwirrung und Aufregung in allen Schichten der Gesellschaft hervorgerufen, daß nur durch das Einschreiten der kirchlichen Autorität die exaltirten Köpfe beruhigt, Trug und Wahrheit gesondert werden konnten. Dem Unwesen ist in Deutschland zuerst der gelehrte Kardinal Graf Reisach als Erzbischof in München entgegengetreten, selber fühlte sich hiezu um so mehr aufgefordert, als einige Orakelsprüche der Prophetinnen nebst dem moralischen auch das kirchliche Gebiet berührten; in neuester Zeit hat der heilige Vater selbst alle derlei wahrhaft ketzerischen und unphysikalischen Experimente verurtheilt. Die Achtung des physikalischen Wissens darf aber nicht in physikalischen Hochmuth oder Skeptizismus ausarten. Sowie es eine Menge noch unerklärter Erscheinungen giebt, so kommen auch Thatsachen vor, die sich der physikalischen Forschung und Messung vielleicht für immer entziehen. Es wird zuweilen klüger und christlicher sein, die Waffen zu strecken und ein höheres geistiges Walten anzuerkennen, als vorwitzig Sphären durchmustern zu wollen, die dem menschlichen Auge und Verstande unzugänglich sind.
Wenn ich nun, am Ziele angelangt, das in dieser Schrift durcheilte Terrain überblicke, so scheint es mir, als ließen sich darin folgende Hauptpunkte unterscheiden: 1. die Konstruktion des Mikroskopes hat gegenwärtig einen hohen Grad von Vollendung erreicht; 2. die mikroskopische Untersuchung ist für die Wissenschaft und das Leben von großem Belange; 3. die Mikroskopie, sowie jede gründliche Naturforschung, veredelt den Menschen und führt ihn zu Gott.

Kremsmünster den 6. Juni 1857.

Gregor Haslberger.




Quellen und Literatur:


HASLBERGER, Gregor 1857: Das Mikroskop mit besonderer Rücksicht auf die neuesten Verbesserungen und Anwendungen, in Programm des kaiserl. königl. Gymnasium zu Kremsmünster für das Schuljahr 1857, Linz, 3-20



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